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Tourismusprojekt So will Schierke Sommergäste locken

Mit kulturellen und sportlichen Attraktionen sollen Touristen in Schierke bald ganzjährlich abwechslungsreiche Angebote finden.

Von Julia Bruns 15.06.2016, 01:01

Wernigerode/Schierke l Bäuchlings, an einer überdimensionalen Eule hängend gleiten die Touristen 400 Meter im Sausetempo über die Harzer Landschaft bergab. Noch ist der „Skyglider“ nur ferne Zukunftsmusik. Geht es nach Gerhard Bürger, könnten dieses und weitere Angebote schon bald Realität in Schierke werden und den Brockenort zumindest im Sommer aus seinem Märchenschlaf reißen.

Bürger ist der Hauptgeldgeber in einer Investorengruppe, die ein Erlebnisgebiet auf dem Kleinen Winterberg zwischen Schierke und dem niedersächsischen Braunlage realisieren will. Lange hatte der Stadtrat in Wernigerode auf ein Ganzjahreskonzept abseits des bisher geplanten Skizirkus‘ gedrängt. Nun war es so weit: Im Auftrag des Hildesheimer Unternehmers wurde dem Ausschuss des Wernigeröder Stadtrates für die Ortsentwicklung Schierkes ein erster grober Entwurf vorgelegt.

Rund um den geplanten Speichersee an der Mittelstation der Seilbahn sollen ab Herbst 2017 mehrere Attraktionen entstehen. So ist ein Holz- und Wasserspielplatz unter dem Titel „Mimikry“ vorgesehen. Ein Aussichtsturm mit Hochseilgarten und Riesenrutsche, die „Winterberger Kletterwelt und Harzblick“, verspricht Unterhaltung für sportive Touristen.

Leitmotiv des Erlebnisgebietes ist der Luchs. So ist auch die Hauptattraktion das Luchs-Universum, genannt „Nocturnalium“.

In der künstlich geschaffenen Höhlenwelt können Besucher auf 450 Quadratmetern dem Luchs auf mehreren Etappen nachspüren. Entwickelt hat das Konzept die bayerische Marketingexpertin Silvia Schlecht. Sie ist erfahren im Konzipieren von Bergerlebnissen, hat unter anderem den Besucherrundgang auf dem Jungfraujoch in der Schweiz geschaffen. Zielgruppe in Schierke sind laut Schlecht Frauen und Männer im gehobenen Alter sowie bewegungsliebende Kulturtouristen. Die Pläne seien mit dem Nationalpark Harz abgestimmt. „Wir waren beim Investor eingeladen und wurden über das Konzept in Kenntnis gesetzt“, bestätigt Nationalpark-Sprecher Friedhart Knolle. Eine konkrete Abstimmung, wie sie zwischen zwei Behörden erfolge, sei nicht erfolgt, sagt Knolle: „Beide Seiten haben sich aber bemüht, konstruktiv und fair miteinander umzugehen.“

Es sei eine gute Idee, mit der Tier- und Pflanzenwelt des Harzes zu spielen, sagt Carola Schmidt vom Harzer Tourismus Verband (HTV). Skeptisch registriert sie, dass der Luchs abermals als Werbefigur herhalten soll. „Bad Harzburg hat sich den Luchs bereits auf die Fahne geschrieben. Es ist nicht dramatisch, dass das Thema in Schierke aufgegriffen wird, es liegt schließlich nahe. Aber vielleicht könnte man das Motiv etwas weiter spannen“, regt die HTV-Vorsitzende an. Unbedingt sollten die Namen der Attraktionen überdacht werden: „Nocturnalium“ und „Mimikry“ seien zu kompliziert. „Die Ideen überzeugen und machen schon jetzt Lust auf mehr“, ist Wernigerodes Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) überzeugt. Für seine rechte Hand Andreas Meling ist das Konzept „schlüssig und auf den Punkt“. Seit Jahresbeginn leitet der 37-Jährige das Projektteam für die Entwicklung des Wernigeröder Ortsteils. Ihm gefällt besonders der Bildungsanspruch der Projekte.

Gunter Karste vom Naturschutzbund (NABU), Kreisverband Harz, kennt die Ganzjahrespläne bisher nicht en detail. „Uns als Träger öffentlicher Belange liegen noch keine Unterlagen vor“, so der Kreisverbandsvorsitzende. Seiner Meinung nach ist das Alleinstellungsmerkmal Schierkes die Ursprünglichkeit des Ortes.

Ob der „Skyglider“, die wohl abenteuerlichste Attraktion, realisiert wird, hängt laut Silvia Schlecht von der Abstimmung mit dem angrenzenden Niedersachsen und dem Nationalpark ab. So liegt das Loipenhaus keine 100 Meter von der Nationalpark-Schutzzone entfernt.

Das Erlebnisgebiet in Zusammenarbeit zwischen privater und öffentlicher Hand entstehen. Die Winterberg-Schierke GmbH, zu der neben Gerhard Bürger (70 Prozent), die Lüder-Gruppe (25 Prozent) und der Wernigeröder Unternehmer Clemens Aulich (5 Prozent) gehören, investiert vor allem in eine Seilbahn für rund 8,6 Millionen Euro, während sich die Wernigeröder Stadtverwaltung für Erschließung und Infrastruktur des Skigebietes verantwortlich zeichnet. Dazu zählen ein Speichersee für rund 1,7 Millionen Euro, die Beschneiungsanlagen und der Bau der Abfahrtspisten. Die dafür veranschlagten 9,9 Millionen Euro will das Land mit 90 Prozent fördern.

Für sieben Millionen Euro entsteht derzeit eine Multifunktionsarena. Das Land übernimmt zwei Drittel der Kosten.