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Eine Betrachtung im Altmärkischen Intelligenz- und Leseblatt von 1911 Wie der 1. April zu seinem Ruf kam

01.04.2011, 04:29

Stendal (nk). Den 1.April kennen wir alle als Tag des Schabernacks und des Verulkens. Was es ursprünglich mit diesem besonderen Tag auf sich hat und wie er zu seinem zweifelhaften Ruf kam, ist einem Beitrag aus dem Altmärkischen Intelligenz- und Leseblatt vom April 1911 zu entnehmen. Stadtarchiv-Leiterin Simone Habendorf hat uns freundlicherweise darauf aufmerksam gemacht.

"Kein Monatserster hat eine solche Bedeutung wie der 1.April, der 1. Januar als Jahresanfang vielleicht ausgenommen; aber die Bedeutung des 1.Aprils ist doch wohl noch weitreichender, tiefgreifender. Mit ihm beginnt das wirtschaftliche, das geschäftliche Sommerhalbjahr, an ihm vollziehen sich die Veränderungen, die im Winterhalbjahr als notwendig erkannt worden sind.

Gekündigte Verträge laufen mit dem 31. März ab, neugeschlossene treten am 1. April in Kraft, zahlreiche Angestellte verlassen ihren Posten, unfreiwillig oder freiwillig, anderen nehmen den Platz ein – bei befriedigenden Leistungen und befriedigendem Gehalt dauernd, sonst nur für den Sommer. Und als Fälligkeits- und Zahltag steht er an der Spitze und hat als solcher seinen Schatten lange vorausgeworfen.

Wenn nur erst der 1. April vorüber ist!, hat manch einer sorgenvoll gedacht; für ihn war es ein schwarzer Tag, er wußte nicht, wie er seinen Verpflichtungen genügen sollte. Aber er erscheint auch vielen als Unglückstag, die zum April die Wohnung wechseln, auch sie wünschen ihn überstanden zu haben. und sie meinten damit nicht lediglich den Ersten, sondern die Zeit um den Ersten, vorher und nachher.

Schlimmer als der Umzug selbst sind ja die Vorbereitungen und Nachwirkungen, wie wohl schon jeder in seinem Leben erfahren hat. "Alles neu macht der Mai", heißt es im Volksliede. Es könnte mit mehr Berechtigung vom April so heißen, vom 1. April.

Unter den umgezogenen Mietern werden allerdings genug sein, die sich das Neumachen der gemieteten Wohnung, das ihnen der Hauswirt versprochen, anders vorgestellt hatten. Sie haben die Empfindung, in den April geschickt worden zu sein, ein schadenfroher Spaß, der am Ersten des Ostermonats ja noch immer sehr im Schwange ist, als Überbleibsel eines uralten Brauchs.

Daß derselbe nicht ausstirbt, dafür sorgt schon unsere Jugend, für die der 1. April deswegen – o glückliche Kindheit – ein besonderer Freudentag ist.

Unbeständiges, stürmisches Aprilwetter haben wir schon gehabt, und der April darf sich das schenken. Er sollte seinen Ruf verbessern, indem er uns nach der Unruhe, Bewegung und Aufregung des Ersten recht viele holde Frühlingstage beschert."