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Regierungskrise Wird die Kenia-Koalition noch gerettet?

Die Koalitionspartner in Sachsen-Anhalt suchen weiter nach Wegen, das Kenia-Bündnis noch zu retten. Gibt es am Dienstag eine Lösung?

Von Alexander Walter 08.12.2020, 05:32

Magdeburg l Michael Richter folgt auf den entlassenen Innenminister Holger Stahlknecht (beide CDU). Richter leitet damit übergangsweise neben dem Finanzministerium zusätzlich das Innenressort.

Der 66-Jährige ist seit Juni 2019 Finanzminister. Seinerzeit trat er die Nachfolge von André Schröder (CDU) an, der nach parteiinternem Druck zurückgetreten war. In der CDU-Landtagsfraktion genießt der Jurist hohes Ansehen. Erst im September hatte Richter einen Herzinfarkt erlitten. Seit Herbst ist er wieder im Dienst.

„Ich war selbst ein gutes halbes Jahr Staatssekretär im Innenministerium“, sagte Richter am Montag (7. Dezember) der Volksstimme. „Insofern sind mir die Themen und die Strukturen des Hauses gut bekannt.“ Dann noch: „Ich danke allen, die sich um meine Gesundheit sorgen – es geht mir gut.“

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte vorigen Freitag Stahlknecht entlassen. Auslöser war ein Interview in der „Volksstimme“. Im Streit um einen höheren Rundfunkbeitrag hatte Stahlknecht den Bruch der Kenia-Koalition nicht ausgeschlossen und die Möglichkeit einer CDU-Minderheitsregierung ins Spiel gebracht.

Stahlknecht sagte am Montag nach einer Sondersitzung der CDU-Landtagsfraktion: „Ich bin dankbar für den Zuspruch, den ich in den vergangenen Tagen erhalten habe. Das macht mich auch ein Stück weit demütig.“ Er werde dem Land weiter dienen? An welcher Stelle? „Ich bin Landtagsabgeordneter.“ Das will er nach derzeitigem Stand auch bleiben. Zur Landtagswahl 2021 kandidiert Stahlknecht direkt hinter Haseloff auf Listenplatz zwei.

Wie geht es im Koalitionsstreit weiter? Nach der Sondersitzung am Nachmittag bekräftigte Fraktionschef Siegfried Borgwardt, dass die Union die Anhebung des Beitrags von 17,50 auf 18,36 Euro monatlich zum 1. Januar 2021 auf jeden Fall verhindern werde. SPD und Grüne müssten sich jetzt bewegen. Die CDU machte den Koalitionspartnern drei Vorschläge. Jede Variante würde dazu führen, dass der höhere Beitrag zunächst vom Tisch ist.

Erstens: Der am Mittwoch (9. Dezember) tagende Medienausschuss des Landtags weist den Staatsvertrag als nicht abstimmungsreif zurück. Zuletzt deutete sich an, dass es zumindest in der SPD Bewegung geben könnte. Im Ausschuss haben CDU und SPD eine Mehrheit von sieben zu sechs Stimmen.

Zweitens: Die Staatskanzlei könnte den Vertrag ihrerseits zurückziehen. Allerdings: Bei dieser Option besteht dem Vernehmen nach für das Land ein Haftungsrisiko von rund 1,5 Milliarden Euro.

Drittens: Der Landtag könnte auch über einen Kompromissvorschlag von Kulturminister Rainer Robra (CDU) abstimmen. Darin würde die Kommission zur Ermittlung des Rundfunkbeitrags aufgefordert, die Höhe des Rundfunkbeitrags aufgrund der Corona-Pandemielage neu zu berechnen.

Vor einem Treffen der Koalitions-Fraktionsspitzen mit Ministerpräsident Haseloff am Montag um 16 Uhr in der Staatskanzlei erklärten die Vorsitzenden Katja Pähle (SPD) und Cornelia Lüddemann (Grüne), sie würden mit ihrer Forderung nach einem „Ja“ zum Staatsvertrag in die Gespräche gehen.

Knapp zwei Stunden später sagte CDU-Fraktionschef Borgwardt: „Wir sind uns einig, dass wir uns uneinig sind.“ Man sei sich aber genauso sicher, dass eine Lösung gefunden werde, die Kenia-Koalition zu erhalten. Das könne am heutigen Dienstag der Fall sein.

Die CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer warf SPD und Grünen taktische Spielchen vor. Was seit Tagen ablaufe, sei eine durchsichtige und klar erkennbare politische Aktion der SPD und insbesondere auch von den Grünen – unterstützt von der Bundespartei, kritisierte sie nach Angaben von Teilnehmern in der virtuellen Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag. Es werde versucht, die CDU in eine Position zu drücken, in der sie nicht sei.

Grünen-Bundeschef Robert Habeck sagte: „Es geht um einen Machtkampf innerhalb der CDU.“ Eine Auseinandersetzung, ob die CDU eine Partei der Mitte bleibe, oder ob sie sich nach rechts öffne.