Bildung ChatGPT und Co: Bislang gibt es keine klaren Regeln für KI an Schulen in Sachsen-Anhalt
Die GEW fordert Hilfen für Lehrer bei der Bewertung von Schülerarbeiten, die mit KI erstellt worden sind. Auf Antrag der FDP debattierte der Landtag darüber.

Magdeburg - Sachsen-Anhalts Lehrergewerkschaft GEW fordert eine baldige Reaktion auf die Verfügbarkeit von Künstlicher Intelligenz wie der Text-Anwendung ChatGPT an Schulen. Der Chat-Bot des US-Unternehmens Open AI kann in kürzester Zeit ganze Arbeiten etwa für Schüler erstellen, ohne, dass erkennbar wäre, wer diese verfasst hat.
„Die Bewertungsfrage ist für Lehrkräfte damit schwierig, sie brauchen etwas an die Hand, wie sie damit umgehen sollen, spätestens zum neuen Schuljahr“, sagte GEW-Chefin Eva Gerth gestern der Volksstimme.
Auf Anfrage hatte das Bildungsministerium von Eva Feußner (CDU) zuvor eingeräumt, dass auch aktuell weiter schriftliche Facharbeiten in die Notenvergabe etwa in der Abiturstufe einfließen – so in Form sogenannter Belegarbeiten.
Dabei sei es aber grundsätzlich Aufgabe der Lehrer, die Eigenleistung von Schülern zu hinterfragen, sagte Sprecherin Josefine Hannig. Das Problem bestehe auch nicht erst seit ChatGPT.
Thomas Gaube, Chef des Landes-Philologenverbands und selbst Schulleiter in Halle, sprach sich für das Festhalten an Belegarbeiten im Abitur trotz ChatGPT aus.
Denn, zum einen seien diese für bestimmte Schüler – darunter Zuwanderer – sinnvoll. Zum anderen würden die Arbeiten über zwei Kurshalbjahre erstellt, von zwei Lehrern und einem Gutachter beurteilt und müssten mündlich verteidigt werden. „Wenn geschummelt wurde, fällt das spätestens da auf.“ Auch Gaube sprach sich aber für ein Umdenken beim Umgang mit häuslichen Schulaufgaben aus: „Klassische Formate, wie ,Schreibe mal einen Essay’ wird es künftig wohl nicht mehr geben.“
Italien hat ChatGPT vorerst verboten
In einer von der FDP beantragten Debatte befasste sich gestern auch der Landtag mit Chancen und Risiken von KI fürs Land. „Eines ist klar, wir brauchen keine Verbote oder pauschale Sperren, sondern überzeugende Konzepte für den Umgang mit KI im Bildungsbereich“, sagte dabei FDP-Politiker Konstantin Pott.
Die Datenschutzbehörde in Rom hatte ChatGPT erst Ende März mit Verweis auf den Daten- und Jugendschutz verboten. Zeitgleich hatten sich in den USA mehr als 1000 IT- und Forschungs-Experten, darunter Tech-Milliardär Elon Musk, für einen KI-Entwicklungsstopp ausgesprochen. Es brauche erst neue Sicherheitsstands, hieß es in einem offenen Brief.
Wie Konstantin Pott betonte auch Landes-Digitalministerin Lydia Hüskens (ebenfalls FDP) gestern im Landtag neben Risiken vor allem die Chancen von KI: „Künstliche Intelligenz kann ein Katalysator für die digitale Transformation der Verwaltung sein“, sagte sie.
Schule Sachsen-Anhalt: Studiengang zur Künstlichen Intelligenz
Die Universität Magdeburg beispielsweise richte in Kooperation mit fünf anderen Hochschulen im Land zum Herbst den deutschlandweit einzigartigen Studiengang „AI Engineering“ mit dem Schwerpunkt Künstliche Intelligenz und Ingenieurwissenschaften ein.
Grünen-Abgeordneter Sebastian Striegel warnte indes: „Der disruptive Charakter der Technologie ist in dieser Debatte überhaupt nicht deutlich geworden.“ Striegel sprach von einem „Epochenbruch“. Viele Fragen seien ungeklärt: angefangen bei Urheberrechten, über die Auswirkungen auf die Bildung bis zur Gefährdung der Demokratie durch von KI verbreitete Propaganda.
Linke-Politiker Hendrik Lange forderte strenge Kontrollen bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz anhand ethischer Grundsätze. In jedem Fall müsse KI transparent und diskriminierungsfrei sein.
Für die Schulen verwies das Bildungsministerium gestern unter anderem auf die Einrichtung einer Denkwerkstatt „Künstliche Intelligenz“ am Landesinstitut für Lehrerbildung (LISA) in Halle. Diese biete Online-Sprechstunden, Informationen und Fortbildungen für Lehrer an.
Beim Umgang mit KI in Schule riet KI-Experte Ingo Siegert derweil zu Gelassenheit: „Eigentlich reichen die bisherigen Regelungen, wie Pflicht der Quellennennung und Eigenständigkeitserklärung aus, um Arbeiten zu bewerten“, sagte der Juniorprofessor an der Universität Magdeburg. „Wichtiger ist, dass Bewertende den Prozess des Erschaffens von Arbeiten begleiten, dann erkennt man sehr gut wie viel Eigenständigkeit drin steckt.“