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Kenia-Koalition Ringen um neues Hochschulgesetz

Das Hochschulgesetz wird zur nächsten Nagelprobe für die Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt. Die Pläne stoßen auf Kritik.

Von Alexander Walter 28.05.2018, 01:01

Magdeburg l Sachsen-Anhalt ist Schlusslicht bei Firmengründungen. Ganze sieben kamen zuletzt jährlich auf 1000 Einwohner. Sachsen bringt es auf 14, Berlin gar auf 26 Gründungen.

Ein Weg zu besseren Zahlen ist nach Ansicht von Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD), den Hochschulen mehr unternehmerische Freiheiten zu geben. Im neuen Hochschulgesetz soll daher ein Halbsatz entfallen. Er verbietet Hochschulen bislang, zur Forschung, Entwicklung und Weiterbildung Firmen zu gründen, wenn dadurch „Kernaufgaben“ in diesen Bereichen betroffen sind. Das garantierte Prüfrecht des Landesrechnungshofs (LRH) bei solchen Gründungen soll gestrichen werden.

In der CDU stoßen die Vorschläge auf harsche Kritik. Hochschulexperte Florian Philipp spricht von einem Freibrief zur Auslagerung hoheitlicher Aufgaben. Hochschulen könnten sich etwa für die Forschung mit öffentlichem Geld an Firmen beteiligen, ohne dass der Rechnungshof prüfen kann, was mit den Mitteln geschieht.

„Ausgründungen von hoheitlichen Aufgaben sind sehr wahrscheinlich nicht die innovativen Geschäftsmodelle, die unserer Wirtschaft den nötigen Schub geben“, ergänzt Philipp. Das auch für Wirtschaft zuständige Ministerium müsse die Priorität endlich auf privatwirtschaftliche Gründungen legen – etwa durch Bürokratieabbau.

Auch Landesrechnungshof-Präsident Kay Barthel warnt: „Prüfrechte abzuschaffen, hat nichts mit Liberalisierung zu tun.“ Dies bedeute im übertragenen Sinn, „den Schiedsrichter komplett vom Platz zu nehmen“.

Das Ministerium weist Kritik zurück: Es gehe darum, dass der LRH nicht mehr bei jeder Beteiligung Prüfrechte erhalten muss, sagte Sprecher Matthias Stoffregen. Vor allem, wenn Hochschulen nur geringe Anteile halten, könnten Gründer abgeschreckt werden. Das Geld, mit dem sich Hochschulen an Startups beteiligen dürften, solle zudem aus selbständig erzielten Gewinnen (etwa aus Lizenzen) kommen – nicht aus Steuergeld. Eine Auslagerung von Kernaufgaben werde es nicht geben.

SPD-Fraktionschefin Katja Pähle zeigte sich verwundert über die CDU-Kritik. Die Koalition stehe mitten in Beratungen zum Gesetz. Die Vorschläge des Ministers unterstütze ihre Fraktion. „Die Hochschulen sind das Pfund für Innovationen im Land. Das müssen wir nutzen.“

Brisant ist die Debatte auch, weil erst im Februar ein internes Papier bekanntgeworden war, in dem der LRH der Hochschule Magdeburg-Stendal Unregelmäßigkeiten bei der Organisation von Weiterbildungen mit externen Firmen in der Vergangenheit attestierte. Kay Barthel sagte, er hoffe auf Reformen mit Augenmaß. Immerhin stammten zwei Drittel des Hochschulbudgets (2018: 360 Millionen Euro) aus Steuergeld. Derweil gibt es offenbar Bewegung: Wie die Volksstimme erfuhr, will das Ministerium dem LRH weiter Prüfrechte gewähren, wenn Hochschulen mehr als 50 Prozent an Firmen halten.

Unseren Kommentar zum Thema finden Sie hier.