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  5. Familie Kalashyan: Abschiebung von Bernburg nach Armenien - Mutter in Kirchenasyl

Rechtsstreit Streit um Abschiebung von Bernburg nach Armenien: Mutter der Jesiden-Familie lebt im Kirchenasyl

Von Torsten Adam Aktualisiert: 28.10.2021, 10:59
Der zehnjährige Alexander Kalashyan und sein Vater Vyacheslav wurden vor einem halben Jahr aus Bernburg nach Armenien abgeschoben.
Der zehnjährige Alexander Kalashyan und sein Vater Vyacheslav wurden vor einem halben Jahr aus Bernburg nach Armenien abgeschoben. Foto: Kalashyan

Bernburg/MZ - Die Abschiebung des zehnjährigen Alexander Kalashyan und seines Vater Vyacheslav zurück ins Heimatland Armenien hat im März in Bernburg hohe Wellen geschlagen. Die Mutter der Familie, Zeytun Chatoyan, war nach einer Suizid-Androhung während des nächtlichen Polizeieinsatzes in eine psychiatrische Klinik gebracht worden.

In der Folge attestierte ein auf Anordnung des Oberverwaltungsgerichts vom Landesverwaltungsamt bestellter Gutachter die Ausreisefähigkeit der Frau. Zur Abschiebung kam es allerdings nicht, weil die evangelische Talstadtgemeinde Zeytun Chatoyan Kirchenasyl gewährt hat und offenbar ihren weiteren Lebensunterhalt finanziert.

Denn staatliche Leistungen gibt es nach dem Gutachten nicht mehr, sagte ein Sprecher der Kreisverwaltung. Wie es mit der zerrissenen Familie nun weitergeht, ist offen. Pfarrer Johannes Lewek sagte auf Nachfrage: „Wir möchten uns momentan dazu nicht äußern.“

Zweites Gutachten in Vorbereitung

Derweil kündigt die Kreisverwaltung an, ein zweites Gutachten anfertigen zu lassen. „Wir wollen uns nichts nachsagen lassen“, so Fachdienstleiter Thomas Michling. Pfarrer Lewek hatte dem Erstgutachter Befangenheit vorgeworfen, weil dieser bereits die Abschiebung begleitet hatte.

Asyl mehrfach abgelehnt

Das Ehepaar Kalashyan war nach MZ-Informationen 2009 mit seinen inzwischen volljährigen Kindern eingereist und hatte sich als Iraker ausgegeben. Ein Asylantrag wurde ein Jahr später abgelehnt. Klagen der Familie scheiterten, auch der im November 2010 in Bernburg geborene Sohn Alexander wurde 2011 zur Ausreise verpflichtet. Versuche, die Abschiebung durchzusetzen, scheiterten allerdings, weil das Herkunftsland der Kalashyans unklar blieb.

Erst 2015 gab die Familie ihre Identität preis und reichte armenische Reisepässe bei der Ausländerbehörde ein. Das erneut aufgenommene Asylverfahren endete 2020 mit der Entscheidung, dass die Familie kein Bleiberecht hat. Nach Einschätzung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gibt es kein Abschiebehindernis. Die Familie gehört zu einer in Armenien anerkannten Minderheit, der Religionsgemeinschaft der Jesiden. Kalashyans selbst führten stets an, verfolgt zu werden. Beweise dafür gibt es nicht.

Bleiberecht für Angehörige

Weitere Familienangehörige erlangten bereits vor acht Jahren ein Bleiberecht. Die Härtefallkommission des Landes sprach sich dafür aus, dass die Jesiden in Bernburg und Zeitz, wo einige von ihnen ebenfalls ins Kirchenasyl geflüchtet waren, bleiben dürfen. Ob sich die Kommission auch mit dem aktuellen Fall beschäftigt, ist unklar, da deren Mitglieder der Schweigepflicht unterliegen.