1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. 48 Brücken in Sachsen-Anhalt sind marode

Verkehrssicherheit 48 Brücken in Sachsen-Anhalt sind marode

205 der 2000 Straßenbrücken in Sachsen-Anhalt sind in einem problematischen Zustand. Der Reparaturstau ist auf 100 Millionen Euro gewachsen.

Von Jens Schmidt 16.08.2018, 01:01

Magdeburg l Nach der Katastrophe in Genua schauen viele mit bangem Blick auch auf Sachsen-Anhalts Bauwerke. Denn fast jede zehnte Brücke an Landes- und Bundesstraßen gilt laut Verkehrsministerium als „problematisch“. Hinzu kommen viele betagte Übergänge in den Gemeinden.

Doch die Landesstraßenbaubehörde gibt Entwarnung: Reparaturbedürftig bedeute nicht einsturzgefährdet. „Eine Brücke stürzt nicht von einem Tag zum anderen einfach mal so ein“, sagt Lars Heinz. Er ist Sachsen-Anhalts oberster Brücken-Chef. „Bevor das passiert, gibt es viele Warnzeichen.“ Die würden bei Prüfungen erkannt. „Und wir prüfen regelmäßig“, sagt Heinz. Das sei in Deutschland normiert und in der DIN 1076 festgelegt.

Infografik: So steht es um die deutschen Brücken | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

Zweimal im Jahr muss jede Straßenmeisterei die Brücken in ihrem Revier in Augenschein nehmen. Alle drei Jahre sehen sich Prüfingenieure die Bauwerke dann genauer an. Und alle sechs Jahre erfolgt die Hauptprüfung. Mit einem speziellen Hubwagen kommen die Ingenieure an jede Ecke der Brücke nahe heran. Auch in die Hohlkästen geht es hinein. „So kann man jeden Riss entdecken“, sagt Heinz. Das Prüfsystem funktioniere hervorragend. In den letzten 70 Jahren sei in Deutschland keine Brücke unter Verkehrslast zusammengekracht.

In Sachsen-Anhalt werden jedes Jahr 500 Brücken und andere Bauwerke wie Lärmschutzwände und Tunnel in einer Hauptprüfung unter die Lupe genommen. Brücken bekommen zudem Zustandsnoten ähnlich wie in der Schule. Von 1,0 bis 2,9 ist alles in Ordnung: Das sind etwa 90 Prozent aller Brücken an Landes- und Bundesstraßen. 10 Prozent müssen saniert werden. Darunter sind 48 marode Bauwerke, wo dringend die Bautrupps anrücken müssen.

Da jahrelang zu wenig Geld dafür in der Landeskasse war, ging das zu schleppend voran. Mittlerweile besteht bei Brücken ein Sanierungsstau von 100 Millionen Euro. 2016 wurde der Geldhahn aufgedreht, nun soll in den nächsten zehn Jahren der Stau aufgelöst werden. 31 Landes-Brücken werden dieses und nächstes Jahr erneuert. Zu den teuersten Vorhaben gehören die Bodebrücken in Neugattersleben (4 Millionen Euro) und Staßfurt (2 Millionen Euro). Sind die Schäden so stark, dass akute Einsturzgefahr besteht, wird die Brücke gesperrt. Das ist derzeit in Wippra (Mansfeld-Südharz) der Fall. Auf der einen Seite lösen sich schon Steine aus dem Gewölbe. Daher ist eine Spur dicht.

Doch vor Überraschungen sind auch deutsche Ingenieure nicht gefeit. Solch ein Sorgenfall ist die Elbe-Autobahnbrücke der A 2 bei Magdeburg. Immer wieder bilden sich Risse im Stahl, weil offenbar während des Baus Fehler gemacht worden waren. Schweißarbeiten unter laufendem Verkehr versprechen wegen der Erschütterungen keinen Erfolg. Daher soll ein neues Schraub-verfahren ausprobiert werden. Dafür müsste die Brücke nicht gesperrt, sondern Fahrspuren lediglich verengt werden. Der Baustart ist noch offen. Ein Reparatur-Erfolg ebenfalls.

Die Unglücks-Brücke in Italien wurde nach einer speziellen Methode errichtet – nur drei Mal: in Venezuela (1962), Italien (1967) und Libyen (1971). Das Bauwerk in Venezuela stürzte 1964 ein. Jahrelang hatten italienische Experten gefordert, die reparaturanfällige Brücke in Genua abzureißen und durch eine neue zu ersetzen.