Hilfsprogramm Marode und unterfördert? Warum viele Freibäder in Sachsen-Anhalt kaum Geld erhalten
Viele Schwimmbäder in Sachsen-Anhalt ächzen unter den hohen Betriebskosten. Fallen dann noch nötige Reparaturarbeiten an, wird es schnell eng und der Badespaß könnte für Schwimmbegeisterte ein jähes Ende finden. Doch Hilfe naht vom Land. Allerdings unter Bedingungen, die viele marode Bäder im Land nicht erfüllen können, wie ein Blick in den Harz zeigt.

Wernigerode/Halberstadt/Halle/Magdeburg - Das Land Sachsen-Anhalt hat offenbar die Hilferufe aus den über einhundert Freibädern des Landes erhört. Mit einer maximalen Fördersumme von 50.000 Euro kann jedes Schwimmbad rechnen, das die Voraussetzungen für die Zuwendung erfüllt. Ein Knackpunkt. Denn die Vorgaben für die Vergabe sind so eng gefasst, dass wohl nur wenige Bäder vom Fördertopf des Landes profitieren können. Das deutet eine Umfrage in den Gemeinden im Harz an.
"Es ist erfrischend, dass in vielen Städten und Gemeinden in Sachsen-Anhalt die Freibäder zum Schwimmen und Baden einladen", freute sich Kommunal- und Sportministerin Tamara Zieschang noch vor einer Woche über das neu aufgelegte Programm. "Mit dem neuen Sonderprogramm trägt das Land jetzt einen Teil dazu bei, dass die kommunalen Freibäder ertüchtigt werden können."
Finanzielle Hilfe für Schwimmbäder rar gesädt
Tatsächlich ist die in Aussicht gestellte Fördersumme fast überall ein Thema, wie die Antworten der Verantwortlichen und Bürgermeister auf eine Nachfrage der Volksstimme zeigen. Schließlich könnte das Geld Abhilfe etwa bei maroden Folien, Pflastern und Pumpen schaffen und die Lebensdauer der Freibäder drastisch erhöhen. Erst vor kurzem suchten beispielsweise einige Schwimmbäder in der Region Huy händeringend nach Spendern.
Neben den überall stark gestiegenen Betriebskosten, machte etwa die defekte Beckenfolie beim Freibad in Dedeleben Probleme. In Eilenstedt hat der Verein, der das dortige Schwimmbad finanziell stark unterstützt, mit einer kaputten Pumpe zu kämpfen. Kleinere und größere Reparaturen würden immer mal wieder fällig, heißt es daher unisono von Seiten der Freibadbetreiber. Doch Hilfe ist rar gesädt und mühevoll zu erhalten. "Wir kämpfen um jeden Euro", erklärt Christian Wenig, Vorstand vom Förderverein des Freibads Dedeleben. Ob das Geld vom Land helfen würde? "Einhundert Prozent! Aber da gehen wir direkt wieder leer aus."
Viele Bedingungen an Freibäder
Der Grund für die Verstimmung Wenigs liegt in den Kriterien für die Vergabe der Fördersumme. Das "Sonderprogramm Schwimmbadförderung 2022" des Landes Sachsen-Anhalt sieht lediglich eine Unterstützung von Gemeinden, Gemeindeverbänden und kommunalen Unternehmen vor, an denen die Kommunen zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind. Dies betrifft nach Zahlen des Deutschen Städtebundes aus dem Jahr 2001 etwa 72 Prozent der damaligen Bäder im Osten Deutschlands. Zugleich können nur 80 Prozent der Ausgaben mit höchstens 50.000 Euro pro Freibad bezuschusst werden.
Zu dem förderfähigen Maßnahmenkatalog, den das Land der Geldvergabe zu Grunde legt, gehört zudem ein klar umrissener Bereich. So gehört zu den möglichen Arbeiten, die bezuschusst werden können die "Sanierung von Freibädern, insbesondere der Schwimmbecken, Umlaufbereiche, Sanitäreinrichtungen, Umkleidebereiche, Wasseraufbereitungsanlagen, Filteranlagen, Sprungtürme, einfache Rutschen, Steganlagen und Startblöcke." Maßnahmen zur Modernisierung von Freibädern, insbesondere durch energiesparende Maßnahmen und umweltschonende Technologien, sollen ebenso gefördert werden wie nutzerorientierte Maßnahmen wie Umbauten für den Behinderten- und Rehabilitationssport.
Fehlende Eigenmittel verhindern Förderung
All dies trifft auf die maroden Freibäder im Harz zu. Ihre Betreiber beklagen mal kleinere, mal größere Mängel. Und haben die Fördermöglichkeit durchs Land umgehend geprüft. Mit ernüchterndem Ergebnis, wie eine Umfrage der Volksstimme zeigt. So prüfen derzeit etwa die Stadt Wernigerode und die Gemeinde Huy, ob sich eine Bewerbung um das Fördergeld lohnt. Allerdings sei die Unterstützung vom Land "nur ein Tropfen auf den heißen Stein", wie Ronald Fiebelkorn, Bürgermeister der Stadt Oberharz am Brocken, glaubt.
