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Selbstversuch Esoterik ist eine Frage des Glaubens

Esoterik - daran scheiden sich die Geister. Unsere Reporterin hat im Rahmen der Magdeburger Esoterik-Messe den Selbstversuch gewagt.

Von Janette Beck 31.08.2018, 01:01

Magdeburg l „Erfahren Sie, wie Sie ihr seelisches und körperliches Wohlbefinden stärken und einen Ausgleich zum gestressten Alltag schaffen können.“ So verlockend werden die Esoterik- und Naturheiltage in Magdeburg angepriesen. Von Freitag bis Sonntag werden bei Messe für Gesundheit, Geist und Körper über 40 Aussteller ihre Angebote präsentieren und Produkte verkaufen. So weit. So gut. Oder doch so schlecht?

Denn hier scheiden sich die Geister im wahrsten Sinne des Wortes: Für die einen sind hier Spinner, Wichtigtuer oder gar Scharlatane am Werk, für die anderen sind es Heiler, letzter Strohhalm, Lebenshelfer oder Seelenretter. Um herauszufinden, ob es neben Schwarz (Abzocke) und Weiß (wissenschaftliche Beweise und Fakten) auch ein Grau gibt, das einen erfahren, lernen, spekulieren, interpretieren und vielleicht auch ein bisschen an sich selbst zweifeln lässt, wagte sich Volksstimme-Reporterin Janette Beck auf ein ihr völlig unbekanntes Terrain. Denn nur der Versuch macht klug. Am Ende steht die Erkenntnis: Es ist alles nur eine Frage des Glaubens. Wenn's hilft  ...

Soll ich, oder soll ich nicht? Die Frage stand am Anfang eines möglichen Selbstversuches, mir die Karten legen und die Zukunft voraussagen zu lassen. Die Zwiespältigkeit der Gefühle rührten weniger daher, dass ich rationalen Dingen im Leben weitaus näher stehe als irrationalen. Es ist die Angst. Nicht vor der Zukunft, sondern vor dem, was gleich passiert. Vor dem Unbekannten. Vor der Spiritualität meines Gegenübers. Und vielleicht doch auch ein bisschen davor, dass mein Seelenheil Schaden nehmen könnte.

Dass ich eher das Gegenteil vom Prototyp der Klienten bin, die bei ihr Rat holen und sich von ihr den Weg weisen lassen wollen, sage ich Sandra Beier. Die Magdeburgerin zeigt Verständnis: „Ganz ehrlich, ich hatte auch Angst beim ersten Mal.“

Zum Warmwerden erzählt die 42-Jährige, wie sie zum Kartenlegen gekommen ist und ihre eigenen übersinnlichen Fähigkeiten entdeckt hat: „Oftmals ist es so, dass Menschen in Krisensituationen oder Sinnfragen den Weg zum Kartenlegen und Zukunft voraussagen finden.“ Auch bei ihr war das der Fall. Sie hatte mehrere Schicksalsschläge erlebt und kurz hintereinander drei liebe Menschen verloren. „Der Schmerz war groß, und ich habe mich gefragt: Warum gerade ich?“

Das war vor 14 Jahren. Um wenig später beim Selbst-Karten-Legen zu spüren, dass sie aufgrund ihrer Hellfühligkeit und Empathie zu den jeweiligen Karten Informationen und Botschaften empfange: „Anfangs habe ich das nur hin und wieder bei mir selbst gemacht, weil ich nicht wollte, dass mein Umfeld denkt, die hat ne Klatsche.“ Doch weil alles stimmte, was sie in den Karten gesehen habe, öffnete sie sich ihrem Freundeskreis. „Auch da lag ich immer richtig. Also sagte ich mir: bleib dabei, du hast die Fähigkeiten, aus Karten die Zukunft zu deuten und kannst anderen damit helfen“, so die zweifache Mutter, die das Ganze nach wie vor als Hobby betreibt und auf der Messe für das Kartenlegen 20 Euro nimmt.

Diese Hintergründe machen mir meine Entscheidung ja oder nein nicht viel leichter. Ich wähle die Soft-Variante und ziehe aus selbstgemischten Engelskarten die „meine“: Abenteuer. Und nun?

Die Antwort: Sei bereit für das Unerwartete und mache das Beste aus allen Chancen, die sich Dir jetzt bieten! Die himmlischen Helfer raten Dir jetzt, Dich von alten Gewohnheiten und aus eingefahrenen Geleisen zu befreien, in denen Du festgefahren bist. Tue einmal etwas ganz anderes und betrachte das Leben mit ehrfürchtigem Staunen.

