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Landtag löst Enquete-Kommission Linksextremismus auf

Erst stimmt die CDU-Fraktion im Magdeburger Landtag mit der AfD für eine Enquete-Kommission Linksextremismus und handelt sich eine bundesweite Debatte über mangelnde Abgrenzung nach Rechts ein. Jetzt stimmt sie mit den Koalitionspartnern für die Auflösung des Gremiums.

05.02.2021, 17:44
Ronny Hartmann
Ronny Hartmann dpa-Zentralbild

Magdeburg (dpa/sa) - Dreieinhalb Jahre nach der bundesweit diskutierten Einsetzung einer Enquete-Kommission zum Linksextremismus hat der Magdeburger Landtag das Gremium aufgelöst. Die schwarz-rot-grüne Koalition und die oppositionelle Linke stimmten am Freitagabend dafür, den damaligen Einsetzungsbeschluss aufzuheben. Die AfD stimmte dagegen.

Der Schritt sei eine zwingende Schlussfolgerung aus einem Urteil des Landesverfassungsgerichts, das die AfD selbst angerufen habe, sagte SPD-Fraktionschefin Katja Pähle bei der Einbringung des gemeinsamen Antrags der Koalition zur Begründung.

Im Sommer 2017 hatte die AfD-Fraktion eine Enquete-Kommission beantragt, um vermeintliche Verbindungen von Parteien, Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen mit Linksextremisten zu untersuchen. Während SPD und Grüne das Gremium ebenso wie die Linken als Versuch ablehnten, gesellschaftliche Akteure auszuspähen und zu diskreditieren, stimmten große Teile der CDU damals dafür. Die größte Regierungsfraktion begründete das damit, der AfD ihr Minderheitenrecht zu ermöglichen.

Das Abstimmungsverhalten sorgte bundesweit für eine Debatte über eine Zusammenarbeit der CDU mit der oppositionellen AfD. Die Christdemokraten schließen eine Zusammenarbeit mit Linken und AfD bisher aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rügte ihre Magdeburger Parteikollegen damals mit den Worten, das verstehe sie nicht unter "nicht zusammenarbeiten".

Jetzt stimmten die anwesenden CDU-Abgeordneten geschlossen mit den Regierungspartnern und gegen die AfD. Eine eigene Begründung lieferten die Christdemokraten nicht, sie verzichteten, ebenso wie ihre Koalitionspartner SPD und Grüne auf ihr Rederecht.

Während die Enquete-Kommission damals trotz der Kritik ihre Arbeit aufnahm, blockierte der Landtag wenig später mehrheitlich einen ebenfalls von der AfD beantragten Untersuchungsausschuss zum gleichen Thema. Die AfD sah sich in ihrem Minderheitenrecht als Opposition beschnitten und rief das Landesverfassungsgericht in Dessau-Roßlau an. Die Richter entschieden im Dezember 2020, die Blockade sei rechtens, weil ein solcher U-Ausschuss die Kompetenzen des Landtags überschreite und der Gewaltenteilung zuwider laufe. Das Parlament würde mit einem solchen Untersuchungsauftrag die Aufgaben des Verfassungsschutzes, also der Exekutive, übernehmen.

Auf dieses Urteil stützte sich jetzt die Koalition mit ihrer nachträglichen Aufhebung des Beschlusses für die Enquete-Kommission. Eine Enquete-Kommission und eine Minderheit dürften nicht, was auch der Landtag als Ganzes nicht dürfe, sagte SPD-Fraktionschefin Pähle. Der AfD-Abgeordnete Daniel Roi kritisierte die Aufhebung der Kommission und sagte, seine Partei werde weiterhin dafür kämpfen, dass Extremisten nicht mit Steuergeld finanziert würden.

Die AfD in Sachsen-Anhalt wird nach Informationen mehrerer Medien seit Mitte Januar vom Landesamt für Verfassungsschutz mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet. Das ist laut Landesrecht nur möglich, wenn der Behörde genügend Anhaltspunkte vorliegen, dass die Partei verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft den "Flügel" der Partei schon länger als "erwiesen rechtsextremistische Bestrebung" ein, rechnet ihm trotz formaler Auflösung weiterhin 7000 Mitglieder zu und nennt den sachsen-anhaltischen AfD-Landtagsabgeordneten Hans-Thomas Tillschneider namentlich als einen der führenden "Flügel"-Köpfe.

© dpa-infocom, dpa:210205-99-321111/3

Ronny Hartmann
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