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Polizeipräsenz Die Streife ist auf dem Vormarsch

Trotz der bestehenden Personalnot soll vor allem in den Innenstädten im Norden des Landes die Präsenz verstärkt werden.

Von Matthias Fricke 09.08.2016, 01:01

Magdeburg l Wurstverkäuferin Marlies Kriebel dreht sich begeistert um, als die Polizeikommissare Sebastian Papendiek und Maurice Prokop an ihrem Stand in der Halberstädter Rathauspassage vorbeischlendern. „Das fällt auf, dass in der letzten Zeit mehr Fußstreifen hier unterwegs sind. Da fühlt man sich gleich sicherer“, lobt sie.

Die beiden Polizisten gehören zum sogenannten Präsenzdienst aus Magdeburg. Sie sollen die Einsatzkräfte vor Ort verstärken. Ihre Aufgabe: Zu Fuß, unabhängig von den Alltags-Einsätzen, streifen sie durch die Innenstadt. Ein Bild, das angesichts von Personalaubbau und Flüchtlingskrise in den letzten Jahren immer seltener wurde.

Dementsprechend groß ist die Begeisterung bei den Menschen auf der Straße.

Imbissverkäufer Lutz Reinicke: „Die Streifen helfen wirklich, da fühlt man sich sicherer. Umso mehr unterwegs sind, desto besser. Nur leider hat die Polizei nicht so viele Leute. Das ist schade.“

Noch während er das sagt, radeln zwei Frauen in der Halberstädter Fußgängerzone an die Beamten heran. Sebastian Papendiek will gerade eingreifen, als die Radfahrerinnen von ganz allein abspringen. „Offensichtlich müssen sie sich erst einmal wieder daran gewöhnen, dass wir hier unterwegs sind“, sagt der Beamte.

Die Fußstreife ist Teil eines neuen Konzepts der Polizeidirektion Nord. Deren Präsident Andreas Schomaker: „Wir wollen stärker als bisher Fußstreifen einsetzen und die sichtbare Präsenz in den Innenstädten erhöhen.“ Konkret soll dies für Magdeburg, Halberstadt, Stendal, Burg und Schönebeck gelten. Die Reviere erhalten dafür Unterstützung von Polizisten des Zentralen Einsatzdienstes der Polizeidirektion und der Landesbereitschaftspolizei.

Schomaker zum Hintergrund: „Wir wollen noch stärker als bisher das Sicherheitsgefühl wieder stärken.“ Schon jetzt seien die Beamten „wo es nur geht“ auch zu Fuß unterwegs.

Schomaker sei sich der dünnen Personaldecke bewusst. Man wolle alle vorhandenen Ressourcen ausschöpfen, um den Kraftakt zu stemmen. „Man kann einen Menschen natürlich nur an einer Stelle einsetzen, aber es gibt Spielräume, die wir ausnutzen“, sagt Schomaker.

Dieser Spielraum entstehe vor allem mit dem bisher ausgebliebenen Flüchtlingsstrom und den damit verbundenen Schließungen von Unterkünften in Sachsen-Anhalt. Auch Sebastian Papendiek und Maurice Prokop waren noch bis zum Frühjahr im Flüchtlings-Einsatz.

„Jetzt übernehmen wir die Fußstreifen“, sagt er. Nur selten müssten sie Ladendiebe jagen oder anders die regulären Revierpolizisten unterstützen. Die beiden Beamten bieten in erster Linie eins: subjektive Sicherheit. Sie haben ihren Wagen in der Nähe abgestellt und gehen die Fußgängerzonen auf und ab. „Wir werden sehr oft angesprochen. Entweder von Touristen, die den Weg zu einer Sehenswürdigkeit wissen wollen oder Einheimischen, die Fragen zum Beispiel zu Verkersinformationen haben“, sagt Polizeikommissar Papendiek. Bei größeren spontanen Einsätzen würden die Beamten aber sofort ihre Fußstreife abbrechen und den Funkstreifenwagen besetzen können.

Für den Fall einer Amok-Lage oder eines Terrorangriffs verfügen die Polizisten im Fahrzeug auch über eine Maschinenpistole. „Wir haben auch schon die neuen Schutzwesten der Klasse 4 mit an Bord“, sagen die Beamten. Diese halten im Gegensatz zu den alten auch Munition aus Schnellfeuergewehren ab.

Nach den Anschlägen in Würzburg und Ansbach bzw. den Amoklauf in München habe sich für die beiden Polizisten aber wenig geändert. Maurice Prokop: „Man denkt natürlich darüber immer wieder nach. Aber ein mulmiges Gefühl habe ich deshalb nicht.“

Die angekündigte Präsenz des Polizeipräsidenten hält Uwe Petermann, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für eine „Quadratur des Kreises“. Er glaubt nicht, dass die Änderungen von langem Bestand sein werden. „Bei immer weiter sinkendem Personalbestand halten wir das nicht lange durch“, sagt er. Der Polizeipräsident solle lieber Flagge zeigen und zugeben, dass in der gegenwärtigen Lage das Problem nicht gelöst werden könne. „Wir verschleißen so unnötig die jungen Leute, in den ersten zehn Jahren ihres Polizeilebens.“ Petermann halte den Vorstoß wie andere vorher auch, als „temporäre Erscheinung.“