1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Steigende Spritpreise locken Langfinger an

Deutlich mehr Kraftstoffdiebstähle in Sachsen-Anhalt Steigende Spritpreise locken Langfinger an

Von Andreas Stein 21.05.2012, 05:26

2011 haben Diebe im nördlichen Sachsen-Anhalt beinahe doppelt so oft Diesel und Benzin gestohlen wie im Vorjahr. Auch in diesem Jahr verzeichnet die Polizei bereits zahlreiche Fälle.

Magdeburg l Die Schläuche, die von einem Auto zu einem T4-Bus der Marke VW führten, kamen der Polizeistreife des Reviers Salzwedel gleich verdächtig vor. Die Polizeibeamten staunten jedoch nicht schlecht, als sie den Bus näher untersuchten.

In dem T4 mit abgedunkelten Scheiben waren die Rücksitze ausgebaut, stattdessen stand ein 1000-Liter-Tank auf einer Holzpalette. Der Fahrer war geflüchtet und hatte Wagen und Technik, darunter eine batteriebetriebene Pumpe, zurückgelassen.

Ein aufwändiger Umbau durch den Spritdieb, doch die Mühe lohnt sich offenbar: In weiten Teilen des mittleren und nördlichen Sachsen-Anhalt sind die Fallzahlen der Diebstähle von Super und Diesel 2011 in die Höhe geschnellt, haben sich in manchen Revieren sogar mehr als verdoppelt. Allein im Bereich der Polizeidirektion Nord ist die Zahl der Diebstähle gegenüber 2010 um rund 60 Prozent auf 1181 Fälle gestiegen (siehe Grafik). Schaden 2011: 900000 Euro, ein Plus von 26 Prozent.

"Im 1. Quartal 2012 wurden 334 Diebstähle erfasst, so dass sich der Trend aus dem Jahr 2011 wohl auch in diesem Jahr fortsetzen wird", sagt Kommissarin Tina Beck von der PD Nord. Dabei liege die Vermutung nahe, dass der Anstieg der Fallzahlen mit der stetigen Erhöhung der Kraftstoffpreise im Zusammenhang stehe. Ähnlich sieht es im Bereich der Polizeidirektion Ost aus.

Die Täter gehen beim Spritklau immer gleich vor: Zumeist fahren sie mit einem Transportfahrzeug zum Tatort und verwenden Tanks in den Größen 500 bis 1000 Liter, die auf Anhängern oder Ladefläche verbaut werden. Zum Teil würden die Tanks auch verdeckt als doppelter Boden unter der Ladefläche angebracht, andere Diebe nutzten kleinere Kanister. Mit Gewalt hebeln oder bohren die Täter die Tankverschlüsse auf und pumpen den Kraftstoff mit Hilfe einer batteriebetriebenen oder manuellen Ansaugpumpe und Schläuchen ab.

Ziel der Spritdiebe sind meist Lastwagen und Baumaschinen, aber auch Autos und Tankanlagen, die oft auf Firmengeländen, zum Beispiel von Fuhrunternehmen, stehen. Lohnend für die Gauner ist auch das gleichzeitige Leerpumpen der Tanks mehrerer Fahrzeuge, die auf Baustellen oder Fuhrparks nahe beieinanderstehen.

Beamte der Autobahnpolizei berichten von Fällen, in denen nachts auf Rastplätzen während der Ruhezeiten der Sprit direkt von einem zum anderen Lkw gepumpt wurde, wobei ein dritter Laster den Tatort abschirmte. Laut Polizei sei nicht auszuschließen, dass Lkw-Fahrer den Kraftstoff günstig verkaufen und anschließend Anzeige wegen Diebstahls erstatten.

"Der Diebstahl von Kraftstoffen lässt sich nicht endgültig verhindern - aber erschweren", sagt Roland Neumann, Hauptkommissar im Dezernat für Prävention der PD Nord. Bei vielen Baumaschinen oder Lkw würden die Tankdeckel durch die Nutzer nicht mehr verschlossen, um ein gewaltsames Aufbrechen zu verhindern und so den Schaden zu minimieren.