1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Verrückte Wolken, kühlende Vulkane

Verrückte Wolken, kühlende Vulkane

Von Jens Schmidt 22.03.2007, 05:56

Verschiedene Faktoren beeinflussen das Klima der Erde. Heute im fünften Teil geht es um Staub, Vulkane und Wolken. Vor allem die " verrückten " Wolken bringen Klimaforscher ins Schwitzen, da sie kühlend und zugleich wärmend wirken.

Die Wetterwirkung von Wolken ist alltäglich erfahrbar : Tagsüber spenden sie kühlenden Schatten, nachts sorgen sie für milde Temperaturen. Der thermische Doppeleffekt der Wolken ist einfach erklärbar : Wolken reflektieren einen Teil des Sonnenlichts zurück in den Kosmos. Zugleich ist Wasserdampf ein sehr wirksames Treibhausgas, das wie ein guter Dämmstoff die Wärme daran hindert, gleich wieder ins All zu verschwinden. Und kondensierter beziehungsweise gefrorener Wasserdampf – also Wolken – staut die Wärme sogar noch besser. Doch welcher Effekt überwiegt auf lange Sicht ?

Dies zu wissen, wäre für die Klimaberechnung des nächsten Jahrhunderts wichtig. Doch genau da steckt die Forschung an einem wunden Punkt. Johannes Quaas vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg erläutert das im Gespräch mit der Volksstimme so : " Der Treibhauseffekt ist nur dann bedeutend, wenn die Wolken relativ kalt sind, sich also in großer Höhe befinden. Das heißt : Hohe Wolken wirken netto erwärmend. Niedrige Wolken haben netto einen kühlenden Einfluss. Was aber insgesamt überwiegt, ist noch unklar. "

Diese Unsicherheit begründet die recht weit gespreizte Temperaturaussage der Klimaforscher für die nächsten 100 Jahre : Die Rechenmodelle liefern einen Wert zwischen plus 1, 5 und plus 4 Grad.

Schmutzige Luft als Klimaanlage ?

Ein wichtiger Klimafaktor ist auch der Staub. Unbestritten ist seine zunächst kühlende Wirkung. Vor allem dann, wenn ihn Vulkane ausspeien. Beweise liefert die Wetterhistorie einige. 1815 brach auf der indonesischen Insel Sumbawa der Vulkan Tambora aus, gigantische Bergmassen flogen in die Luft. Im Jahr darauf, 1816, bescherte ein eisiger Sommer Nordamerikanern und Europäern Missernten. 1991 jagte der philippinische Vulkan Pinatubo einige Kubikkilometer Gestein in die Luft. Danach sank die globale Mitteltemperatur um etwa 0, 5 Grad, erst nach zwei Jahren stieg sie wieder an.

Zwei Ursachen hierfür sind bislang erkannt. Zum einen gelangt eine Menge Staub in die Atmosphäre, der Sonnenlicht reflektiert. Noch wichtiger für das Klima aber ist wohl ein anderer Stoff : Schwefel. Er verbrennt bei einem Vulkanausbruch zu Schwefeldioxid. Dieses Gas reagiert in der Luft dann zu Schwefelsäure. Winzige Tröpfchen der Säure, so genannte Aerosole, steigen massenhaft in die höhere Stratosphäre. Da es dort, im " zweiten Dachgeschoss ", weder regnet noch schneit, können die Aerosole jahrelang den Erdball umrunden und das Sonnenlicht refl ektieren. Als klimabeeinfl ussend gelten vor allem kräftig speiende Vulkane im Äquatorialbereich, das sich ihre Gaswolken besonders stark ausbreiten.

Auch Industriestaub wirkt offenbar abkühlend. Anders können es sich Klimaforscher nicht erklären, wieso die globalen Temperaturen zwischen den 50 er und 70 er Jahren nicht weiter kletterten, obwohl die Kohlendioxidkonzentration anstieg. Erst seit den 80 er Jahren wird es global wieder deutlich wärmer. Die nach

dem Zweiten Weltkrieg stark angewachsene Industrie hatte enorme Mengen Staub in die Luft gejagt. Der refl ektierte Sonnenlicht und glich die wärmende Wirkung des CO 2 aus. Das änderte sich, als stark verbesserte Filter zunehmend Staub und Schwefel zurückhielten. Die Luft wurde sauberer, die klimatische Lage aber nicht besser. Die kühlende Wirkung von Schwefel und Ruß ließen nach, der wärmende Effekt des CO 2 gewann die Oberhand, meinen Forscher heute.

Einige Wissenschaftler schlagen vor, die Luft kontrolliert zu verschmutzen, um das Klima abzukühlen, da trotz aller Bemühungen ein deutlicher CO 2 -Anstieg kaum aufhaltbar sei. Ein prominenter Vertreter dieser These ist der niederländische Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz. Seine Idee : Sulfatpartikel werden in die Stratosphäre gebracht - also ins zweite Obergeschoss, wo es keine Niederschläge gibt. Dort könnten sich die kühlenden Partikel jahrelang halten und wie eine Klimaanlage wirken. Kosten : 25 bis 50 Milliarden Euro pro Jahr. Der Vorschlag ist umstritten. Klimaforscher entgegnen, dass man hunderte Jahre lang Schwefel injizieren müsste, um das Klima nachhaltig abzukühlen. Selbst wenn das gelänge, wäre ein zweiter Negativeffekt des CO 2 nicht beseitigt : die Übersäuerung der Meere. Ozeane nehmen viel von diesem Gas auf, wo es zu Kohlensäure reagiert. Die Schwefelspritze packe das Problem nicht bei der Wurzel, meint Claudia Mäder vom Umweltbundesamt in Dessau.