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WasserschädenMillionen Rohre sind kaputt

Die Zahl der Leitungswasserschäden hat sich in Sachsen-Anhalt in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Hauptgrund: Pfusch aus den 90er Jahren.

Von Jens Schmidt 09.03.2017, 00:01

Magdeburg l Leitungswasser verursacht mittlerweile die Hälfte aller Wohngebäudeschäden und damit genau so viel wie Feuer, Hagel, Sturm und Flut zusammen. Deutschlands Versicherer zahlen im Jahr gut 2,6 Milliarden Euro, weil Millionen Wasserrohre platzen, Dichtungen kaputt gehen und nasse Wände schimmeln.

Während im Westen die Rohre langsam in die Jahre kommen, gibt es im Osten ein anderes Problem. Die Anlagen hier sind noch recht jung, da viele Eigentümer ihre Häuser in den 90er Jahren sanieren ließen. Mit der Auftragsflut zogen viele „Blaumänner“ durchs Land, die mit großem Elan, aber wenigen Kenntnissen eifrig ans Werk gingen. Der Pfusch macht sich heute bemerkbar. Allein die Öffentliche Versicherung Sachsen-Anhalt (ÖSA) beglich 2016 Leitungswasserschäden von 6,3 Millionen Euro – das sind 20 Prozent mehr als 2010.

Das merken auch die Handwerksbetriebe. „Wir kriegen viele Anrufe von Kunden“, sagt Obermeister Gerhard Schünemann, der seit fast 30 Jahren seinen Sanitär-Betrieb in Magdeburg führt. „Der Anteil der Leitungswasserschäden hat sich in den letzten zehn Jahren etwa verdoppelt.“

Woran liegt es?

Falsche Mischung: Oft werden Kupfer- und verzinkte Stahlrohre verlegt. Das kann man machen, allerdings sind strenge Regeln zu beachten, wie die Materialien zu kombinieren sind. Werden die Vorschriften nicht penibel eingehalten, kommt es zu chemischen Reaktionen und zum Lochfraß.

Geschlampt: Probleme machen auch schlampig ausgeführte Lötstellen, falsch montierte Verbindungsstücke und ein fehlender Rohrschutz bei Wanddurchbrüchen.

Undicht: Handwerker finden heute auch Fußbodenheizungen, die nicht sauerstoff-dicht sind. Sauerstoff lässt Stahlrohre rosten.

Heiz-Geiz: Auch Hauseigentümer haben ihre Aktie. Etliche heizen wenig genutzte Räume nur spärlich, so dass Leitungen einfrieren und bersten. Die Frostschutz-Stellung am Thermostat schützt zwar den Heizkörper aber nicht unbedingt die Wasserleitung.

Wannen-Duscher: Viele duschen stehend in der Badewanne. „Das ist ein Trend, aber ein Problem“, sagt Holger Neumann vom Eigentümerverband Haus & Grund. Denn: Die Wand ist dafür oft nicht ausgelegt, ihr fehlt die Feuchtigkeitssperre wie bei einer richtigen Dusche. Außerdem werden die Silikonfugen an der Wanne nun mehr beansprucht. Feinste Risse reichen, und schon läuft Duschwasser in die Wand.

Kalkablagerungen, Rostspuren und feuchte Wände sind ernste Zeichen für eine marode Leitung. Bei akuten Fällen muss sofort der Haupthahn zugedreht und eine Fachfirma gerufen werden. Auch der Versicherer will schnell informiert sein, und zwar, bevor die Rechnung vorliegt. „Am besten, man macht vom Schaden auch ein Foto“, sagt ÖSA-Sprecherin Ute Semkat.