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Uni-Klinik Magdeburg Tumorpatientin spricht von einem Wunder

Als sie 14 Jahre alt war, wurde bei Marlene Limbart ein aggressiver Knochentumor entfernt und eine Spezialprothese eingesetzt. Nun wurde sie erneut operiert.

Von Bernd Kaufholz Aktualisiert: 29.07.2021, 13:32
Prof. Christoph Lohmann, Chef der Orthopädie der Uniklinik in Magdeburg, untersucht Patientin Marlene Limbart nach ihrer Operation. Die Universitätsklinik wurde kürzlich als Maximalversorger für Sprunggelenk- und Schulterprothesen sowie Tumorendoprothetik zertifiziert.
Prof. Christoph Lohmann, Chef der Orthopädie der Uniklinik in Magdeburg, untersucht Patientin Marlene Limbart nach ihrer Operation. Die Universitätsklinik wurde kürzlich als Maximalversorger für Sprunggelenk- und Schulterprothesen sowie Tumorendoprothetik zertifiziert. Foto: Bernd Kaufholz

Magdeburg - „Das schaffen Sie doch sicherlich auch mit nur einer Gehhilfe“, sagt Professor Christoph Lohmann zu seiner Patientin, die in einem Behandlungszimmer der orthopädischen Uniklinik demonstriert, wie sie die vier Wochen zurückliegende Operation weggesteckt hat. Der Uni-Fachbereich hat kürzlich zusätzlich für das Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung für Knie und Hüfte das Zertifikat für „maximal Versorgung“ bei Sprunggelenk- und Schulterprothesen sowie Tumorendoprothetik erhalten.

„Ja, zu Hause nehme ich nur die rechte Stütze“, nickt Marlene Limbart.

Große Schmerzen besonders nachts, und mein Bein zitterte sehr

Marlene Limbart, Patientin

Die Krankheitsgeschichte der jungen Frau aus dem niedersächsischen Wendland ist eine recht ungewöhnliche. Als sie 13 Jahre alte war, bekam sie große Schmerzen im rechten Oberschenkel. „Besonders nachts“, erinnert sich die heute 31-Jährige, „und mein Bein hat immer stärker gezittert.“

Ihre Hausärztin konnte zuerst nichts feststellen. Nach drei Wochen und dem ersten Röntgentermin lag jedoch der Verdacht nahe, dass es sich um einen Knochentumor handeln könnte. „Dazu noch um einen sehr großen und besonders aggressiven“, so der Chef-Orthopäde des Uniklinikums, „ein Ewings-Arkom“.

„MRT und CT, dann durfte ich nur noch schnell nach Hause, um meine Sachen zu holen“, erzählt Limbart. Es folgten eine Gewebeuntersuchung, die den Verdacht bestätigte, ein halbes Jahr Chemotherapie, dann die Operation.

Lohmann war damals Orthopäde am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und hatte dort die Patientin zum ersten Mal unterm Skalpell. „Die Operation, bei der zwei Drittel des Knochens entfernt wurden, verlief komplikationslos“, blickt der Spezialist zurück. Als Ersatz für den entfernten Oberschenkelknochen setzte das Team eine Megaprothese ein. Es folgten weitere sechs Monate Chemo.

Limbart schildert ihre Gefühle, die sie hatte, nachdem sie ihre Krebsdiagnose erhalten hatte: „Ich habe tatsächlich gemeint, das ist etwas ganz Besonderes. Ans Sterben habe ich mit 13, 14 nicht gedacht.“

Doch während der Chemotherapie habe die Sache schon anders ausgesehen. „Entweder man kämpft oder man gibt auf“, sagt sie. Sie habe kurz vor Letzterem gestanden. „Nur, weil ich das meinen Eltern nicht antun wollte, habe ich die Behandlung durchgestanden. Es war ein ständiges Auf und Ab. Zum Schluss konnte ich nicht mehr laufen und dann die ständige Übelkeit.“

Professor Lohmann kennt die Nebenwirkungen einer Chemotherapie: „Nervenschmerzen, Infekte, Haarausfall, radikale Gewichtsabnahme, angegriffene Mundschleimhäute“, zählt er auf. „Aber oft gibt es auch keine Alternative.“

Was für die Gymnasiastin damals noch keine große Rolle gespielt hat, war die Tatsache, dass die Ärzte ihr damals aufgrund der Krebsbehandlung keine Hoffnung gemacht haben, jemals Mutter zu werden. Doch das medizinische Wunder geschah. Vor eineinhalb Jahren brachte die Psychologin, die in einer Tagesklinik arbeitet, eine gesunde Tochter zur Welt. „Es gibt eben auch Dinge, die sich die Medizin nicht erklären kann“, ist selbst der Orthopäde überrascht.

Erfahren hat Lohmann im Frühjahr dieses Jahres von der kleinen Martha. Allerdings hatte das einen ernsten Hintergrund. „Ich bekam wieder Schmerzen im Bein und habe im Internet recherchiert, wo Professor Lohmann inzwischen arbeitet“, erzählt die junge Mutti. „Er hat das vor 17 Jahren so prima hinbekommen und mich zusammen mit den Krebsspezialisten vom Tumor geheilt, ich hatte einfach großes Vertrauen zu ihm.“ Sie fand den Arzt als Direktor der orthopädischen Universitätsklinik in Magdeburg.

„Natürlich konnte ich mich gleich an Marlene erinnern. Und es war doch keine Frage, dass ich sie wieder betreue“, sagt Lohmann.

Die Patientin macht sehr gute Fortschritte beim Gehen

Prof. Christoph Lohmann, Orthopäde

Er stellte fest, dass einige Teile der Prothese zerschlissen waren. „Es reichte nicht, lediglich Teile auszuwechseln, es musste auch der Knochen aufgebaut werden.“ Vor wenigen Wochen wurde die Patientin erneut von Professor Lohmann operiert. „Die Endoprothese heilt gut an“, stellt er bei der Nachuntersuchung fest, „und die Patientin macht sehr gute Fortschritte beim Gehen.“

Vor der Tür des Behandlungszimmers weint ein Kind. „Ist das ihre Tochter?“, fragt Professor Lohmann. „Nein, nein“, schüttelt Marlene Limbart den Kopf und fragt ihrerseits: „Wie lange hält die Prothese?“ „Die neuen Teile 20, 25 Jahre“, so der Spezialist. „Bei den Teilen der ersten OP müssen wir schauen.“

Eine Megaprothese, die den Oberschenkel ersetzt, liegt auf dem Operationstisch.
Eine Megaprothese, die den Oberschenkel ersetzt, liegt auf dem Operationstisch.
Uniklinikum MD