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Sachsen-Anhalt Hundetag: Eine Extrawurst für „Bello“

Am Sonntag wird der beste Freund des Menschen gefeiert. Diana Offermann coacht Vierbeiner und Besitzer.

Von Bernd Kaufholz 04.06.2020, 01:01

Hermsdorf l Diana Offermann läuft mit dem knapp ein Jahr alten Deutschen Schäferhund die Straße vor ihrer D.O.G.-Hundeschule in Hermsdorf (Bördekreis) entlang. In der rechten Hand die Leine, in der linken „Leckerlis“. Es ist die erste Begegnung zwischen „Jesse“ und seiner Lehrerin. Das junge Tier soll lernen, sich zu benehmen. Andrea Arbanas aus dem benachbarten Niederndodeleben hat im Vorgespräch mit der Hundetrainerin beschrieben, was sie an „Jesse“ stört. „Er will auf jeden anderen Hund, dem wir auf der Straße begegnen, mit Karacho zulaufen. Er will spielen. Ich kann ihn dann kaum halten. Ich versuche ihn dann immer mit einem Leckerchen abzulenken.“

Und schon da greift Offermann ein: „Nicht belohnen, wenn er etwas nicht richtig gemacht hat. Das setzt sich fest. Nur loben und ein Leckerli geben, wenn das Tier den Anweisungen des Chefs folgt. Auch daran erinnert sich der Hund beim nächsten Mal.“

„Jesse“ versucht das Tempo vorzugeben und reagiert zuerst auch nicht, wenn die Trainerin die Richtung wechselt. Ein paar kurze, harte Züge an der Leine, erst danach lässt sich der Schäferhund im Flegelalter nieder, nach rechts abzudrehen.

„Und jetzt das Leckerli?“, fragt das Frauchen. „Nein, erst, wenn ,Jesse‘ ohne Leinenzug abbiegt“, antwortet die Trainerin.

Diana Offermann ist 2002 auf den Hund gekommen. „Ich habe mir damals einen Ritchback zugelegt. Der lief auf dem Feld jedem Hasen nach. Er war einfach nicht zu halten, und er folgte überhaupt nicht.“ Da das nicht so weitergehen konnte, habe sie in Magdeburg einige Hundetrainer ausprobiert, war aber davon nicht überzeugt.

„Ich habe dann von ,Canis‘ gehört, dem renommierten Zentrum für Kynologie (Lehre von der Zucht, Dressur und den Krankheiten der Hunde) und Hundetrainerausbildung in Hamburg.“ Und weil ihr die Form dieser Hundeausbildung gefiel, entschloss sich die gelernte Arzthelferin, selbst Hunde zu trainieren.

„Ich hatte damals drei kleine Kinder und war alleinerziehend, darum musste ich das Studium über mehrere Jahre strecken. Aber 2009 habe ich in Schleswig-Holstein das Zertifikat bekommen. Solche Nachweise stellen lediglich die Tierärztekammern Niedersachsen und Schleswig-Holstein aus – leider Sachsen-Anhalt nicht“, bedauert sie.

Bei „Jesse“ scheint der Groschen gefallen zu sein. Zuerst noch etwas zögerlich, dann immer besser, folgt er den Rechts- und Linkswendungen der Trainerin. „So und nun bekommst du dein Leckerchen“, streichelt sie dem pubertierenden Rüden übers dichte Fell.

Nun ist Andrea Arbanas an der Reihe. Als ob das Tier sich daran erinnert: Mit der kannst du ja machen, was du willst. Ich bin hier der Herr der Straße!, scheint er das gerade Gelernte wieder vergessen zu haben. „Leine ziehen!“, kommt sofort das Kommando vom Straßenrand. Und nach zwei, drei Rucks ist der Schäferhund wieder auf Kurs.

Offermann sieht sich als „Coach für Hund und Mensch“. Damit meine sie, dass Herrchen und Frauchen ihre Probleme mit dem Tier nicht einfach bei ihr abgeben, „sondern, dass ich den Hundebesitzern zur Seite stehe“.

Die Bezeichnung „Hundeflüsterer“ mag sie nicht, „obwohl ein gutes Stück Tierpsychologe in jedem Trainer stecken sollte“, wie sie einräumt.

Menschen, die Kinder erzogen haben, seien im Vorteil“, schmunzelt sie. „Damals, bei meiner Ausbildung, hatte ich so manchen Aha-Effekt, als ich an meine drei zu Hause dachte.“

Seit 2012 verdient Offermann ihren Lebensunterhalt als Hundecoach, obwohl sie zwischendurch noch mal „rückfällig geworden“ sei und als Schwester in der Chirurgie gearbeitet habe, erzählt die 49-Jährige. „Finanziell passt es und als Selbständige kann ich mir meine Zeit einteilen, wie ich will.“

Bei „Neukunden“ erfrage sie zuerst, was die Besitzer vom Hund erwarten. „Die meisten wollen einen liebevollen, offenen Familienhund.“ Oft müsse sie erklären, dass die in den Genen immer noch vorhandenen Anlagen wie Jagd nach Beute heute kaum noch gefragt seien. „Im Vordergrund stehen soziale Aufgaben. Und genau darin besteht das Spannungsfeld.“ Einen Herdenschutzhund im Vorgarten halten zu wollen, klappe einfach nicht. Hingegen in Rumänien eine Herde gegen Bären und Wölfe zu verteidigen, hervorragend.

Es gebe viele Methoden, um Hunde zu coachen. „Und ich bin nicht der Meinung dass meine die Methode ist.“ Es komme immer auf Rasse, Persönlichkeit, Talent und Zeit an. Wichtig sei, Grenzen zu setzen – liebevoll, aber konsequent.“

Und die Chemie zwischen Tier, Halter und ihr müsse stimmen. „Ist das nicht der Fall, habe ich auch kein Problem damit, das Training abzulehnen.“

„Jesse“ hat genug für heute. Er liegt im Schatten und döst. Das „Orientierungsgespräch“ zwischen Trainerin und Hundebesitzerin war erfolgreich. Frauchen bekommt Hausaufgaben mit. Wie sie diese umsetzt, wird sie demnächst an Offermann als Videoclip schicken. Bis zum „scharfen Start“ der Ausbildung.