Polizei Gefilmt von Polizisten in Sachsen-Anhalt: So ist der Stand bei Bodycams
Von 2017 bis 2020 lief bereits ein Modellversuch, in dem Polizisten mit sogenannten Bodycams im Berufsalltag ausgestattet wurden. 2023 soll nun eine große Veränderung anstehen. Was genau geplant ist.

Magdeburg - Nach dem Ende des Modellversuchs der sogenannten Body-Cams in Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau von 2017 bis 2020 war das Ergebnis ernüchternd: Die erhoffte deeskalierende Wirkung trat selten ein. 2023 wird dennoch eine Änderung auf die Menschen im Bundesland und Polizisten zukommen.
"Derzeit berät der Landtag über die Novellierung des Gesetzes über die Öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (kurz SOG LSA). Nach den derzeitigen Planungen soll diese SOG-Novellierung – und damit auch die darin enthaltene Rechtsgrundlage für den Einsatz von Body-Cams – zu Beginn des Jahres 2023 in Kraft treten", erklärt Patricia Blei, Pressesprecherin des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt. Was heißt das?
2023 soll die erste Ausstattung mit Bodycams in Sachsen-Anhalt erfolgen
Der Entwurf der Landesregierung sehe den Einsatz von Body-Cams zum Schutz der eingesetzten Polizeibeamten insbesondere im öffentlichen Verkehrsraum und an anderen der Öffentlichkeit zugänglichen Orten, beispielsweise Gaststätten und Geschäfte während der Öffnungszeiten vor. "Ob sich im Hinblick auf die im Entwurf vorgesehenen Einsatzörtlichkeiten Änderungen ergeben, obliegt allein der Entscheidung des Parlaments", so Blei weiter. Es sei geplant, dass jeder Polizeivollzugsbeamte im Streifen- und Einzeldienst mit einer Body-Cam ausgestattet wird. Schon im Jahr 2023 soll die erste Ausstattung mit Bodycams erfolgen.
Der beabsichtigte Einsatz mobiler Videotechnik, also der Body-Cam im "SOG LSA" solle das Komplettpaket zum Schutz polizeilicher Einsatzkräfte erneut ergänzen. Kritiker monieren, dass die Kameras eine provozierende Wirkung hätten.
"In allen Bundesländern sowie bei der Bundespolizei wurde die Bodycam entweder bereits eingeführt, es gab Pilotversuche oder der dauerhafte Einsatz beziehungsweise Pilotversuche sind in Vorbereitung. Ziel ist dabei überall sowohl der Schutz der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten im täglichen Dienst vor gewalttätigen Übergriffen als auch die Aufklärung von Straftaten", so Blei am Ende.
Bodycams für Polizisten sollen intuitiver sein
Die Gewerkschaft der Polizei Sachsen-Anhalt befürwortet grundsätzlich den Einsatz von Bodycams in der Polizei. "Das Bundeskriminalamt hat erst letztlich ein Lagebild zu Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten veröffentlicht, wonach die Zahl der Opfer in 2021 erneut um 4,5 Prozent gestiegen ist. Dem müssen geeignete Mittel entgegengesetzt werden. Die Bodycams könnten sich hier zukünftig als ein geeignetes und probates Mittel erweisen, um bereits vor Gewalteinwirkung präventiv wirksam zu werden", antwortet Uwe Bachmann, Landesvorsitzender GdP Sachsen-Anhalt, auf der Fragen der Volksstimme per Mail.
Weiter sollen die Bodycams benutzerfreundlicher und intuitiver zu bedienen sein als die bereits in den Pilotphasen genutzten Aufnahmegeräte.
"Die Bodycams sollen einen präventiven, deeskalierenden Charakter entfalten, aber zugleich auch einen milden Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung bei den Einsatzkräften, als auch der Betroffenen bewirken. Die Bodycams sind daher so gestaltet, dass sie permanent die internen Aufnahmen überschreibt. Die GdP stellt den präventiven Charakter in den Vordergrund und verweist daher auf eine möglichst kurze, dennoch prägnante 'Pre-Recording' von 30 Sekunden, um gegebenenfalls den Gesamtsachverhalt auch abbilden zu können", so Bachmann weiter.
Eine darüber hinaus gehende Aufnahme sehe des Weiteren die GdP als sehr kritisch an. Es gehe hauptsächlich um den präventiven Charakter, gleichwohl sei es wichtig, die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Handlung bei dennoch erfolgten Angriffen auf die Polizei real dokumentieren zu können. Es sei zudem der GdP durchaus bewusst, dass neue Einsatzmittel wie die Bodycams bei den Polizisten wie auch in der Bevölkerung Akzeptanz finden muss. Insbesondere die Schulung für eine rechtssichere Handhabung und gute Kommunikation des Verwendungszweckes sollten aber laut Bachmann zu der Einsicht führen, dass Bodycams ein geeignetes Mittel zur Abschreckung von Gewalttaten gegen Polizei sein können.
Großteil von Gewalt gegen Polizei in Wohnungen
Ein wichtiger Faktor bei dem Einsatz von Bodycams bleibt laut GdP dennoch die Prüfung des Einsatzes bei Übergriffen innerhalb der Wohnräume. "Ein Großteil der Gewalt gegen Polizei geschieht eben genau dort, wo Polizisten Einsatzlagen in Wohnungen zu bewältigen haben beziehungsweise sich diese in Wohnräume verlagert. Hier muss dringend eine Gesetzeslage geschaffen werden, die Einsatzkräften den Einsatz der Bodycams genau in solchen Lagen ermöglicht. Es geht hier nicht die Unverletzlichkeit der Wohnung zu gefährden, sondern einzig um die Abwehr von Gewalttätigkeiten gegen die Einsatzkräfte", fordert Bachmann eindringlich.
Die Kritik zu Bodycams weist der Landesvorsitzender der GdP Sachsen-Anhalt zurück. Diese sei häufig dann zu verzeichnen, wenn es gilt, neue noch nicht langzeiterprobte Einsatzmittel einzuführen. "Hierbei gilt es natürlich im Vorfeld zu prüfen, ob und inwieweit diese Einsatzmittel in Grundrechte eingreifen. Gerade in Bezug auf die informationelle Selbstbestimmung gibt es immer wieder Ansatzpunkte, Einsatzmittel daher abzulehnen. Wichtig erscheint daher vielmehr, die Einsatzmittel so zu gestalten, dass die Eingriffe eben sorgsam abgewogen und zugleich einen milden Eingriff darstellen, gleichwohl dem Einsatzzweck dienen und zugleich für die Anwender handhabbar und dem Zweck entsprechend sicher einzusetzen sind", so Bachmann am Ende.
Insofern gäbe es immer wieder Kritik, die durchaus sein darf. Dennoch stände besonders die Sicherheit der Beamten im Land im Vordergrund.