SPD-Politiker aus Halle ist der erste Abgeordnete mit afrikanischen Wurzeln Mit Karamba in den Bundestag
Halle. Karamba Diaby schreibt Parlamentsgeschichte. Der SPD-Politiker aus Halle ist der erste aus Afrika stammende Bundestagsabgeordnete.
Es war eine Zitterpartie für Karamba Diaby: "Als ich in der Wahlnacht ins Bett ging, war ich noch nicht hundertprozentig sicher, dass es reicht", erzählt der 51-Jährige der Volksstimme. Am Montagmorgen schaut er auf die Internetseite des Bundestages - und der politische Quereinsteiger hat die Gewissheit, dass er über Platz drei der SPD-Landesliste ins Parlament einzieht.
Ein sympathischer Kerl mit großem Unterhaltungswert
Wer ist dieser Karamba Diaby? Zunächst: ein sympathischer Kerl. Ein Mann mit Unterhaltungswert, schlagfertig, unverbraucht. Beim SPD-Listenparteitag im Februar tobt der Saal, als er ganz beiläufig das Thema seiner Doktorarbeit erwähnte - die Schadstoffbelastung deutscher Schrebergärten. In den zurückliegenden Wochen ist Diabys Spezialität der "Laube-zu-Laube-Wahlkampf". Letztlich muss er sich in Halle dem bisherigen Ost-Beauftragten der Bundesregierung, Christoph Bergner (CDU), und Petra Sitte (Linke), geschlagen geben.
Diaby wird 1961 im westafrikanischen Senegal geboren. Mit sieben Jahren ist er Vollwaise. Er wächst bei seiner Schwester auf, macht Abitur, beginnt ein Hochschulstudium in Dakar. Mitte der 1980er Jahre kommt er mit einem Stipendium in die DDR, wo er an der Universität Halle Chemie studiert und im Bereich Geoökologie promoviert.
Seit Mitte der 1990er Jahre arbeitet Diaby in verschiedenen sozialen Projekten mit den Schwerpunkten Bildung und Integration. Zuletzt ist er Referent bei der Integrationsbeauftragten des Landes Sachsen-Anhalt.
"Ich habe im Leben sehr viel Glück gehabt", sagt er. Auch deswegen will er sich im Bundestag auf die Bildung konzentrieren, vor allem: die Chancengerechtigkeit. Dieses Thema ist ihm wichtig - auch weil es seinen eigenen Lebensweg widerspiegelt.
Er wolle im Bundestag nicht als "Integrationspapst" auftreten, betont der zweifache Familienvater (eine Tochter, 18 Jahre, und ein Sohn, 11 Jahre), der in Halle selbst als das beste Beispiel für gelungene Integration steht. Der jetzt zu erwartende Medienrummel ist Diaby nicht fremd. Bereits vor der Wahl haben Journalisten aus Deutschland und auch die internationale Presse über den vermeintlichen Exoten aus Halle berichtet. Diaby war sogar der "New York Times" einen großen Bericht wert. Doch damals wie heute will sich der SPD-Mann nicht auf seine Hautfarbe reduzieren lassen. Die "Zeit" zitiert ihn mit dem Satz: "Ich will nicht dafür berühmt sein, dass ich schwarz bin."
Diaby, der seit zwölf Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft hat, tritt 2008 in die SPD ein. Seit 2009 sitzt er im Stadtrat von Halle. Freunde nennen ihn kompetent, offen, engagiert. Der SPD-Politiker beschreibt sich so: "Ich bin sehr harmoniebedürftig, sehr diplomatisch." Er sagt auch: "Ich weiß, was ich will. Und das verfolge ich zielstrebig." Die neue Aufgabe in Berlin bereitet ihm keine schlaflosen Nächte. "Ich bin Neuanfänge gewohnt", sagt Diaby. "Ich gehe da mit Zuversicht ran."
Der Hallenser liebt gesellige Runden im Freundeskreis. "Einfach nur mal plaudern. Das ist mir sehr, sehr wichtig", sagt er. "Da tanke ich neue Kraft." Die Freunde werden nicht selten vom Hobbykoch Diaby verwöhnt. Seine Spezialität? "Sehr viel mit Reis, scharf und würzig."
Nach einem langen, anstrengenden Wahlkampf will Karamba Diaby jetzt noch mal kurz durchschnaufen. "Wir werden ein paar Tage Urlaub machen", sagt er. "In Deutschland, irgendwo am Meer."