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Beauftragte: Müssen Fakten über SED-Diktatur besser kennen

In diesem Jahr jährt sich das Ende der DDR zum 30. Mal. Das Wissen um die SED-Diktatur müsse weitergegeben werden, sagt die Landesbeauftragte. Es gebe aber auch nach wie Opfer, denen bislang nicht geholfen wurde. Dabei geht es auch um sexuelle Gewalt.

31.03.2020, 11:31
Klaus-Dietmar Gabbert
Klaus-Dietmar Gabbert zb

Magdeburg (dpa/sa) - Die Aufarbeitung der SED-Diktatur ist aus Sicht der Landesbeauftragten Birgit Neumann-Becker keine Privatangelegenheit von Zehntausenden Betroffenen, sondern geht die gesamte Gesellschaft an. "Sie ist wichtig, weil wir als Gesellschaft ganz konkret die historischen Fakten besser kennen müssen, um ein klares Bild unserer lokalen und regionalen Geschichte zu bekommen und dieses an die nächste Generation mittels Bildung- und Kursangeboten vermitteln müssen", erklärte Neumann-Becker am Dienstag in Magdeburg. Kurz zuvor hatte die Landesbeauftragte ihren Tätigkeitsbericht an Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch übergeben.

Anerkennung und Rehabilitierung blieben weiter notwendig. Dafür gebe es nun gute Bedingungen, nachdem die Rehabilitierungsgesetze Ende November 2019 entfristet und deutlich verbessert worden seien. Die Beratungsangebote für politische Häftlinge mit einer Haftdauer ab 90 Tagen, Betroffene von Einweisungen in Jugendwerkhöfe, verfolgte Schüler und Zersetzungsopfer sollten so ausgebaut werden. Es gehe ihr auch darum, dass die schweren gesundheitlichen Folgeschäden von SED-Verfolgten besser anerkannt und behandelt werden könnten, sagte Neumann-Becker. Zudem entstehe ein Kompetenznetzwerk für psychosoziale Beratung und Therapie.

Die Landesbeauftragte und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten ihr Beratungsarbeit verstärkt. 2019 seien etwa 2500 persönliche Beratungen durchgeführt und 2200 telefonische Anfragen beantwortet worden. In den beiden Jahren zuvor seien es rund 2000 persönliche Beratungen gewesen. Die Zahl der Rehabilitierungsanträge sei stabil bei rund 540 pro Jahr.

Die Zahl der Anträge auf persönliche Akteneinsicht beim Bundesbeauftragten für Stasiunterlagen sei in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr erheblich angestiegen. Es habe 7057 Anträge gegeben, rund 4000 davon seien Erstanträge gewesen. 2018 waren es noch 5729 gewesen. "Wir gehen davon aus, dass es mit dem Thema 30 Jahre friedliche Revolution zusammenhängt", sagte Neumann-Becker.

In ihrem Tätigkeitsbericht für die Jahre 2019 und 2020 macht Neumann-Becker auch auf Themen aufmerksam, die strukturell nicht aufgearbeitet sind. Dazu gehöre der sexuelle Missbrauch in Institutionen der DDR - vom Jugendwerkhof und Gefängnis bis hin zur Schule. "Das Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Beratungen", sagte Neumann-Becker. Betroffen seien Frauen und Männer gleichermaßen sowie ehemals jüngere und älterere SED-Opfer.

"Eine Entschädigungsmöglichkeit oder Kompensation ist nach derzeitiger Rechtslage in Sachsen-Anhalt nicht möglich", hieß es. Sachsen-Anhalt habe sich als einziges Bundesland nicht an einem entsprechenden Fonds beteiligt. "Es ist mehr als wünschenswert, dass hier auch in Sachsen-Anhalt nach Wegen der Aufarbeitung gesucht wird", erklärte die Landesbeauftragte.

Tätigkeitsberichte der Landesbeauftragten