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Parteitag AfD-Chef auf Distanz zu Rechtsextremismus

Sachsen-Anhalts AfD hat beim Landesparteitag in Dessau-Roßlau stundenlang debattiert. Über Rechtsextreme, Finanzen und einen Abwahlantrag.

Von Michael Bock 04.11.2018, 14:03

Dessau l Es ist gegen 16 Uhr, als die Stimmung im Saal hochkocht. Pfui-Rufe, Buh-Geschrei, es wird turbulent. Es geht um einen Abwahlantrag. Steffen Schroeder, Vorsitzender der Bördekreis-AfD, soll aus dem Amt als Landesschriftführer gedrängt werden. Das hat sein Landesvorstandskollege Arno Bausemer beantragt. Er wirft Schroeder unter anderem vor, sich an der Aufnahme und Duldung von Rechtsextremen im Kreisverband beteiligt zu haben. Er behauptet, Schroeder stehe „politisch weiter rechts, als wir es wollen“.

Grundlage ist eine vom Magdeburger Bundestagsabgeordneten Frank Pasemann (er gilt selbst als Partei-Rechtsaußen) im Auftrag des Bundesvorstands erarbeitete 79-seitige Dokumentation, welche mutmaßliche rechtsextreme Umtriebe im Bördekreis aufdeckt. Schroeder tritt ans Rednerpult. „Ich verstehe diese Angriffe nicht“, sagt er. Er spricht von Falschbehauptungen. Den Pasemann-Bericht nennt er ein „Pamphlet, gespickt mit Lügen“. Bausemer wirft er „persönliche Animositäten“ vor. Zu  dessen Anwürfen sagt er: „Du bist ziemlich schiefgewickelt.“

Dann fordert er die Bördekreis-Mitglieder auf, sich zu erheben. Die springen auf. „Ich sehe da niemanden, der rechtsex­trem ist“, ruft Schroeder in den Saal. Bei seinen Unterstützern brandet großer Jubel auf.  Die Delegierten fragt Schroeder: „Wollt ihr euch für Machtkämpfe instrumentalisieren lassen?“ Am Mikrofon drängen sich Redner. AfD-Mann Robert Farle fordert, eine Debatte zu beenden – „damit keine Zerfleischung stattfindet“. Der Antrag wird angenommen, es wird abgestimmt. Der Abwahlantrag scheitert. 176 Delegierte stimmen für die Abwahl, 185 dagegen, es gibt neun Enthaltungen. Das Siegerlager feiert lautstark.

Der Landesvorsitzende Martin Reichardt hat sich zuvor in seiner Rede vom Rechtsextremismus distanziert. „Menschen, die den Holocaust relativieren, NS-Größen und Kriegsverbrechern Beifall klatschen, gehören nicht zur AfD“, sagt er. Wer dies verherrliche, habe in ihm einen unnachsichtigen Gegner.

Damit spielte Reichardt auch auf Vorgänge im AfD-Kreisverband Börde an. Eine vom Magdeburger Bundestagsabgeordneten Frank Pasemann in Auftrag des Bundesvorstands erarbeitete Dokumentation hatte rechtsextreme Umtriebe im Bördekreis aufgedeckt. Der Bundesvorstand hatte daraufhin den Parteiausschluss von zwei AfD-Mitgliedern aus der Börde gefordert. Eines hatte unter anderem Hitler glorifiziert und ist inzwischen aus der Partei ausgetreten. Das andere Mitglied ist nach wie vor Schatzmeister im Kreisverband Börde. Der Vorsitzende der Bördekreis-AfD, Steffen Schroeder, weist den Vorwurf rechtsextremer Tendenzen zurück.

Reichardt sagte: "Mitglieder, die Männer wie Adolf  Hitler als einzige Hoffnung sehen, gehören nicht  in die AfD." Anhänger des "Braunauer Postkartenmalers und Massenmörders" würden nicht geduldet. Der AfD-Landeschef sagte, eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz sei "unnötig", denn: "Wir sind stark genug, solche rechtsextremen Angriffe abzuwehren."

Mit Blick auf parteiinterne Streitigkeiten und  Intrigen der zurückliegenden Monate sagte Reichardt: "Die Mitglieder haben immer weniger Verständnis  für die kleiner werdenden Zahl der Mäkeler, Kleingeister und Zündler. Jeder, der meint, seine Kraft für die Kultivierung eigener Befindlichkeiten, persönlicher Kleinkriege und Machtkämpfe zu verschwenden, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Er mindert unsere Schlagkraft und schadet damit der Partei."

Dessen ungeachtet verheddern sich die Delegierten in einer Debatte um die Landesfinanzen. Hier gab es in der Vergangenheit heftige Vorwürfe gegen den ehemaligen Landesschatzmeister Frank Pasemann. Auch hier schwappen Emotionen hoch. Doch das heikle Thema wird auf den nächsten Parteitag vertagt.

Bei der Wahl des Landesschiedsgerichts gibt es einen Überraschungskandidaten. In dieses Gremium wird unter großem Beifall der sächsische Bundestagsabgeordnete Jens Maier gewählt. Der frühere Richter wird zum völkischen Flügel der AfD gezählt, er gilt  parteiintern als Hardliner und Anhänger von Björn Höcke. Der 56-Jährige  ist bereits Mitglied des sächsischen Landesschiedsgerichts.