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Coronavirus in Sachsen-Anhalt: Klassenfahrten abgesagt

Sachsen-Anhalt war das letzte Bundesland ohne bestätigten Corona-Fall - das hat sich nun geändert. Jetzt werden zahlreiche Maßnahmen getroffen, um eine Ausbreitung einzuschränken. Das trifft vor allem Schüler und Veranstalter.

10.03.2020, 18:27

Magdeburg/Halle (dpa/sa) - Fast eine Woche war Sachsen-Anhalt das letzte Bundesland ohne bestätigte Infektion mit dem neuartigen Coronavirus - jetzt melden die Behörden gleich mehrere Fälle in unterschiedlichen Landkreisen. Am Dienstagabend gingen die Behörden von mindestens acht Infektionen mit Sars-CoV-2 aus. Die Ausbreitung des Virus sorgte umgehend für eine Reihe von Maßnahmen. Unter anderem dürfen Schüler vorerst keine mehrtägigen Reisen antreten.

Bei allen bislang bekannten Erkrankten handelt es sich laut Sozialministerium um Urlaubsrückkehrer: In Halle seien ein 20-Jähriger und sein Vater positiv auf den Erreger Sars-CoV-2 getestet worden. Beide hätten gemeinsam einen Urlaub in Tirol verbracht. Erkrankt sei zudem ein 61-Jähriger aus Magdeburg, der sich offenbar im Urlaub in Südtirol infiziert habe. Auch eine 60 Jahre alte Frau aus dem Burgenlandkreis sei ebenfalls nach einem Urlaub in Südtirol positiv getestet worden und befinde sich in häuslicher Quarantäne.

Bereits am Nachmittag hatte das Ministerium fünf Fälle mitgeteilt: zwei 42 und 39 Jahre alte Männer aus dem Landkreis Börde, die gemeinsam in Südtirol Urlaub gemacht hatten, einen 36-jährigen Tirol-Urlauber aus dem Salzlandkreis, den jungen Mann aus Halle sowie eine 69 Jahre alte Rentnerin aus dem Saalekreis. Die Seniorin war von einer Israel-Reise zurückgekehrt.

Nach Angaben von Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) von Dienstagnachmittag befanden sich 500 bis 600 Menschen in Quarantäne. Laut Sozialministerium gibt es inzwischen in Halle und Magdeburg Fieberambulanzen, in denen Abstriche genommen werden. Zudem gebe es mobile Einheiten, die im Land unterwegs seien. Bislang seien weit über 1500 Abstriche genommen worden.

Grimm-Benne sagte zudem, alle fünf dem Ministerium bekannten Fälle hätten eine leichte Symptomatik, es gehe ihnen gut. Sie erteilte auch einer vorsorglichen Schließung aller Kitas und Schulen eine Absage. Das sei unverhältnismäßig und würde das öffentliche Leben lahmlegen, sagte sie.

Alle Klassen-, Studienfahrten und Schüleraustausche in Sachsen-Anhalt allerdings werden bis zum 31. Mai ausgesetzt. "Die Schulleitungen wurden aufgefordert, mit Ausnahme eintägiger Fahrten innerhalb Sachsen-Anhalts, alle Reisen abzusagen", heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung des Bildungsministeriums.

Die Kosten für Stornierungen übernehme das Land. Wie hoch sie sein werden, sei noch nicht absehbar, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Bildungsminister Marco Tullner (CDU) betonte, dass die Entscheidung nicht leicht gewesen sei, Präventionsmaßnahmen jedoch Priorität hätten. Zudem wurden in Halle, in Magdeburg und im Landkreis Harz alle Veranstaltungen mit mehr als 1000 Menschen untersagt. Der 39-jährige Infizierte aus dem Landkreis Börde ist Bundeswehrsoldat und in der Kaserne in Burg stationiert. Auch für ihn gilt derzeit häusliche Quarantäne. Laut einem Sprecher des Landeskommandos Sachsen-Anhalt sind 46 weitere Soldaten als Kontaktpersonen ausgemacht und müssen zu Hause bleiben. Der Sprecher betonte, dass die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr nicht beeinträchtigt sei. In Burg wird die Nato-Großübung "Defender-Europe 20" unterstützt, bei der rund 37 000 Soldaten in West-Ost-Richtung durch Europa verlegt werden.

Sachsen-Anhalt will nun im großen Stil Schutzausrüstung für Einsatzkräfte anschaffen, um eine Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zu verhindern. Es gehe um Schutzkleidung für Polizei, Feuerwehr und Katastrophenhelfer, sagte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) in Magdeburg. Konkret geht es um vier Millionen Euro für dieses und nächstes Jahr, wie ein Sprecher des Finanzministeriums sagte. Dafür sollen Hunderttausende Einmalhandschuhe, Atemschutzmasken und Anzüge beschafft werden.

Wann die Ausrüstung zur Verfügung steht, ist offen. Sie solle so schnell wie möglich bestellt werden, sagte Stahlknecht. Allerdings ist derartige Schutzausrüstung seit Wochen Mangelware, da sich deutschlandweit und in vielen Teilen der Welt Menschen, Gesundheitseinrichtungen, Mediziner und Behörden damit eindecken. Neben einem generellen Verbot von großen Veranstaltungen wurden am Dienstag auch konkrete Einschränkungen bekannt. Der Landtag in Sachsen-Anhalt wird wegen des Coronavirus für Besuchergruppen bis auf Weiteres gesperrt.

Zudem hat das Diakoniewerk Halle ein Krankenhaus und zwei Pflegeeinrichtungen für Besucher geschlossen. Dies diene dem Schutz von Menschen, die dort untergebracht seien. "Viele haben eine Vorerkrankung und sind deswegen besonders anfällig", sagte Udo Israel, Sprecher des Diakoniewerks Halle.

Das Universitätsklinikum Halle schränkte aufgrund des Virus ab sofort die Besucherzahl für Patientenbesuche ein. "Pro Patient und Tag werden nur noch zwei Besucher zugelassen", hieß es.

Von dem Veranstaltungsverbot in Halle sind auch die Heimspiele von Fußball-Drittligist Hallescher FC betroffen. "Wie sich das Prozedere im Hinblick auf die Partie gegen Eintracht Braunschweig am 17. März gestaltet, ist noch völlig offen", teilte der HFC auf seiner Homepage mit.

Nach Bekanntwerden der ersten bestätigten Infektionen hat Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) Landräte und Oberbürgermeister darum gebeten, den Gesundheitsämtern mehr Personal zur Verfügung zu stellen. "Es ist derzeit die größte Herausforderung, die wir erleben", sagte Haseloff am Dienstag. Entscheidend sei aber auch das verantwortungsvolle Verhalten jedes Einzelnen. Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) will am Montag in Magdeburg mit den Präsidenten der Industrie- und Handelskammern und des Handwerks über die Auswirkungen der Coronakrise beraten.