1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Rauswurf kommt Land teuer zu stehen

Sachsen-Anhalt Rauswurf kommt Land teuer zu stehen

Sachsen-Anhalt hat den juristischen Streit mit seinem einstigen Fonds-Manager endgültig verloren und muss Millionen an ihn löhnen.

Von Jens Schmidt 26.09.2020, 01:01

Magdeburg l Schon 2018 hatte Richterin Inka Semmler am Landgericht die Parteien eindringlich aufgefordert, sich außergerichtlich zu einigen - auch, um Steuergelder zu schonen. Doch das Land blieb hart: keinen Cent Abfindung für den gefeuerten Ex-Manager. Im August 2019 kam der erste Schock: Das Land verlor. Nun im September ging auch die zweite Runde vorm Oberlandesgericht an den Geschassten.

Zum Fall: Sachsen-Anhalt beteiligt sich mit Risikokapital an aufstrebenden Firmen. Dafür zuständig ist die landeseigene Firma IBG. Die wiederum beauftragte einst die Firma Goodvent mit dem operativen Geschäft. Fondsmanager ist Dinnies Johannes von der Osten. Hochzufrieden verlängerte die IBG den Vertrag mit ihm am 28. Juni 2013. Einen Monat später wurde publik, dass von der Osten sich privat an Firmen beteiligte, die zugleich auch mit öffentlichem Geld über IBG und Goodvent gefördert wurden. Ein Konflikt? Da der Manager seine Doppelgeschäfte nicht offengelegt hatte, sah sich das Land überrumpelt. Von der Osten erklärte damals: „Ich wollte meine Privatsphäre schützen.“ Zudem war er vertraglich nicht verpflichtet, über seine privaten Anlagen zu informieren.

Die Geschichte schlug bundesweit Wellen. Das Land kündigte dem Manager am 25. Juli 2013 fristlos. Der klagte und forderte entgangenen Lohn.

Schon 2013 bezweifelte der damalige Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD), ob ein harter Rauswurf juristisch durchzustehen ist. Doch die damalige CDU-SPD-Koalition lehnte Vergleiche ab. Vor Beginn des ersten Prozesses kamen weitere Warnungen: Der Aufsichtsrat der IBG unter Führung des Wirtschaftsministeriums empfahl, einen Prozess zu vermeiden und zu verhandeln. Das dafür zuständige Finanzministerium hatte aber nun seine Position geändert und zog durch. Wie man hört, kam auch Druck aus der Staatskanzlei unter ihrem Chef Reiner Robra. „Zur Not ziehen wir bis zum Bundesgerichtshof“, so habe die Marschrichtung gelautet, erinnern sich Eingeweihte. Doch schon Richterin Semmler machte klar, dass moralische Kategorien allein hier nicht greifen: Das Verhalten des Managers mag gewieft gewesen sein. „Doch Gewieftsein ist nicht verboten.“ Auch beim Oberlandesgericht in Naumburg konnte das Finanzministerium nicht punkten. Die Kündigung ist nichtig. Nun, nach der zweiten Niederlage, gibt das Finanzministerium auf.

Manager von der Osten sagte der Volksstimme nach dem Urteil: „Wir hatten mehrfach einen Vergleich angeboten.“

Jetzt kommen auf die landeseigene IBG hohe Rechnungen zu. 15 Millionen Euro wurden zurückgelegt. Das sind Steuergelder und Rückflüsse aus Firmen. Auf dem Zettel stehen:

  • 8 Millionen Euro Lohn plus Zinsen an Goodvent und von der Osten von 2013 bis 2015
  • Noch auszuhandelnder Ersatz für 2016 bis 2020 von geschätzt etwa 10 Millionen Euro
  • Etwa 4 Millionen Euro für Anwälte und Gericht

Zu allem Ärger gesellt sich der Fakt, dass das Fondsmanagement nun quasi doppelt bezahlt wird. Denn: Seit 2016 erledigt das Unternehmen BMP die Geschäfte für die IMG. An die neuen Manager flossen dem Vernehmen nach bisher etwa 10 Millionen Euro.

Finanzpolitikerin Kristin Heiß (Linke) kritisiert: „Es gab früh Signale vom Gericht, dass ein Vergleich besser gewesen wäre.“ SPD-Landeschef Andreas Schmidt sieht das anders und nennt den Ex-Manager von der Osten einen „unanständigen Typen“. Schmidt, der auch Finanzpolitiker seiner Fraktion ist, meint: „Er hätte gesenkten Kopfes die Kündigung annehmen sollen.“