Wenn der Weg vor Dir im Dunkel zu liegen scheint, dann erforsche dieses dunkle Terrain! Erforsche alles Neue mutig und voller Begeisterung. Mit dieser Haltung wirst Du Geld und berufliche Chancen magnetisch anziehen. Auch in Dein Beziehungsleben wird mehr Schwung kommen. Na bitte! Damit kann ich doch leben. Jetzt muss ich nur noch dran glauben. Und wenn gar nichts passiert, zweifeln ...

Anja Larbalette. Klingt schon irgendwie ... besonders. Oder nach „nicht von dieser Welt", orakele ich in dem Wissen, dass die Frau neben mir gerade drei Schamanentage voller Rituale, Selbstfindung, Heilung und Krafttanken veranstaltet hat. „Das ist mein bürgerlicher Name“, versichert die 50-Jährige, während sie im Garten Brennnesseln, Melisse und Minze pflückt. Zur Einstimmung bekomme ich einen Tee. „Erntefrisch aufgebrüht ist am besten“, meint die barfuß laufende Frau. Und ich stelle fest, der Tee schmeckt auch ohne Zucker: Herrlich. Natur pur, sozusagen.

Zurück zur Natur und damit zu Kraft und Energie, die in uns stecken – das sind seit 30 Jahren die Herzens-Themen der Rheinländerin. Vor allem ätherische Öle haben es ihr angetan, plaudert sie aus dem Nähkästchen. In der Pharma-Werbung ihr Geld verdienend, kehrte sie vor 20 Jahren ihrem alten Leben den Rücken: „Wenn mich beim Bummeln durch Düsseldorf jemand angerempelt hat, dann kam da kein ,Entschuldigung'. Da war jeder sich selbst der Nächste, das hat mich immer mehr gestört“, lautet die Erklärung der zweifachen Mutter, warum sie und ihr Mann in Biere bei Schönebeck einen Vier-Seiten-Hof gekauft und umgebaut haben. „Im Osten, so meine Erfahrung, ist man noch solidarisch, geht aufeinander zu und hilft sich gegenseitig. Wir sind toll aufgenommen worden.“ In ihrer selbsterschafften Wohlfühloase hat Anja Larbalette zuerst zu sich selbst gefunden, Wissen angereichert und vielfältige Erfahrungen gemacht. Um das alles dann als Gesund-Sein-Coach weiterzugeben: „Ich möchte anderen zu mehr Körperbewusstsein und damit mehr Lebensqualität verhelfen.“

Bei mir sind es die Chakren, um die sie sich kümmern will. Sind die nicht im Einklang, lerne ich, kann die Lebensenergie nicht ungehindert fließen. Der Körper reagiert. Oftmals mit Schmerzen. Bis dato wusste ich noch nicht mal, dass ich ein Chakra habe. Dabei gibt es sieben solcher Energiewirbel im Körper: Wurzel-, Sakral-, Solarplexus-, Herz-, Hals-, Stirn- und Kronenchakra. Sie nehmen Schwingungen von außen auf und sind jeweils mit einer wichtige Drüse im Körper verbunden. Ach was?!

Welches Chakra blockiert ist und wieder in Einklang gebracht wird, erfahre ich bei einer 20-minütigen Behandlung. Ähnliches bietet Anja Larbalette auf der Messe an. Für 25 Euro.

Bevor meine inneren Energien zum Fließen gebracht werden, müssen erst die äußeren, sprich meine Aura, harmonisch gestimmt werden. Mittels eines ätherischen Öls, Gong und Klangschale. Augen zu! Schnuppern. „Leichtigkeit einatmen, ausatmen, loslassen!“, wird mir geheißen. Ich fühle mich entspannt. Und bereit für die Seelenmassage auf einer Liege. Anja Larbalette kann als feinfühliger, spiritueller Mensch die Energie-Wirbel der Chakren spüren. Sagt sie, macht sich an die Arbeit und kreist mit den Händen über meinen Körper hinweg, ohne ihn zu berühren. Zum Lösen der blockierten Chakren (Herz und Hals) nutzt sie bestimmte Öle. Und kreisen. Und kreisen  ...

Hinterher fühle ich mich genauso wie vorher. Ich nehme aber mit, dass die Lehren aus den Chakren Liebe, Sprechen und Gehörtwerden sind. Klingt irgendwie ... einleuchtend. Jetzt muss ich nur noch was draus machen.