Schloss Wörlitz nach 20 Jahren fertig restauriert
Tapeten hingen in Fetzen von Wänden, der Hausschwamm machte sich breit und die Räumen waren dunkel, schildern Experten den Zustand des Gebäudes. Heute ist Schloss Wörlitz im Unesco-Welterbe Gartenreich ein Schatz. Prinz Charles ist der Schirmherr - und war auch schon da.

Wörlitz (dpa/sa) - Es galt als eine Mammutaufgabe: Die Restaurierung von Schlosses Wörlitz von Grund auf ist geschafft. 20 Jahre dauerten die Arbeiten. Das vor 250 Jahren von Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff (1736-1800) im Stil eines englischen Landhauses errichtete Gebäude ist der Gründungsbau des deutschen Klassizismus, wie die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz am Montag mitteilte. Der Zahn der Zeit und der Hausschwamm hatten dem Gebäude zugesetzt.
Rund 14,2 Millionen Euro des Bundes und des Landes Sachsen-Anhalt wurden für die Restaurierung investiert. "Dieses wunderbare Ergebnis hat mit einem langen Atem, mit dem unbedingten Willen, dass das zu schaffen ist, zu tun", sagte die Direktorin der Stiftung, Brigitte Mang. Das Schloss gilt als das Aushängeschild des Dessau-Wörlitzer Gartenreichs. Es gehört seit dem Jahr 2000 zum Unesco-Welterbe.
Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740-1817) hatte das Schloss als Sommerresidenz errichten lassen. Mit geradliniger Architektur war es eine Innovation, anstelle von barocker Üppigkeit, die damals üblich gewesen ist. Zudem ließ er laut Kulturstiftung das Gartenreich als ersten englischen Landschaftsgarten auf dem europäischen Festland anlegen.
Sein Anliegen war es laut Stiftung, in seinem Fürstentum eine Stätte der Bildung und Kultur im Einklang mit der Natur zu schaffen, und diese für jeden Menschen, unabhängig der sozialen Herkunft, frei zugänglich zu machen. Dies sei im 18. Jahrhundert ein Novum gewesen.
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte in Wörlitz (Landkreis Wittenberg), das Schloss stehe wie das gesamte Gartenreich für die Philosophie der Aufklärung, für Toleranz und europäische Geschichte. "Es ist ein Schatz und es war noch nie so schön wie heute", sagte er. Schirmherr des Gebäudes und des Wörlitzer Parks, dem Herzstück des Gartenreichs, ist Prinz Charles. Er war während seines Deutschlandbesuchs 2019 im Gartenreich und pflanzte einen Baum. "Wir haben gemeinsam Tee getrunken. Er war begeistert", sagte Haseloff über den Eindruck des Prinzen vom Gartenreich.
Dazu gehören neben mehreren kleinen Schlössern in unterschiedlicher Architektur kleine Tempel, Brücken, Kanäle für Gondelfahrten und ein künstlicher Vulkan. Bildungsreisen durch Europa, zum Beispiel nach Italien, sollen den Fürsten im 18. Jahrhundert dazu inspiriert haben.
Für die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU), ist das Schloss der Fixstern des Gartenreichs. Auch in Zukunft werde der Bund ein verlässlicher Partner der Kulturstiftung bei der Erhaltung und Pflege des gemeinsamen kulturellen Erbes bleiben, erklärte sie laut Mitteilung.
Nach zwei Jahrzehnten können Besucher nun wieder alle Räume im Schloss sehen. Zu den Besonderheiten gehören Stuckarbeiten, Wandmalereien, Kupferstiche und das Mobiliar. Sogar Waschschüsseln und das Nachtgeschirr gehören zum Interieur. Allerdings sei der Zustand der Räume zu Beginn der Restaurierungsarbeiten laut Kulturstiftung schlecht gewesen, der Zahn der Zeit habe am Schloss genagt. Fast alle Tapeten waren demnach über 130 Jahre alt und hingen - bis auf in zwei Räumen - zu Beginn der Arbeiten nur noch in Fetzen von den Wänden. Allein 50 Restauratoren waren in den vergangenen Jahren vor Ort tätig. Den Hausschwamm aus dem Gebäude zu bekommen habe erheblichen Aufwand verursacht.
Die akribischen restaurierungs- und denkmalpflegerischen Arbeiten von Fachleuten hätten auch deshalb zwei Jahrzehnte gedauert, weil umfangreiche weitere Forschungen zur Geschichte des Hauses und dessen Bauweise erfolgten, sagte die Stiftungsdirektorin.
Für den Ministerpräsidenten ist das Dessau-Wörlitzer Gartenreich auch ein ganz persönlicher Ort. "Heute vor 66 Jahren bin ich mit meiner Mutter, ich im Kinderwagen, zum ersten Mal hier gewesen", sagte er. Die Landschaft sei für ihn ein persönlicher Rückzugsort geblieben.