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Schule Mehr Unterrichtsausfall durch Lehrermangel

Bericht des Bildungsministeriums verdeutlicht: Obwohl Sachsen-Anhalt zuletzt zusätzliches Personal einstellte, fallen mehr Stunden aus.

01.02.2017, 06:03

Magdeburg (dpa) l Unterrichtsausfall ist vorprogrammiert: Die Unterrichtsversorgung hat sich einem Bericht des Bildungsministeriums zufolge zuletzt wieder verschlechtert. Für die allgemeinbildenden Schulen errechnete das Ministerium eine Unterrichtsversorgung von 99,5 Prozent zum Stichtag 21. September 2016. Vertretung, Ausfall, gemeinsamer Unterricht mit der Parallelklasse: Diese Aushänge sind für viele Schüler in Sachsen-Anhalt Alltag, denn es herrscht wie in vielen anderen Bundesländern Lehrermangel. Die Regierung hat das Problem erkannt und zum jüngsten Schuljahr Hunderte Lehrer zusätzlich eingestellt. Die Details:

Wie sah die Unterrichtsversorgung zum Stichtag im Herbst 2016 aus?

Rechnerisch reicht es auf dem Papier nur noch an den Gymnasien und den Schulen des zweiten Bildungsweges für den regulären Unterricht laut Stundenplan. Zum 21. September lag die Unterrichtsversorgung an Gymnasien bei 101,3 Prozent. Die Schulen des zweiten Bildungswegs übertrafen mit 104,7 Prozent sogar den von der Kenia-Koalition angestrebten Durchschnitt von 103 Prozent.

Bei allen anderen Schulformen sind Ausfall, Vertretung und Improvisieren auch dann programmiert, wenn Lehrer nicht durch Krankheit oder ähnliches ausfallen – weil nicht einmal die 100-Prozent-Marke erreicht wurde. Grundschulen landeten bei 99,7 Prozent, die Sekundarschulen bei 99,2 Prozent. Noch drastischer ist das Defizit bei den Gemeinschaftsschulen mit 97,2 Prozent Unterrichtsversorgung, die Gesamtschulen kamen auf 97 Prozent und die Förderschulen auf 97,6 Prozent. Im Jahr 2015 hatten beispielsweise die Grund- und Sekundarschulen noch bei mehr als 101 Prozent gelegen.

Nun sind die Zahlen schon vier Monate alt, wie ist es aktuell?

Aktuellere Daten zu einem Stichtag gibt es nicht. Der Bericht bezieht sich auf Zahlen von September für die allgemeinbildenden Schulen, für die berufsbildenden Schulen auf den 4. November. Das Ministerium weist darauf hin, dass es sich um Momentaufnahmen handelt. Naturgemäß gebe es ständig Veränderungen. Auf die Stichtage folgten noch zwei Einstellungsrunden. Inzwischen sind laut Ministerium rund 270 Lehrer mehr im System.

Und wie viel Unterricht fällt aus?

Der totale Unterrichtsausfall in den allgemeinbildenden Schulen hat sich erhöht. Betrug die Ausfallquote laut dem Bericht im Schuljahr 2014/15 landesweit noch 2,9 Prozent, waren es im zurückliegenden Schuljahr 3,2 Prozent. An den Gesamtschulen, bei denen auch die Unterrichtsversorgung am niedrigsten ausfällt, fielen mit 6,5 Prozent besonders viele Stunden aus. An den berufsbildenden Schulen 5,4 Prozent. An den Grundschulen waren es 2,2 Prozent, an den Sekundarschulen 3,2 Prozent. Doch auch an den vom Lehrermangel weniger betroffenen Gymnasien konnten 3,6 Prozent der geplanten Stunden nicht gehalten werden, an Förderschulen waren es 4,7 Prozent.

2016 sind mehr als 720 Lehrkräfte eingestellt worden, warum ist die Unterrichtsversorgung denn trotzdem schlechter geworden?

Dafür gibt es mehrere Faktoren. Ein wesentlicher ist die stark gestiegene Schülerzahl. Im Schuljahr 2016/17 gab es laut dem Bericht zusätzliche 2500 Schüler. In den betreffenden Jahrgängen gab es schlichtweg höhere Geburtenzahlen, außerdem machte sich die Zuwanderung bemerkbar. Hinzu kommt, dass viele Lehrer gar nicht vor einer Klasse stehen: Es gibt beispielsweise Abordnungen in die Verwaltung. Auch die Zahl der Langzeiterkrankten ist weiter hoch, an den allgemeinbildenden Schulen waren es voriges Jahr gut 350, an den berufsbildenden 56 Kollegen. Zudem waren den jüngsten Erhebungen zufolge 1380 Lehrer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit.

Was sagt denn der Bildungsminister?

Bildungsminister Marco Tullner (CDU) will am Donnerstag im Landtag eine Regierungserklärung zum Thema Unterrichtsversorgung abgeben. Sie trägt den Titel "Gute Unterrichtsversorgung als Kern guter Bildungspolitik". Tullner hatte zuletzt angekündigt, in diesem Jahr 500 bis 700 neue Lehrer einzustellen. Dem Vernehmen nach sollen Referendare stärker in den Unterricht einbezogen werden und in die Verwaltung abgeordnete Lehrer wieder mehr unterrichten.

Was hat sich die Koalition aus CDU, SPD und Grünen vorgenommen?

Im Koalitionsvertrag steht: "Eltern und Schülerinnen und Schüler erwarten zu Recht eine verlässliche Absicherung des Unterrichts in den Schulen. Um diese sicherzustellen wollen die Koalitionspartner eine Unterrichtsversorgung von durchschnittlich 103 Prozent aktiv sichern." Diese Unterrichtsversorgung solle sich auch regional widerspiegeln.