Extremismus Rechtsextremisten nehmen Einfluss auf Anti-Corona-Proteste
Die Reichsbürger-Szene und Rechtsextremisten versuchen, Proteste gegen die Corona-Politik für sich zu nutzen. Derweil verzeichnen rechte Parteien weniger Zulauf. Zu diesen und anderen Erkenntnissen kommt der neueste Verfassungsschutzbericht in Sachsen-Anhalt.
Magdeburg - Sachsen-Anhalts Verfassungsschützer beobachten eine verstärkte Einflussnahme von Rechtsextremisten bei Anti-Corona-Protesten. Mehrere rechtsextremistische Protagonisten und Organisationen hätten dazu aufgerufen, sich an Demonstrationen gegen staatliche Eindämmungsmaßnahmen zu beteiligen und so auch außerhalb der rechtsextremistischen Szene in der Öffentlichkeit Präsenz zu zeigen. Das geht aus dem am Dienstag in Magdeburg vorgelegten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 hervor.
„Seit Beginn der Corona-Pandemie zeigt sich, dass Verfassungsfeinde die damit verbundenen Ängste und Sorgen der Menschen für eigene Zwecke missbrauchen, um die Spaltung der Gesellschaft gerade in unsicheren Zeiten voranzutreiben“, sagte Innenministerin Tamara Zieschang (CDU).
Insgesamt beziffert der Verfassungsschutz das extremistische Personenpotenzial in Sachsen Anhalt auf 2970. Während die Zahl derjenigen, die auf den Bereich des Rechtsextremismus entfallen, mit insgesamt rund 1230 Personen konstant geblieben ist, stieg die Anzahl der weitgehend unstrukturierten, subkulturell geprägten Rechtsextremisten von 740 auf 770.
Gleichzeitig gehen die Mitgliederzahlen der rechtsextremistischen Parteien den Angaben zufolge zurück. „Die in den letzten Jahren zu beobachtende Strukturlosigkeit der rechtsextremistischen Szene wird immer stärker durch Netzwerke im virtuellen Raum ersetzt“, heißt es in dem Bericht. Insbesondere im Vorfeld von Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen habe ein reger Austausch und eine Vernetzung in Sozialen Medien stattgefunden. „In einschlägigen Gruppen, Kanälen und Foren wurden Verschwörungstheorien und Falschmeldungen verbreitet.“
Ein Indikator für die Beurteilung der Gewaltbereitschaft ist die Zahl der politisch motivierten Kriminalität (PMK). Im Jahr 2020 wurden nach den offiziellen Angaben insgesamt 1642 Straftaten im Bereich der PMK rechts erfasst. Insbesondere die Anzahl der Gewaltstraftaten ist gestiegen: Wurden für 2019 noch 74 rechte Gewaltstraftaten erfasst, waren es ein Jahr später 85. Die Zahl der erfassten Propagandastraftaten hat ebenfalls zugenommen - von 1056 (2019) auf 1105 (2020).
Für den Linksextremismus nennt der Verfassungsschutz 590 Anhänger. Das ist ein Anstieg um 40 Personen, der vor allem aus dem Mitgliederzuwachs der „Roten Hilfe“ resultiert. Die linksextremistische Szene in Sachsen-Anhalt weise insgesamt „ein hohes Aktions- und Gewaltpotenzial auf, das jedoch aufgrund ideologischer Differenzen nicht ausgeschöpft werden kann“, heißt es im Verfassungsschutzbericht mit Blick auf die verschiedenen Gruppierungen. Das Personenpotenzial bei Islamisten ist demnach mit 400, das der Reichsbürgerszene mit 500 Anhängern stabil geblieben.