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Hochwasser und kräftiger Wind schieben Erlenwald ans andere Ufer Schollene: Phänomen der schwimmenden Inseln

Von Andrea Schröder 02.07.2013, 03:22

Schollene l Die Hochwasserkatastrophe im Elbe-Havel-Land hat ein seltenes Naturphänomen ausgelöst. Auf dem Schollener See löste sich am südlichen Ufer ein rund drei Hektar großes Stück Erlenwald. Das hat nicht nur das Aussehen des Sees verändert, sondern auch die Förderung des Heilschlamms Pelose verhindert.

Das kleine Haveldorf Schollene im Norden Sachsen-Anhalts ist bekannt durch die Pelose-Förderung. Seit bald 100 Jahren wird der Heilschlamm dort gefördert. Er dient in der Medizin zur Behandlung von Erkrankungen der Haut und des Bewegungsapparates. Doch seit mittlerweile zwei Wochen ruht die Produktion. Zunächst stand die Halle voll Wasser, die Maschinen waren rechtzeitig hochgestellt worden. Das war nicht das Problem. Allerdings: Eine riesige schwimmende Insel, die sich am südlichen Ufer abgelöst hatte, blockiert den einzigen Zugang der Firma zur Förderanlage im See.

Kleinere Inseln treiben öfter auf dem See

Seit Tagen kämpften Mitarbeiter und Familienangehörige darum, den Kanal wieder freizubekommen, um mit den Booten zur Förderanlage zu gelangen. Dabei kam ein Schwimmwagen aus alten Armeebeständen von einer Tangerhütter Firma zum Einsatz. Damit wurden Stücke aus der Insel herausgerissen, die mit kleineren Booten abgefahren und auf dem See abgelegt wurden.

Am Wochenende sah es noch so aus, als sei das Unterfangen aussichtslos. Zu groß war das Waldstück. Gestern berichtete Firmenbesitzerin Christel Bulling dann aber, dass eine kleine Schneise geschlagen wurde, so dass die Förderung des Heilschlamms wieder beginnen kann. Doch das Problem des Unternehmens ist damit noch nicht aus der Welt.

Das Wasser des vor 12000 Jahren entstandenen Schollener Sees liegt so gut wie still. Auf dem Schlamm bilden sich Schilfrasen- und Erlenwaldgesellschaften. Darauf läuft auch Wild. Dass sich kleine Inseln lösen und wegtreiben, passiert öfter, sagt Bürgermeister Armin Wernicke, zugleich Mitarbeiter der Biosphärenreservatsverwaltung. Nach dem Hochwasser 2006 hatten sich schon einmal größere Inseln gelöst und den Zugang zur Firma versperrt. Die Bundeswehr kam damals zum Einsatz und machte den Kanal wieder frei.

Infolge mehrerer größerer Hochwasser in den vergangenen Jahren waren die Inseln öfter Strömungsdruck ausgesetzt. Durch den sprunghaften Anstieg des Wassers im See infolge des Hochwassers der Havel und der Elbe in den Havelniederungen sowie kräftigen Wind aus Süd-West setzte sich eine große Insel in Bewegung und trieb ans nordöstliche Ufer. Das hat im Übrigen auch den Blick auf den See vom Mühlenberg aus verändert. Wo sonst Wasser zu sehen war, sind jetzt Bäume. Hochwasser hat es im Schollener See, der im Nordosten auch eine Verbindung zur Havel hat, immer gegeben. Allerdings gab es nicht den sprunghaften Anstieg wie er jetzt durch die Polderflutung entsteht.

Die Pelose-Fabrik habe Anfang vergangener Woche einen Hilferuf an den Krisenstab gestartet und für zwei Tage Unterstützung von der Tangerhütter Firma mit dem Panzer bekommen, berichtet Christel Bulling. Dann sei die Hilfe eingestellt worden, weil es keine Erfolgsaussichten gegeben habe. "Wir haben das erstmal auf unsere eigene Kappe genommen und den Schwimmpanzer hierbehalten", so die Firmeninhaberin. Am Freitag setzte Biochemiker Erich Dürrenfeldt, der seit 1974 für die Pelose arbeitet, ein Schreiben unter der Überschrift "Schollene darf nicht sterben" ab. Das erhielt auch Stendals Landrat Carsten Wulfänger, der Leiter des Katastrophenstabes des Landkreises. Am Sonnabend wollte er sich vor Ort das Problem anschauen, traf aber keinen Verantwortlichen an. Auch das für gestern Vormittag vereinbarte Telefonat klappte nicht. "Wir wollen gern helfen und sind bereit, gemeinsam eine Lösung zu finden", sagte er gestern auf Nachfrage der Volksstimme. Er hatte sich die Situation auch schon aus der Luft angeschaut.

Katastrophenstab ist bereit zu helfen

Bürgermeister Armin Wernicke hofft, dass das Problem gelöst werden kann. Schließlich geht es um die Sicherung von zehn Arbeitsplätzen bei Pelose. Zudem stehen auch vor dem Seestrang zur Havel hin Bäume. Langes Aufschieben ist offensichtlich nicht möglich, denn mit dem sinkenden Wasserstand wird das Entfernen der schwimmenden Inseln immer schwieriger.