Staatsanwaltschaft Stendal hofft im Korruptionsverfahren Finzelberg auf Aussage eines Kronzeugen Zeuge packt aus: "Ich war bei der Geldübergabe dabei"
Die Staatsanwaltschaft Stendal rechnet innerhalb des Korruptionsverfahrens gegen den Landrat des Jerichower Landes, Lothar Finzelberg (parteilos), fest mit der Aussage eines Kronzeugen. Der 44 Jahre alte Kaufmann Stefan Euer äußerte sich gestern bereits gegenüber der Volksstimme: "Ich war bei der Geldübergabe dabei!"
Burg. "Es ist ein weißer Umschlag gewesen, den mein damaliger Geschäfts- und persönlicher Freund, Uwe Schneider (inzwischen in anderer Sache rechtskräftig verurteilt, die Redaktion), dem Landrat 2005 überreicht hat", sagte Stefan Euer gestern der Volksstimme.
Er habe mit im Auto gesessen, als Lothar Finzelberg aus seinem Haus in Genthin gekommen sei und das Couvert entgegengenommen habe. "Zuvor hat mir Uwe das Geld gezeigt. Er hat den Umschlag geöffnet, mit dem Daumen über die Scheine gestrichen und gesagt: 60000 Euro." Ihm sei aufgefallen, dass es neue 200-Euro-Scheine gewesen seien.
Im Gegenzug habe der Landrat Schneider zwei Couverts überreicht. "Genehmigungen für Müllverkippung auf Tongruben des Landkreises", sagt Euer. Neben diesem eigenen Erleben wisse er noch von weiteren Geldübergaben. Die Staatsanwaltschaft Stendal wirft Finzelberg vor, zwischen 2003 und 2007 370000 Euro angenommen zu haben.
Gegenüber der Volksstimme hat der Kaufmann gestern seine Anonymität aufgegeben. So erzählte der gebürtige Münchner, der in London lebt, aber auch in Parey (Jerichower Land) einen Wirkungskreis hat, wie es zum Kontakt zwischen Schneider und Finzelberg gekommen sein soll: "Der Ausgangspunkt war ein Treffen zwischen mir und dem Landrat. Schneider hatte ein Hotelprojekt in Genthin-Hüttermühle. Ich wollte ihn dabei unterstützen. Uwe brauchte eine positive Stellungnahme vom Landkreis und ich bin bei Herrn Finzelberg vorstellig geworden. Ich kannte ihn aus seiner Vorlandratszeit, als wir im Versicherungsgeschäft tätig waren." Finzelberg habe sinngemäß gesagt: "Diesmal ist die Sache kostenlos, beim nächsten Mal kostet es was." Er habe die Worte des Landrats so ausgelegt: Hier sitzt ein Kommunalpolitiker, der die Hand aufhält, und habe das umgehend Schneider mitgeteilt.
"Später, als sich drei Geschäftsleute mit illegaler Müllverkippung – darunter hochkontaminierte Krankenhausabfälle – in Tongruben des Jerichower Landes goldene Nasen verdienen wollten, hat sich Schneider, der mit im Boot saß, an Finzelberg erinnert." So sei das Geschäft – Geld gegen Genehmigungen ins Rollen gekommen.
Euer, bereits mehrmals vernommen, hat sich bisher auf Paragraph 55 Strafprozessordnung (Ein Zeuge muss nicht aussagen, wenn er sich selbst belastet) zurückgezogen. Denn er fürchtete, weil er bei der Geldübergabe dabei war, zur Verantwortung gezogen zu werden. Doch scheint der Tag nicht mehr fern zu sein, wo er auspackt. Euer hat zudem angekündigt weitere Zeugen zu benennen und angedeutet, dass auch "ein hoher Beamter in den Korruptionsfall verwickelt" sei.
Doch verlangt er dafür eine Gegenleistung. "Als gegen Schneider ermittelt wurde, bin ich als sein Geschäftspartner mit in den Sog geraten. Das reichte den Banken, um sich als Geldgeber für meine Projekte zurückzuziehen." Er wolle, dass sein guter Ruf durch Staatsanwaltschaft und Wirtschaftsministerium und somit seine Kreditwürdigkeit wieder hergestellt werden.
Finzelberg sagte gestern, dass Euer 100000 Euro für eine Aussage bei der Staatsanwaltschaft verlangen würde. Zu den Vorwürfen selbst: "Euer ist ein Fall für den Staatsanwalt. Ich gehe gegen jeden vor, der mich verunglimpft und verleumdet."