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Wirtschaft Warum sich in Sachsen-Anhalt nicht alle über höheren Mindestlohn freuen

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro ab Oktober versprochen. In Sachsen-Anhalt sorgen die Pläne für Streit unter Gewerkschaften und Arbeitgebern.

Von Christoph Carsten Aktualisiert: 31.01.2022, 11:09
Auch Lieferdienste sollen ab Oktober ihren Fahrern zwölf Euro pro Stunde bezahlen.
Auch Lieferdienste sollen ab Oktober ihren Fahrern zwölf Euro pro Stunde bezahlen. Foto: imago

Magdeburg - Verdient hätten ihre Angestellten den höheren Lohn, erklärt die Inhaberin eines Friseursalons in Biederitz, die nicht namentlich genannt werden will. Allein: „Es muss für die Unternehmer auch umsetzbar sein. In der aktuellen Corona-Situation könnte das für viele das Aus bedeuten“, sagt die Friseurin. Zudem würden steigende Personalkosten auch höhere Preise für die Kunden bedeuten.

Nach Plänen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) soll der gesetzliche Mindestlohn ab dem 1. Oktober 12 Euro betragen. Derzeit liegt die Lohnuntergrenze bei 9,82 Euro je Stunde, zum 1. Juli soll es eine weitere Erhöhung auf 10,45 Euro geben. In Sachsen-Anhalt könnten nach Schätzungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) 270.000 Beschäftigte profitieren.

270.000 Beschäftigte würden profitieren

Mit dem Vorstoß habe die Ampel-Koalition ein „wichtiges Wahlkampfversprechen“ eingelöst, sagt der Magdeburger Bundestagsabgeordnete und Sprecher der SPD-Landesgruppe, Martin Kröber. Andere zeigen sich weniger erfreut über die Pläne.

„Sollte der Mindestlohn von 12 Euro kommen, dann macht das rund 200 Tarifverträge obsolet, die zwischen den Sozialpartnern ausgehandelt waren“, warnt Hagen Mauer, Präsident der Handwerkskammer Magdeburg. Der schnelle, politisch vorgegebene Anstieg komme für viele Firmen zur Unzeit. Denn mit dem Mindestlohn müssten auch die Tarifverträge steigen, damit das Lohnabstandsgebot gewahrt bleibe.

„Eingriff in die Tarifautonomie“

2015 führte der Bund eine Lohnuntergrenze von 8,50 Euro ein. Seither folgen die Erhöhungsschritte gemäß den Vorgaben der Mindestlohnkommission, in der Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgebern sitzen. Gerade deren Arbeit werde durch die Pläne der Koalition aber torpediert, bemängeln Arbeitgebervertreter.

Es sei ein „direkter Eingriff in die Tarifautonomie“, wenn Entgelte nicht länger ohne staatliche Eingriffe von Arbeitnehmern und Arbeitgebern verhandelt würden, meint etwa Sachsen-Anhalts Arbeitgeberpräsi- dent Marco Langhof. „Der Mindestlohn wird damit zum Spielball im politischen Wahlkampf.“ Es drohe ein Überbietungswettbewerb, der Unternehmen letztlich vom Prozess der Lohnfestsetzung ausschließe.

„Wenn sich Arbeitgeber durch Tarifflucht ihrer Verantwortung für faire Löhne entziehen, müssen sie sich nicht wundern, dass der Staat eine Haltelinie einzieht“, sagt hingegen Susanne Wiedemeyer, DGB-Lan- deschefin für Sachsen-Anhalt. Angesichts steigender Preise für Energie, Tanken und Lebensmittel sei der Sprung auf 12 Euro notwendig. Die Furcht vor Jobverlusten habe sich bereits nach der Einführung des Mindestlohns 2015 nicht bewahrheitet, sagt sie.