1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Mit der Dürre kommt die Mäuseplage

Trockenheit Mit der Dürre kommt die Mäuseplage

Sachsen-Anhalt erlebt den dritten Dürre-Sommer in Folge. Die Bauern klagen über eine wetterbedingte Mäuseplage.

Von Jens Schmidt 13.08.2020, 01:01

Magdeburg l Auch im Sommer 2020 regnet es zu wenig. Im Juli fiel knapp die Hälfte des Üblichen und im August hält sich eine außergewöhnlich lange 30-Grad-Periode. Die Bodenkarten zeigen, dass in den oberen 25 Zentimeter so gut wie kein Wasser für Pflanzen verfügbar ist. Das Grundwasser ist abgesackt, an etlichen Brunnen steht es einen Meter tiefer als normal. Für Freitag und Sonnabend erwarten die Wetterdienste zwar einige Gewitter und Regengüsse; „doch danach geht es hochsommerlich weiter“, sagt Anja Juckeland vom Deutschen Wetterdienst in Leipzig. In der Wärme wird die Feuchtigkeit schnell verdunsten.

Die Bauern fahren die dritte schlechte Ernte in Folge ein. Die Mengen sind zwar besser als 2018, doch noch immer fast 20 Prozent vom Üblichen entfernt. Beispiel Weizen: Im Landesmittel werden 76,5 Dezitonnen (also gut siebeneinhalb Tonnen) je Hektar erwartet – dieses Jahr sind es 63,2. Ähnlich sieht es bei Roggen, Gerste und Raps aus.

Zudem werden die Bauern vor allem im Süden des Landes von einer Mäuseplage genervt. Nach einem milden Winter konnten sich die Tiere bestens vermehren. Nun haben auch die Nager Durst, und da kein Wasser im Boden ist, knabbern sie Zuckerrüben und Kartoffeln an, um an Feuchtigkeit zu kommen. „Wir befürchten hohe Schäden“, sagt Olaf Feuerborn, Präsident des Landesbauernverbandes. Köder auslegen dürfen Sachsen-Anhalts Landwirte nur von November bis März. So soll verhindert werden, dass versehentlich die geschützten Hamster zu Schaden kommen. Jetzt hat der Verband beim Bundesagrarministerium beantragt, die Feldmäuse doch schon ab September bekämpfen zu dürfen.

Seit Anfang Juli dürfen Bauern kein Wasser mehr aus Flüssen und Seen nehmen. Nur Brunnenwasser ist erlaubt. Um den Boden zu schützen, lassen Landwirte daher nach der Ernte Pflanzenreste auf den Äckern liegen. „Das dient der Humusbildung und hilft gegen die Dürre, lockt aber Mäuse an“, beschreibt Feuerborn das Dilemma.

In den Wäldern haben Hitze und Trockenheit die Waldbrandgefahr deutlich verschärft. In Altmark, nördlicher Börde, Jerichower und dem Raum Wittenberg gilt bereits die höchste Gefahrenstufe 5, im Rest des Landes Stufe 4.

Ab Stufe 4 dürfen öffentliche Straßen und Waldwege nicht verlassen werden. Ab Stufe 5 können Forstbehörden Wälder sogar komplett sperren.

Die Bäume leiden massiv unter der Trockenheit in den tiefen Bodenschichten. „Bei uns sterben inzwischen viele Altkiefern ab“, sagt Peter Sültmann, Chef des Betreuungsforstamtes Elbe-Havel-Winkel in Genthin. Das Amt betreut rund 32 000 Hektar Forst, vor allem Privat- und Kommunalwald.

Zwar gab es in diesem Frühjahr bis März mehr Niederschlag als in den Dürrejahren 2018 und 2019, sagt Sültmann. Das reichte aber nur für die Durchfeuchtung der oberen 20 Zentimeter. Darunter sei der Boden weiter knochentrocken. Vor allem an Süd- und Westrändern von Wäldern verkrafteten Kiefern die Dürre nicht mehr.

So schlimm wie in den Fichtenbeständen des Harzes ist die Lage noch nicht. Im Harz sterben derzeit – beschleunigt durch den Borkenkäfer – Tausende Hektar Fichtenbestände ab. Von den heute noch anzutreffenden Kiefer-Reinbeständen im Landesnorden werde man sich aber verabschieden müssen, sagt Sültmann. „Am Umbau der Wälder führt kein Weg vorbei.“

Trockenheitsresistentere Arten, wie Eiche, Roteiche, Linde, Birke und Hainbuche werden sich künftig mit der Kiefer abwechseln müssen, so Sültmann. Etliche Landkreise in Deutschland haben unterdessen ein Rasen-Gießverbot für die Hobbygärtner ausgesprochen, so etwa Osnabrück und Potsdam. In Sachsen-Anhalt ist die Lage in den meisten Regionen Dank der großen Reserven in der Rappbodetalsperre noch entspannt. Im weit entfernten Salzwedel gilt das nicht: die Stadt hat es jetzt untersagt, Rasen zu sprengen.

In Magdeburg wurde jetzt das Grillen auf öffentlichen Plätzen verboten.

Die heißen Sommer dürften künftig eher die Regel werden. Das zeigt das Wetterarchiv des Deutschen Wetterdienstes. In Sachsen-Anhalt lag die Sommer-Mitteltemperatur (alle Tages- und Nachtwerte von Juni bis August) zwischen 1961 und 1990 bei 16,9 Grad. Im Zeitraum von 1991 bis jetzt sind es schon 18,2 Grad.