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Pflegeheime Fast jeder Vierte auf Sozialhilfe angewiesen

Fast jeder vierte Pflegebedürftige in Sachsen-Anhalt ist auf Sozialhilfe angewiesen, um den Eigenanteil im Pflegeheim bezahlen zu können.

Von Alexander Walter 08.08.2020, 22:08

Magdeburg l 7253 Pflegebedürftige in Heimen Sachsen-Anhalts waren 2018 auf Sozialhilfe angewiesen, um die Eigenanteile im Heim bezahlen zu können. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor, die die Linke im Bundestag erfragt hat.

Bei 30 818 Pflegeheim-Plätzen landesweit müsse damit fast jeder vierte Pflegebedürftige (23,53 Prozent) den Gang zum Sozialamt antreten, teilte die Fraktion mit. Hintergrund ist die Steigerung des monatlich selbst zu zahlenden Anteils für Heimbewohner: Nach Angaben des Verbands der Ersatzkassen (VDEK) wuchs dieser in Sachsen-Anhalt in den vergangenen zweieinhalb Jahren von 1082 Euro auf 1436 Euro – eine Zunahme um mehr als 30 Prozent.

Die Kosten für Unterbringung und Verpflegung, Investitionen und Zusatzleistungen müssen Pflegebedürftige dabei komplett selbst zahlen. Für die Pflege erhalten sie einen Zuschuss von der Pflegeversicherung. Dieser deckt die vollen Pflege-Kosten allerdings nicht.

Für die Pflege kommt daher ein gesonderter Eigenanteil hinzu. Dieser rein pflegebezogene Eigenanteil zog seit 2018 besonders stark an: von 271 auf 560 Euro – eine Zunahme um fast 107 Prozent. Grund zuallererst: gestiegene Personalkosten.

Angesichts der Zahlen sieht Die Linke Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der Pflicht: „Er muss dringend etwas gegen die Kostenexplosion in der Pflege unternehmen“, sagte Dietmar Bartsch, Co-Vorsitzender der Linke-Fraktion im Bundestag.

Die Kosten drohten, die Pflegebedürftigen und deren Familien zu erdrücken. „Mittelfristig brauchen wir eine Pflegevollversicherung, in die alle einzahlen und wo alle Pflegeleistungen übernommen werden“, ergänzte Bartsch.

Eva von Angern, Linke-Vize-Fraktionschefin im Landtag, zur prekären Situation vieler Pflegebedürftiger: „Das gefährdet den sozialen Zusammenhalt. Wir brauchen dringend eine Pflegereform, die das verhindert.“

Auch Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) sieht Handlungsbedarf: Bei steigenden Pflegekosten werde die als „Teilkasko-Lösung“ angelegte Pflegeversicherung dem Ziel, Pflegebedürftige vor dem Armutsrisiko zu schützen, immer weniger gerecht. Es sei gut und richtig, dass die Löhne für Pflegepersonal steigen. Mehrkosten dürften aber nicht allein bei Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen hängen bleiben.

Das Bundesgesundheitsministerium teilte mit: Jens Spahn habe bereits im Februar erklärt, dass er noch 2020 ein tragfähiges Konzept zur künfigen Finanzierung der Pflege vorlegen werde. Ziel sei es, gerade langfristig auf Pflege Angewiesene zu entlasten.

Elke Neuendorf, Expertin der Pflegehotline der Verbraucherzentrale, bestätigte derweil einen gestiegenen Beratungsbedarf Betroffener zum Thema. Mitunter hielten sich Heimbetreiber beim Versand von Anhebungsbescheiden nicht an die Frist von vier Wochen im Voraus. Auch die Kosten-Aufschlüsselung sei häufig nicht transparent.

Die Pflegehotline berät kostenlos unter der Telefonnummer: 0800/1003711.