Auch für ihn hörte sich zunächst "das Ganze gut an". Als finanzschwache Kommune könnte Oberharz aber nur Kleinstbeträge für die zugehörigen Schwimmbäder erübrigen. "Vielleicht können wir das Geld für Sprungbretter oder etwas in der Art verwenden", denkt Fiebelkorn laut. Denn: Schon bei größeren Investitionen wie einer Steganlage müssten bereits 70.000 oder 80.000 Euro aufgebracht werden. Bereits der zu entrichtende Eigenanteil würde daher größere und wichtigere Anschaffungen von den Landesmitteln unterbinden.
Geld vom Land Sachsen-Anhalt kommt zu spät
Überhaupt müsste das Geld von den Kommunen auch fristgerecht bereitgestellt werden können. Denn die Anträge sollen bis zum 22. Juli beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt eingegangen, die Vorhaben selbst bis Ende des laufenden Jahres beendet sein. Dies beklagt auch Christian Mokosch von der Nosa GmbH, die für das Freizeit- und Sportzentrum Halberstadt verantwortlich zeichnet. "Es wirkt ein bisschen, wie mit der heißen Nadel gestrickt. Der laufenden Freibadsaison hilft es in jedem Fall nicht weiter."
Zu kurzfristig sei die Ausschreibung für die aktuellen Wirtschaftspläne der Kommune gekommen. "Das müsste dann in die Pläne fürs nächste Jahr eingepasst werden", gibt sich der Nosa-Geschäftsführer resigniert. "Bei Kommunen ist es meist schwer, auf kurze Sicht Gelder freizubekommen." Nötig indes sei das Geld vom Land aber schon. Schließlich gebe es im Schwimmbad immer etwas zu tun und die Betriebskosten seien derart in die Höhe geschnellt, dass etwa kaputte Pumpen schnell ein Problem darstellen könnten.
Gelder der Kommunen werden zu langsam frei
Auch in Wernigerode glaubt Rüdiger Dorff, Dezernent für Bäder in der Kommune, nicht, dass mögliche Vorhaben rechtzeitig umgesetzt werden können. Der Pferdefuß auch hier: die Eigenbeteiligung der Stadt an den geplanten Maßnahmen. "Es könnte schwierig werden, das Geld rechtzeitig zur Verfügung stellen zu können", erklärt er. Dabei befinde er sich in der günstigen Position, dass "beide Bäder der Kommune sicher und stabil laufen." Alle Reparaturarbeiten würden außerhalb der Saison durchgeführt und sind damit für das laufende Jahr bereits abgeschlossen.
"Fördermittel machen keinen Spaß, sage ich Ihnen." Dagmar Kamp von der Stadt Blankenburg winkt ab bei der Nachfrage, ob sie die Gelder des Landes für die zugeordneten kommunalen Bäder beantragen werde. Zwar habe das Bad in Derenburg eine neue Pflasterung dringend nötig und im Biobad Blankenburg sei nicht nur die Beckenfolie marode, sondern auch eine Ausbesserung des Betons vonnöten. Doch: "Bis ich die Maßnahme durch die Verwaltung bekommen habe, dauert es noch Monate." Zu spät für die knappe Bewerbungsfrist des Landes.
Lange Wege in der Verwaltung als Pferdefuß
Erst müsse eine mögliche Ausschreibung durch den Stadtrat bewilligt werden, dann formuliert und veröffentlicht. Im Anschluss müssten sich Firmen bewerben und eine Auswahl getroffen werden. Schlussendlich seien die Arbeiten noch bis Jahresende abzuschließen. "Das ist beinahe unmöglich", so Kamp. Im November, da wäre es denkbar gewesen. Denn dann hätte sie die Reparaturen in den neuen Jahreswirtschaftsplan aufnehmen können. "Aber so wie jetzt geht das nicht. Und dann heißt es wahrscheinlich zu guter Letzt auch noch, dass die Fördermittel des Landes nicht abgerufen werden", macht sich die Betriebsleiterin des Blankenburger Tourismusbetriebs Luft. "Da muss man sich doch mal fragen, warum das so ist."
Diese Probleme wünscht sich Christian Wenig vom Förderverein des Freibads Dedeleben geradezu. Um die Schließung des Freibads zu verhindern, habe sich dereinst ein Verein gegründet. Das heißt: Da die Kommune sich nicht an den Kosten des Bades beteilige, gehe das Freibad "wie fast immer" auch bei der Landesförderung leer aus. Das habe bislang "arge Probleme" bereitet, die nur knapp mit Hilfe von Vereinsmitgliedern und der Unterstützung Dritter gelöst werden konnten. Doch nun sehe es düster aus.
Sportförderung fällt ebenfalls aus
Die stetige Steigerung der Betriebskosten in diesem Jahr tue ihr üriges dazu, um den ohnehin eng geschnürten Gürtel nochmal fester zu zurren. Ob die Sportförderung eine Alternative sei? "Wovon sollen wir die Sportbund-Beiträge bezahlen?" Die Probleme, die sich bei der Förderung der Freibäder auftun würden, so Wenig, würden aber keineswegs nur die Politik und Wirtschaft angehen. Immerhin sei die Bedeutung der Bäder ganz essentiell für die Menschen im Land.
"Nur in Freibädern mit Schwimmkursen lernen sie sich sicher im Wasser zu bewegen und vor dem Ertrinken zu bewahren." Der Erhalt kommunaler, aber auch freier Bäder sei deswegen eine grundsätzliche Aufgabe der Gesellschaft und müsse gefördert werden.