Aus Sachsen-Anhalt kommen elf Gebäude unter den Auktionshammer Zum Ersten, zum Zweiten ... Verkauft! Bahnhöfe sollen versteigert werden
Mit einem Startpreis von 1000 Euro sollen am 1. Juli elf Bahnhöfe in Sachsen-Anhalt versteigert werden. Vor Kurzschlussgeboten aber warnt das Auktionshaus: Wegen des sanierungsbedürftigen Zustands der Gebäude sollten Interessierte ein durchdachtes Konzept und das nötige Kleingeld parat haben. Eine, die das Unternehmen bereits wagte, ist Miranda Smit. Sie hat den Klötzer Bahnhof ersteigert.
Klötze. Ein bisschen ist es wie beim Strategiespiel "Monopoly", bei dem es darum geht, möglichst viele Straßenzüge zu erwerben und sich dadurch die Mieteinnahmen der Mitspieler zu sichern. Besonders begehrte Immobilien bei eingefleischten Spiele-Fans: Der Süd-, West-, Nord- und Hauptbahnhof. Schon für 4000 Euro Spielgeld sind sie zu haben und gelten bei "Monopoly"-Kennern als eine sichere Geldanlage.
Für noch weniger Geld können am 1. Juli echte Bahnhöfe erworben werden. Denn dann kommen beim Berliner Auktionshaus Karhausen elf Bahnhöfe aus Sachsen-Anhalt unter den Hammer. Wer von einem Eigenheim mit Eisenbahner-Charme träumt oder einen Gewerbestandort mit individueller Note sucht, wird vielleicht in Zörbig, Muldenstein, Könnern, Ilberstedt, Güsten, Landsberg, Barby, Güterglück, Nedlitz, Droyßig oder Querfurt fündig. Der Startpreis für die Objekte liegt bei 1000 Euro.
"Die Käufer kommen häufig aus der jeweiligen Region"
Die Auktion werde für die private Gesellschaft Main Asset Management GmbH durchgeführt, die seit der Bahnprivatisierung bundesweit mehrere hundert Bahnhofsobjekte verwalte, sagt Matthias Knake, Prokurist beim Auktionshaus Karhausen. Zwischenzeitlich seien die Objekte gesichtet und auf ihre Möglichkeiten zur Weitervermarktung geprüft worden. Das Fazit: Bei einem Teil der Bahnhöfe würde sich der Aufwand kaum lohnen. Denn was den elf zu versteigernden Bahnhöfe gemein ist: Sie sind mehr oder minder sanierungsbedürftig.
Doch es gibt Menschen, die sich davon nicht abschrecken lassen, weiß Knake. Für sein Unternehmen hat er in der Vergangenheit bereits andere Bahnhofsauktionen begleitet. "Die Käufer sind bunt gemischt, häufig sind es aber Endkunden aus der jeweiligen Region", sagt er. Die würden die ersteigerten Bahnhöfe dann als Wohnraum oder zu gewerblichen Zwecken nutzen.
"Haben drei Jahre nach einem Objekt gesucht"
Oder beides, wie im Fall von Miranda Smit. Die gebürtige Niederländerin ist seit fast drei Monaten stolze Besitzerin des Klötzer Bahnhofs. An die Auktion am 1. April, zu der sie gemeinsam mit einer Freundin in Berlin auf den Zuschlag hoffte, kann sie sich noch genau erinnern. Der Startpreis lag damals bei 5000 Euro, andere Interessenten waren nicht anwesend. "Aber am Telefon hat einer mitgeboten, dadurch wurde der Preis in die Höhe getrieben", sagt Smit. Für 10500 Euro hat sie schließlich den Zuschlag erhalten. "Das war auch das preisliche Limit."
Jetzt ist die 40-Jährige, die vor 15 Jahren schon einmal in Deutschland gelebt und gearbeitet hat, froh, dass es geklappt hat. "Immerhin haben wir seit drei Jahren nach einem passenden Objekt gesucht und sogar frühere Gefängnisse und Schulen angeschaut", sagt sie. "Die Gegend hier gefällt mir gut, und das Gebäude ist einfach toll", sagt sie.
Rund 120 Jahre alt ist das ehemalige Empfangsgebäude, ein gelber Zugfahrplan hängt an der Wand, der Nachbarraum, die frühere Bahnhofsspielhalle, ist noch mit bunten Girlanden des Vormieters dekoriert, hinter dem Gebäude wachsen Gras und hohe Ähren über das Schienenbett. "Gas, Wasser und Heizung – das ist jetzt erst mal das Wichtigste", sagt Miranda Smit. Vor zwei Wochen ist sie in den Bahnhof eingezogen, seitdem arbeitet sie Vollzeit an der Instandsetzung.
Doch die kann mehrere Jahre dauern, denn Smit will die meis-ten Arbeiten selber ausführen. Was aus dem Bahnhof mal werden soll? "Eine Art Gesamtprojekt mit kleineren angesiedelten Betrieben, die den Bahnhof zu einer Begegnungsstätte im Touristikbereich machen." Vorstellen kann sich die Niederländerin einen Mountainbike-Verleih, die Vermietung von zwei oder drei Gästezimmern und ein kleines Bistro. Weil das Gebäude aber unter Denkmalschutz steht, muss Smit bei der Instandsetzung bestimmte Auflagen beachten.
"Manche liegen sogar noch an einer aktiven Strecke"
Das ist für die zu versteigernden Bahnhöfe ein typisches Merkmal. Und es gibt weitere: Oft ist das Gelände, auf denen die Bahnhöfe stehen, noch als Bahnanlage deklariert. "Manche Objekte liegen sogar noch an aktiven Bahnstrecken", sagt Matthias Knake vom Auktionshaus. Dann müssten die zukünftigen Besitzer beispielsweise den Zugang zum Bahnsteig für die Zugnutzer freihalten oder technische Anlagen auf dem Grundstück in Kauf nehmen. "Schließlich muss die Bahn sicherstellen, dass sie ihren Betrieb aufrechterhalten kann", so Knake. Im Kaufvertrag seien entsprechende Passagen eingearbeitet.
Dass müssten potenzielle Käufer bedenken, wie auch die finanzielle Belastung, die sie sich mit dem Kauf eines alten Gebäudes auferlegen. Sein Rat an Interessenten: "Sich vorher genau damit zu beschäftigen, um keinen finanziellen Schiffbruch zu erleiden."
Einen Favoriten für die Auktion hat Knake übrigens auch schon. Sein Favorit ist der Bahnhof in Güsten. "Das ist ein imposantes Gebäude, er steht mitten im Ort und hat echte Entwicklungsmöglichkeiten." Und auch dem Querfurter Bahnhof schreibt er wegen seiner günstigen Innen- stadtlage und der "interes- santen Gebäudestruktur" ein gewisses Potenzial zu. Wie wahrscheinlich es ist, einen der Bahnhöfe tatsächlich für das Startgebot von 1000 Euro zu erhalten, kann der Berliner nicht sagen. "Aber bei kleineren Bahnhöfen, für die sich kaum einer interessiert, gibt es eine reelle Chance, sie für 1500 oder 2000 Euro zu ersteigern."