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Klage Privatschulen ziehen vor Gericht

Der Streit zwischen Land und freien Schulen um deren Finanzierung wird jetzt vor Gericht ausgetragen.

Von Alexander Walter 23.12.2019, 05:42

Magdeburg l Die monatelange Hängepartie um die Finanzierung der freien Schulen im Land hat juristische Folgen: Mit der katholischen Edith-Stein-Schulstiftung hat der größte freie Träger des Landes Klage wegen zu niedriger Landeszuschüsse eingereicht. Die Klagen seien bereits am 27. November bei den Verwaltungsgerichten in Magdeburg und Halle gestellt worden, sagte Stiftungs-Sprecherin Susanne Sperling der Volksstimme.

Vorausgegangen waren Gespräche mit dem Land, ohne eine Annäherung zu erzielen. Wegen einzuhaltender Fristen sei der Stiftung kein anderer Weg geblieben, betonte Sperling. Die Edith-Stein-Stiftung betreibt nach eigenen Angaben acht Schulen mit mehr als 3000 Schülern in Magdeburg, Halle, Dessau-Roßlau, Haldensleben und Oschersleben. Der Träger steht mit dem Weg vor Gericht nicht allein. Klagen bereiten auch die Privatschulen Altmark gGmbH oder der Trägerverein des Ökumenischen Domgymnasiums sowie der Domgrundschule Magdeburg vor, teilten diese auf Anfrage mit.

"Wir bekommen nicht die Mittel, die uns zustehen", sagte Dietrich Lührs, Leiter des Domgymnasiums. Statt nach geltendem Recht statte das Land die freien Schulen nach Haushaltslage aus.

Worum geht es genau? Seit Anfang 2018 verdienen Lehrer mit vielen Dienstjahren im Staatsdienst erheblich besser als zuvor. Die Länder haben dafür extra eine neue Bezahlstufe eingeführt. Weil diese sehr vielen Kollegen zusteht, zieht auch das Lohnniveau an staatlichen Schulen insgesamt an. Die freien Schulen verlangen nun seit Monaten die rückwirkende Weitergabe der Lohnerhöhung und berufen sich auf das Schulgesetz.

Laut Privatschulverband geht es um bis zu 20 Millionen Euro pro Jahr, die den freien Trägern rechtswidrig vorenthalten würden. "Die Differenz kann pro Schule schnell 50.000 Euro ausmachen", sagt Domgymnasiums-Leiter Lührs. Die Hängepartie bringt die freien Träger auch deshalb unter Druck, weil sie ihre Lehrer wie im Staatsdienst bezahlen müssen, um im Wettbewerb um rar gewordene Pädagogen noch Chancen zu haben.

Das Land allerdings sendet seit Monaten widersprüchliche Signale. Dabei sah es im Sommer schon fast nach einer Lösung aus: Der Bildungsausschuss sprach sich dafür aus, die Besserbezahlung weiterzugeben. Dann aber kam offenbar das Veto des Finanzministeriums. Angesichts des völlig überdehnten Haushalts war den Finanzern die neue Bezahlstufe auch für die Privatschulen schlicht zu teuer.

Der Ausweg: Das Land plant, sich eines Winkelzugs zu bedienen. So will das Finanzministerium den freien Schulen mit Wirkung zum 1. Januar 2020 – also zwei Jahre nach Inkrafttreten der Reform an staatlichen Schulen – die Besserbezahlung zwar zuzugestehen. Gleichzeitig soll aber eine pauschale Erhöhung der Privatschulzuschüsse fast vollständig zurückgedreht werden, die erst im vergangenen Jahr beschlossen worden war.

Und: Offenbar soll die Schlechterstellung der freien Schulen im Frühling nachträglich auch im Schulgesetz festgeschrieben werden.

Als Konsequenz bekämen die freien Schulen auch 2020 kaum mehr als bisher.

Gerade einmal rund drei Millionen Euro pro Jahr – so Berechnungen der Landesregierung.

Die freien Träger halten das für inakzeptabel, zumal die Erhöhung der Zuschüsse im vergangenen Jahr noch als Überbrückungslösung deklariert worden war, sagt Verbandschef Jürgen Banse. Ihr sollte eine grundsätzliche Neuregelung folgen. Denn: Gutachten hatten dem Land schon früher bescheinigt, die freien Schulen mit zu geringen Zuschüssen auszustatten.

Der Streit bringt inzwischen auch Eltern der landesweit rund 20 000 Privatschüler auf die Zinne. Viele haben sich an Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) gewandt. Die Staatskanzlei bestätigte bis vergangene Woche den Eingang von rund 3000 Elternschreiben. "Jeder Brief wird beantwortet", sagte Regierungssprecher Matthias Schuppe.

In den häufig übereinstimmenden Schreiben fordern die Eltern die Erhöhung der Zuschüsse für die freien Träger, wie vom Privatschulverband vorgetragen. Die Antwort der Staatskanzlei sorgt allerdings bereits für neuen Ärger. "Fast jeder Absatz enthält Halb- oder Unwahrheiten", sagt Privatschulverbandschef Banse.

Regierungssprecher Schuppe erklärte, die Zuständigkeit für das weitere Vorgehen liege jetzt bei den Ministerien für Bildung und Finanzen.