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Frohe Botschaft So schlimm ist es gar nicht

Warum die frohe Botschaft nur zu Weihnachten schlechte Nachrichten verdrängt.

Von Alois Kösters 24.12.2018, 00:01

Magdeburg l Jeder Medienmacher weiß das: Mit guten Nachrichten ist es wie mit Bio-Eiern vom Ökohof. Jeder will sie, aber keiner ist bereit, dafür zu zahlen. Die gute Nachricht, dass unsere Umweltministerin Claudia Dalbert fast 20 Millionen Euro an Landwirte zahlen kann, die unter Dürre gelitten haben, geht unter. Der dröhnende Protest der Landwirte gegen „Natura 2000“- Auflagen wird gehört.

Die frohe Botschaft, dass das Innenministerium die Sportstätten des Landes zusätzlich fördert, nimmt der Leser achselzuckend hin. Aber da dröhnt schon wieder „Big Bad News“: 31 Milliarden Euro! So hoch ist angeblich der Sanierungsstau an allen deutschen Sportstätten. „Es wird schon jetzt schwierig, den Trainingsbetrieb abzudecken“, warnt DHB-Präsident Andreas Michelmann aus Aschersleben. Und selbst die vielen Millionen Leser, die täglich in ordentlichen Hallen Sport treiben, glauben, dass es schlimm steht um den deutschen Hallensport.

Nach allen Daten, die wir haben, wird die Welt immer besser (siehe auch https://ourworldindata.org). Vor 50 Jahren waren Zweidrittel der Weltbevölkerung existenzbedrohend arm. Heute „nur“ noch zehn Prozent. Die Kindersterblichkeit hat sich seit 1990 halbiert. Das Ozonloch schließt sich wieder, in Deutschland sind die Flüsse sauber, der Wald ist nicht gestorben. Nie vorher waren die Menschen reicher, gesünder, gebildeter.

Verschiedene Studien zeigen: Noch nie seit der Wende waren die Deutschen in Ost und West so zufrieden wie heute. Jugendliche rauchen und trinken weniger als früher. Trotzdem wird es wie immer, immer schlimmer. „Immer mehr Jugendliche sind psychisch krank“, heißt es in der Überschrift. Jeder vierte 13- bis 18-Jährige leidet unter stressbedingter Müdigkeit. Aha! Müdigkeit. Liegt es daran, dass unser Sensorium für schlechte Nachrichten so fein geworden ist, dass wirklich jeder nicht ganz gefüllte Becher Alarm auslöst?

Und ist es nicht generell so, dass Warner und Mahner als klug und weitsichtig gelten, während der Optimist bestenfalls ein schlichtes Gemüt, schlimmstenfalls ein leichtfertiger Gesell oder Lügner ist?

Nie vorher gab es in Deutschland so viele institutionalisierte Warner: Umwelt-, Interessen- und Wohlfahrtsverbände, Initiativen und Institute schicken täglich ihre Warnmeldungen heraus. Nie seit Erfindung des Holzofens haben wir so wenig Stickoxid eingeatmet. Trotzdem ist uns ganz schlecht.

Hinzu kommen die „Berufsbesorgten“: Wer als Wissenschaftler gehört werden will, muss schlechte Nachrichten verbreiten. Wer mehr Sozialarbeiter will, muss mehr Elend herbeireden. Es wird immer schlimmer.

Zu ihnen haben sich die Populisten gesellt. Die aggressiven Vereinfacher und Prediger des Weltuntergangs: „Deutschland schafft sich ab“.

„Immerschlimmerismus“ nennt das der Zukunftsforscher Mathias Horx. Die gute Nachricht muss schon verdammt gut verpackt werden, damit sie auch ankommt. Sie muss so plausibel und lebensnah sein, dass niemand an ihrem Gehalt zweifelt. Und sie muss mit den Sehnsüchten und Hoffnungen der Menschen zu tun haben.

Es ist ein glücklicher Zufall, dass sich fast die ganze Welt darauf geeinigt hat, eine einzige gute Nachricht so himmelschreiend gut zu verpacken, dass sie nie mehr vergessen wird.

Das begab sich zu der Zeit, als ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Eine verdammt miese Zeit war das. 30 Prozent der Neugeborenen überlebten ihr erstes Jahr nicht. Und eine schwangere Frau musste über 100 Kilometer von Nazareth nach Jerusalem laufen, nur damit ein irrer Gewaltherrscher den Bürokraten in Rom Bevölkerungszahlen liefern konnte. Terror und Gewalt herrschten. Man war auf keiner Straße sicher. Selbst vor den Hirten mussten Reisende sich hüten.

Und ausgerechnet sie bekamen die Nachricht: Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volke widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren. Sie wollten Beweise und kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in einer Krippe liegen. Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und von diesem Tag an verdrängt für eine kurze Zeit die frohe Botschaft alle schlechten Nachrichten dieser Welt. Auch auf dieser Seite.

So schlimm ist es gar nicht. Frohe Weihnachten!