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Volksbanken Sparen kostet jetzt Geld

Volksbank-Kunden in Magdeburg und Stendal müssen für hohe Guthaben Verwahrentgelte zahlen. Andere Banken planen auch Strafzinsen.

20.10.2016, 23:01

Magdeburg l Bei der Volksbank Stendal müssen Kunden seit Anfang Oktober für täglich verfügbare Einlagen von mehr als 100 000 Euro ein sogenanntes „Verwahrentgelt“ von 0,4 Prozent zahlen. Das genossenschaftliche Institut ist damit das erste Geldhaus in Sachsen-Anhalt, das sich traut, sowohl den Privat-, als auch den Firmenkunden Negativzinsen in Rechnung zu stellen.

Die Bank begründet diesen Schritt mit der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese verlangt von Banken, die bei der Zentralbank Geld deponieren wollen, bereits seit längerer Zeit Negativ-Zinsen von 0,4 Prozent. „Wir geben die Kosten, die uns für Geldeinlagen entstehen, jetzt lediglich eins zu eins an die Kunden weiter“, erklärt Vorstandsmitglied Ingo Freidel auf Volksstimme-Anfrage.

Bei der Volksbank habe man sich auch deshalb dazu entschieden, weil bei dem genossenschaftlichen Institut Kunden gleichzeitig auch Eigentümer seien. „Würden wir weniger gut wirtschaften, dann bekämen unsere Eigentümer niedrigere Renditen.“ Die Negativ-Zinsen werden Freidel zufolge allerdings auch nur eine Hand voll Kunden in der Altmark zahlen müssen, denn nur wenige würden hohe Summen kurzfristig anlegen.

Auch die Volksbank Magdeburg dreht an der Negativzins-Schraube. Sie will künftig bei Firmenkunden und bei institutionellen Anlegern ab einer Guthabensumme von 500 000 ein Verwahrentgelt von 0,4 Prozent pro Jahr berechnen. „Mit den betreffenden Kunden werden wir vor Berechnung Einzelgespräche führen, mit dem Ziel, eine individuelle Vereinbarung zu treffen“, so Vorstand Uwe Fabig. „Zwei solcher Gespräche haben bereits stattgefunden.“ Privatkunden dagegen müssten vorerst keine Entgelte bezahlen.

Branchen-Experten halten es für möglich, dass weitere Insitute in nächster Zeit ebenfalls Negativzinsen verlangen. Der Grund: Wenn einzelne Insitute Negativzinsen erheben, suchen die Kunden nach günstigen Alternativen. Banken ohne Gebühren werden dann mit Geld „überschüttet“, das sie selbst aber nicht gewinnbringend anlegen können, weil die EZB ebenfalls 0,4 Prozent Strafzinsen berechnet. Sie beschließen dann ebenfalls Strafzinsen.

Die Sparkassen in Sachsen-Anhalt bewegen sich öffentlich bislang noch nicht. Der Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV), Michael Ermrich, hält die Einführung von Strafzinsen weiterhin „für nicht nötig“. Allerdings oblige es den einzelnen Sparkassen, solche Entscheidungen zu treffen. Offiziell am deutlichsten äußert sich die Kreissparkasse Stendal. „Aktuell werden keine Verwahrentgelte erhoben“, so Sprecher Christian Johannsen. „Die Kreissparkasse Stendal prüft jedoch die Einführung im gewerblichen Bereich.“ Andere Sparkassen wiegeln ab. Nur hinter vorgehaltener Hand heißt es, man beobachte die Marktentwicklung und werde gegebenenfalls reagieren.

Zurückhaltend zeigen sich bislang auch noch die Privatbanken. Lediglich die Commerzbank verlangt von Firmenkunden inzwischen Strafzinsen. Deutsche Bank und HypoVereinsbank halten sich nach Volksstimme-Informationen weiterhin zurück.

Michael Saß vom Ostdeutschen Bankenverband betont allerdings, dass auch diese Häuser den Kostendruck spüren. Nicht nur die niedrigen Zinsen würden die Bilanzen schmälern. „Die Banken müssen auf die fortschreitende Digitalisierung reagieren“, erklärt er. Hinzu komme, dass immer strengere Finanzmarktregulierungen die Kosten in die Höhe treiben würden.