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  5. Mutter streitet bis zum Schluss die Schuld am Baby-Tod ab

Landgericht ist von der Körperverletzung mit Todesfolge durch gewaltsames Schütteln überzeugt Mutter streitet bis zum Schluss die Schuld am Baby-Tod ab

Von Matthias Fricke 08.11.2013, 02:07

Magdeburg l Die Angeklagte hat das letzte Wort in dem dreitägigen Prozess um ihr totes Baby. Sie macht es kurz: "Ich habe meine Tochter nicht verletzt. Ich würde mich auch einem Lügendetektortest unterziehen."

Doch die drei Berufsrichter und zwei Schöffen am Landgericht glauben der Magdeburgerin nach der Beweisaufnahme auch trotz der Unschuldsbeteuerung nicht. Vorsitzender Richter Dirk Sternberg in seiner Begründung: Das Baby wurde zu Tode geschüttelt. Es kann nur die Angeklagte gewesen sein.

Vier Jahre Freiheitsentzug lautet das Urteil der 1. Strafkammer. Der Haftbefehl bleibt aber weiter gegen Meldeauflagen außer Vollzug. Erst wenn das Urteil rechtskräftig wird, muss die 25-Jährige ihre Strafe antreten. Verteidigerin Heidrun Ahlfeld: "Wir prüfen, ob wir Revision einlegen."

Die Angeklagte hatte im Alter von 17 Jahren den späteren Kindesvater kennengelernt. Beide waren etwa acht Jahre lang liiert. 2012 wurde die junge Frau schwanger, zunächst ein Wunschkind für beide. Im Dezember, während der Schwangerschaft, lernte der Kindesvater eine jüngere Freundin kennen. Deshalb trennten sich beide noch vor Geburt ihres Kindes. Der 26-jährige Kindesvater kümmerte sich dennoch um seine Tochter und hatte sogar einen Schlüssel für die Wohnung. Immer wieder, so bestätigten Zeugen vor Gericht, setzte sie aber den Kindesvater unter Druck, zu ihr zurückzukommen. Noch kurz vor dem Tattag wollte die junge Frau mit ihrer Tochter wegfahren und den Kindesvater in Unwissenheit schmoren lassen. Sie tat es dann aber doch nicht. Im Beisein eines Zeugen habe sie auch einmal zu ihrem Baby gesagt: "Du siehst genauso scheiße aus wie dein Vater!"

Obwohl diese Umstände sogar für einen Vorsatz sprechen könnten, habe das Gericht diesen aber nicht festgestellt. Warum die Angeklagte letztendlich ihr Baby zu Tode geschüttelt hat, blieb somit unklar. Fest stehe aus Sicht der Richter aber, dass nur sie es gewesen sein kann. Auch wenn der Kindsvater einen Schlüssel zur Wohnung hatte und sich ein ehemaliger Schulfreund bis etwa 4.30 Uhr bei ihr aufhielt, würden beide aus Sicht der Richter als Täter nicht in Frage kommen.

Gerichtsmedizinerin Dr. Katja Jachau stellte zudem nachvollziehbar dar, dass weder Krampfanfälle noch ein Unfall oder der angeborene Herzfehler den Tod des Säuglings verursacht haben kann. Laut Gutachten muss am Morgen des 30. Juni die Angeklagte ihr Baby zwischen fünf und zehn Sekunden lang so heftig geschüttelt haben, dass die Brückenvenen im Kopf abrissen. Die Blutungen verursachten eine Hirnschwellung und später den Tod, der gegen 9.30 Uhr eintrat. Erst um 11.49 Uhr rief die Mutter nicht etwa den Notarzt, sondern zunächst den Ex-Partner, der nur zwei Hauseingänge weiter wohnt. Der eilte sofort in die Wohnung und erst dann alarmierte die Mutter den Rettungsdienst um 11.54 Uhr. Der Notarzt stellte zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeprägte Todesmerkmale fest.

Die Richter sahen keinen minder schweren Fall. Sie blieben dennoch im unteren Strafrahmen der vorgesehenen Freiheitsstrafe von 3 bis 15 Jahren. Die Mutter habe ihr Kind durchaus geliebt, dafür spricht vieles. Noch immer ist Scarlett das Hintergrundbild auf ihrem Handy.