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Magdeburger Jugendamt erstattete Anzeige - Pflegeerlaubnis gilt weiter Tagesmütter sollen Kinder gequält haben

Von Robert Richter 18.10.2012, 03:17

Mit "liebevoller Kinderbetreuung" werben sie am Eingang des Gründerzeithauses in der Altstadt, doch inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen zwei Magdeburger Tagesmütter. Die beiden Frauen, Mutter und Tochter, sollen Schützlinge misshandelt haben.

Magdeburg l Drei ehemalige Aushilfsmitarbeiterinnen der Tagespflegestelle hatten schwere Vorwürfe gegen die Tagesmütter erhoben. Unter anderem sollen sie Kleinkindern durchnässte Windeln ins Gesicht gedrückt und sie gezwungen haben, Erbrochenes zu essen. "Das Jugendamt hat bereits Ende 2011 die Pflegeerlaubnis entzogen, alle dort untergebrachten Kinder sofort in Kitas vermittelt und Anzeige erstattet", sagte Magdeburgs Sozialbeigeorndeter Hans-Werner Brüning (Die Linke) gestern auf Volksstimme-Anfrage.

Die Staatsanwaltschaft Magdeburg ermittelt nach Aussage von Sprecher Uwe Hornburg derzeit wegen des Verdachts der Misshandlung von Schutzbefohlenen und Körperverletzung. Nähere Angaben machte Hornburg aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht.

Dennoch sollen zuletzt noch zwei Kinder in der betreffenden Einrichtung betreut worden sein. "Die Tagespflegemütter konnten im Eilantragsverfahren vor dem Verwaltungsgericht eine aufschiebende Wirkung des Entzugs der Pflegeerlaubnis erreichen", erklärte Brüning. Bis zu einem möglichen Gerichtsverfahren bleibe es rechtlich bei diesem Stand. "Die Einrichtung wird aber nicht mehr mit öffentlichen Mitteln gefördert, und das Jugendamt vermittelt keine Kinder mehr dorthin", so der Beigeordnete. "Nach Kenntnis des Jugendamtes hat eine Mutter, im Wissen um die Vorwürfe, ihr Kind dort weiterhin betreuen lassen. Wir können gegen eine solche private Betreuung nur vorgehen, wenn eine erneute Kindeswohlgefährdung bekannt wird", sagte Brüning.

Das Jugendamt kontrolliere dennoch weiterhin die Einrichtung, um seiner Aufsichtsfunktion gerecht zu werden. Die beschuldigten Tagesmütter waren gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Mit Entsetzen reagierte Juliana Gloeckner vom Verein "Kindertagespflege Magdeburg" auf die Vorwürfe gegen die Kolleginnen. "Eines unserer Hauptanliegen ist es, das ohnehin nicht so gute Bild der Tagespflege in der Öffentlichkeit zu verbessern", erklärte Gloeckner. "Wir machen uns für eine bessere Aus- und Fortbildung stark."

Das Sozialministerium betonte, es dürften nicht alle Tagesmütter unter Generalverdacht gestellt werden. Eltern sollten aber gerade in den kleinen Tagespflegestellen "genau hinschauen und hinhören", so ein Sprecher. Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) sagte: "Im neuen Kinderfördergesetz soll festgelegt werden, dass Tagesmütter immer mit einer Kindertagesstätte zusammenarbeiten und dort auch weitergebildet werden müssen."

Für eine Zulassung für die Betreuung von jeweils bis zu fünf Kindern müssen Tagesmütter, auch ohne pädagogische Vorbildung einen 160 Stunden umfassenden Kurs abschließen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kritisiert dies als "völlig unzureichend".

In Sachsen-Anhalt betreuen laut Ministerium 133 Tagesmütter aktuell 583 Kinder, Tendenz steigend.