Industrie und Handwerk fordern mehr Konjunkturimpulse
Die Lage ist dramatisch. Die Corona-Pandemie hat in der Wirtschaftsregion um Halle, Dessau und Leipzig bereits deutliche Spuren hinterlassen. Das dürfe nicht so weitergehen - fordern die Kammern.
Halle/Leipzig (dpa) - Vertreter von Industrie und Handwerk aus der Region Halle-Dessau-Leipzig haben vom Bund und den Ländern in der Corona-Krise mehr Konjunkturimpulse gefordert. Um aus der Krise herauszukommen, seien bisherige Programme des Bundes und der Länder Ansätze, reichten aber nicht aus, erklärten Sprecher der Industrie- und Handelskammern (IHK) und des Handwerks am Mittwoch in Halle. Nötig seien auf lange Sicht weniger Steuern, Abgaben und Bürokratie.
In vielen Branchen sei die Lage der Unternehmen in der Region existenzbedrohend. Vier Kammern haben den Angaben zufolge rund 1600 Firmen von Ende März bis Anfang Mai befragt. Die Geschäftslage der Unternehmen habe sich deutlich verschlechtert. Insgesamt beurteilten zum Zeitpunkt der Befragung nur noch 36 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als gut und 27 Prozent als schlecht.
"Im Sturzflug ist die Stimmung der regionalen Unternehmen sogar unter den Tiefststand der Wirtschafts- und Finanzkrise von vor elf Jahren zurück gefallen", sagte Kristian Kirpal, Präsident der IHK zu Leipzig. "Der über Jahre hinweg anhaltende Wachstumsprozess des mitteldeutschen Wirtschaftsraumes hat nunmehr ein abruptes Ende gefunden", sagte er. Eine schwere Rezession scheine unausweichlich zu sein.
Um mehr öffentliche Investitionen zu ermöglichen, müssten zum Beispiel Kommunen als Auftraggeber mit mehr Geld ausgestattet werden, forderte der Leipziger IHK-Präsident. Privatleute sollten geplante Vorhaben wegen der Corona-Krise nicht auf die lange Bank schieben, mahnte Thomas Keindorf, Präsident der Handwerkskammer Halle. Zudem müsse es gelingen, die Ausbildung junger Menschen zu sichern. "Es darf nicht passieren, dass Fachkräfte abwandern in Regionen, die sich schneller von der Corona-Krise erholen", sagte Keindorf. "Wir brauchen sie für den Aufschwung", sagte er.
Die Industrieproduktion sei wegen der Pandemie eingebrochen, Aufträge wurden storniert, Importe und Exporte unterbrochen, der Betrieb branchenübergreifend teilweise über längere Zeit eingestellt worden. Trotz der vielfachen Nutzung von Kurzarbeitergeld durch die Firmen sei ein Personalabbau nicht in allen Betrieben zu verhindern. So plant laut der Umfrage jedes vierte Unternehmen mit weniger Personal als bisher.
Die Wirtschaftsregion mit rund 2,2 Millionen Einwohnern ist geprägt von mittelständischen Unternehmen, der Chemie- und Automobilbranche und der Braunkohleförderung. Die Corona-Krise habe Handwerksunternehmen regelrecht "vor die Wand gefahren", sagte der Präsident der Handwerkskammer Halle. Zum Beispiel Friseure, die wegen der Corona-Pandemie wochenlang schließen und damit Umsatzverluste erleiden mussten. Ausgenommen der Baubranche seien die Auftragsbücher der Handwerksunternehmen weitgehend leer.