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Halle: Tausende demonstrieren gegen Identitäre Bewegung

Eine Stadt wehrt sich gegen Rechtsextreme. Tausende Menschen gehen in Halle auf die Straße und protestieren gegen einen geplanten Aufmarsch der Identitären Bewegung. Für deren Anhänger kommt es am Ende des Tages anders als geplant.

Von Romina Kempt und Petra Buch, dpa 19.07.2019, 23:01
Teilnehmer einer Demonstration gegen eine rechte Versammlung gehen mit einem Transparent eine Straße entlang. Foto: Sebastian Willnow
Teilnehmer einer Demonstration gegen eine rechte Versammlung gehen mit einem Transparent eine Straße entlang. Foto: Sebastian Willnow dpa-Zentralbild

Halle (dpa/sa) - Mit mehreren Demonstrationen und Aktionen hat Halle am Samstag ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt. Auf Transparenten hieß es unter anderem "Nazi-Zentren dicht machen" oder "Kein Mensch braucht Nazis". Nach Angaben eines Sprechers von "Halle gegen Rechts - Bündnis für Zivilcourage" beteiligten sich rund 3000 Menschen an den Aktionen. Die Polizei sprach am Sonntag von Teilnehmerzahlen im vierstelligen Bereich.

Anlass für die Proteste an mehreren Orten in der Stadt war ein Treffen der Identitären Bewegung (IB). Deren Anhänger haben in Halle ein Haus, das als Zentrum in Deutschland gilt. Der Verfassungsschutz hat die IB erst kürzlich nach jahrelanger Prüfung als rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt eingestuft. Ein geplanter Aufzug der Bewegung wurde am Samstagnachmittag kurzfristig von der Polizei untersagt. Die Anhänger der IB blieben daraufhin abgeschirmt von Beamten vor ihrem Haus.

Zum Protest gegen die IB gab es im Herzen der rund 230 000 Einwohner zählenden Stadt unter anderem ein Bürgerfest mit einem Bühnenprogramm, Informationsständen und einer Kunstinstallation mit Zitaten zum Thema Weltoffenheit. Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) sagte auf dem Marktplatz, Extremismus jeder Art werde nicht hingenommen. "Das sind Zeiten, in denen wir leben, in denen Populisten, extremistische Bewegungen und Weltverschwörer mit ihren Thesen zunehmend auf fruchtbare Resonanz in Deutschland stoßen, in Europa und der ganzen Welt", warnte der Oberbürgermeister.

Auch der Intendant des Neuen Theaters in Halle, Matthias Brenner, sprach sich bei einer Rede gegen "die Feindschaft der Demokratie" aus. Neben Einwohnern, die das Programm auf dem Bürgerfest verfolgten, kamen auch Protestler - etwa ältere Frauen mit "Omas gegen Rechts"-Schildern.

Rund um das Haus der IB kam es zu etlichen Aktionen - überwiegend von jungen Menschen, die lautstark und mit Sitzblockaden ihrem Unmut Luft machten. "Ein Großteil der Versammlungsteilnehmer demonstrierte friedlich", teilte die Polizei am späten Samstagabend mit. Die Beamten hätten jedoch auch "einige Straftaten" verzeichnet, darunter etwa Sachbeschädigungen und Körperverletzungen. Zudem habe ein Auto gebrannt, hieß es. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es einem Anhänger der IB gehöre, so eine Polizeisprecherin. Die Ermittlungen dauerten am Sonntag an.

Den Angaben nach waren bis zum Samstagmittag rund 250 Anhänger der Identitären Bewegung nach Halle gekommen. Das Bündnis "Halle gegen Rechts" sprach von rund 150 bis 200 Teilnehmern. Einige Sympathisanten der IB erhielten bei ihrer Ankunft am Hauptbahnhof einen Platzverweis, wie eine Sprecherin der Bundespolizei am Samstag sagte. Der Grund war nach eigenen Angaben, dass die Beamten die rund 100 Menschen "nicht adäquat" bewachen konnten. Sie reisten anschließend ab oder durften nach Hause gehen, so die Sprecherin.

Die Polizei war am gesamten Samstag mit einem Großaufgebot von etwa 900 Beamten in der Stadt unterwegs. Viele Beamten standen mit schwerer Schutzausrüstung etwa vor dem Haus der Identitären Bewegung, um Protestler und Anhänger der IB räumlich zu trennen. Das Gebäude liegt gegenüber dem Steintor-Campus der Universität. Ursprünglich wollte die IB vom Hauptbahnhof zu dem etwa zwei Kilometer entfernten Areal ziehen.

Auch das Bürgerfest der Stadt und der Universität war eigentlich auf dem Steintor-Campus geplant. Die Veranstalter hatten es kurzfristig auf den Marktplatz verlegt. Das Bündnis "Halle gegen Rechts" bezeichnete diesen Schritt als ein falsches Signal. Dem Bündnis gehören nach eigenen Angaben rund 100 engagierte Bürger sowie 30 Organisationen an.

AfD-Chef Jörg Meuthen hat mit Blick auf die Identitäre Bewegung in Zweifel gezogen, ob der Verfassungsschutz bei linken und rechten Gruppierungen gleiche Maßstäbe anlegt. "Mir sind keine Gewaltaktionen der Identitären Bewegung bekannt, wie wir sie aus dem linken Lager kennen", sagte Meuthen den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Daher könne man sich fragen, "wie gerechtfertigt diese Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist", sagte Meuthen.

Programm des Bürgerfests von Stadt und Universität

PM von Halle gegen Rechts

Veranstaltung der Identitären Bewegung

Kampagnen-Blog

Aufruf der Stadt und Statement des Oberbürgermeisters zum Bürgerfest für Demokratie

Polizeimeldung