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Körperverletzung Schläge mit dem Knüppel auf den Kopf?

Ein Magdeburger Strafrichter hat einen 76-Jährigen im Prozess zu einem Nachbarschaftsstreit um einen angeblichen Übergriff freigesprochen.

Von Bernd Kaufholz 03.09.2019, 01:01

Magdeburg l „Ein Schandurteil“, schleuderte der aufgebrachte 81-Jährige dem Magdeburger Strafrichter Christian Hoppe entgegen, nachdem dieser gestern das Urteil gesprochen hatte: „Der Angeklagte wird vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen.“ Und mit lauter Stimme schob der erboste Kläger, der sich als Opfer eines hinterhältigen Mordanschlags am Gartenzaun sieht, sofort nach: „Damit gehe ich zum Landgericht“.

Der 81-Jährige und der 76 Jahre alte Angeklagte sind Gartennachbarn in einem Magdeburger Verein nahe der Berliner Chaussee. Und viele Jahre lebten sie Parzelle an Parzelle – zwar nicht unbedingt als Freunde – aber immerhin ohne Streit bis aufs Messer (oder in diesem Fall besser: bis auf den Knüppel) friedlich nebeneinander.

Doch das Verhältnis kippte. Nach Aussagen des Klägers um 2016 herum, da der 76-Jährige angefangen habe, „Stunk zu machen“. Ärger und gegenseitige Schuldzuweisungen gab es wegen einer 1,50 Meter hohen Mauer, die der 81-Jährige auf der Grundstücksgrenze hochgezogen hatte („Die Mauer muss weg ...!“), ein Trockenklo („Das Scheißhaus kommt weg!“), eine mit „Absicht zerstörte Wasserleitung“, Steinwürfe und eingeworfene Fensterscheiben.

Doch gestern ging es am Magdeburger Amtsgericht nicht um Sachbeschädigung sondern um Handfesteres – um einen körperlichen Übergriff. Schon zum dritten Mal, denn bereits 2017 und 2018 hatte der Ältere den fünf Jahre jüngeren Nachbarn angezeigt. Vor zwei Jahren gab es einen Freispruch, ein Jahr später war das Verfahren eingestellt worden.

Diesmal ging es um Knüppelschläge „an den Kopf, den gesamten Körper und Faustschläge, als ich schon besinnungslos am Boden lag“, so der sichtlich überforderte Kläger, der wie sein „Intimfeind“ gegenüber ohne Anwalt erschienen war. Erst, als er dem Jüngeren in die Hand gebissen habe, habe dieser von ihm abgelassen.

Zum Prozessbeginn hatte er mit einer Volksstimme ge- wedelt. In einem Gerichtsbericht war über die Mordurteile gegen Wachleute aus dem Harz berichtet worden. „Die haben dem Mann auch mit einem Stock auf den Kopf gehauen“, echauffierte sich der Kläger. „Genau wie der da“, zeigte der 81-Jährige auf den Angeklagten.

Er schilderte die vermeintliche Tat am 11. Februar 2019. „Ich war dabei zu harken. Da habe ich etwas hinter mir gehört. Ich konnte aber nicht mehr reagieren, weil sich mein Nachbar rangeschlichen hatte. Mit einem dicken Knüppel hat er mir 15mal auf den Kopf geschlagen.“ Zähne, Nase – alles sei kaputtgegangen. „Der wollte mich umbringen. Das hat er mir vorher schon angedroht.“

Außerdem sei er mit Fäusten ins Gesicht geschlagen worden. „Müssen Sie sich mal erkundigen“, empfahl er dem Richter. „Auch, wenn man weggetreten ist, merkt man genau jeden Schlag“. Und damit nicht genug: „Als ich dalag, hat er mir mit der Hand Mund und Nase zugehalten. Ich habe gar nicht mehr richtig gelebt.“

Der Angeklagte zuckte nach den verbalen Attacken nur mit den Schultern: „Warum er das erzählt, weiß ich nicht. Ich habe ihn nicht angefasst.“

Als Hoppe den hartnäckigen Kläger fragte, worin er das Motiv sehe: „Was hat der Angeklagte davon, wenn er sie schlägt?“. antwortet dieser nur: „Da Klohäuschen war unrechtmäßig.“

Der Kläger hatte es am 11. Februar abgelehnt, sich in der Notaufnahme einer Klinik behandeln zu lassen. „Ich habe da stundenlang rumgesessen. Ich habe dann gesagt, dass ich wieder nach Hause will.“

Für den Richter ein wichtiger Punkt, an der Version des 81-Jährigen zu zweifeln: „Wer davon überzeugt ist, schwer verletzt worden zu sein, der lässt sich auch untersuchen.“ Die Fotos, die nach der „Tat“ gemacht worden sind, stützten die Version des Klägers ebenfalls nicht. „Die können auch von einem Sturz stammen.“ Die Vorwürfe seien nicht bewiesen, so der Richter. „Somit blieb nur der Freispruch.“ Den hatte zuvor auch der Staatsanwalt beantragt.