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Michael Richter ist neuer Finanzminister

Eigentlich saß Michael Richter schon halb auf gepackten Koffern: Zum 1. September wollte er seinen langjährigen Job als Finanzstaatssekretär an den Nagel hängen und in Pension gehen. Doch nun hat er eine neue Aufgabe.

Von Franziska Höhnl, dpa 20.06.2019, 18:16

Magdeburg (dpa/sa) - Der Wechsel an der Spitze des Magdeburger Finanzministeriums verläuft so geschmeidig, als ob er von langer Hand geplant wäre - und nicht binnen eines halben Tages organisiert. André Schröder (50) verkündet nach drei Jahren Amtszeit seinen Rücktritt am Donnerstagmorgen erst vor seinen CDU-Abgeordnetenkollegen, die ihn mit massivem Druck zu diesem Schritt getrieben haben. Dann macht er seinen Amtsverzicht öffentlich. Er habe nicht mehr das nötige Vertrauen, räumt er ein. "Die wichtigste Währung in der Politik ist nicht der Euro, sondern Vertrauen. Das gilt für einen Finanzminister in besonderer Weise."

Drei Stunden später bekommt Schröder seine Entlassungspapiere und übergibt die Geschäfte an die bisherige Nummer 2 im Finanzministerium, den Staatssekretär Michael Richter. Kurz darauf nimmt der 64-Jährige bei der Landtagssitzung frisch vereidigt auf der Ministerbank Platz. Schröder bleibt Abgeordneter im Landtag.

Was war passiert? Bis zum frühen Mittwochabend scheint die Welt von André Schröder in Ordnung zu sein. Zumindest nicht weniger in Ordnung als in den Wochen zuvor. Obwohl der Präsident des Landesrechnungshofs, Kay Barthel, gerade in einer Wutrede eine halbe Stunde lang die Haushaltspolitik der schwarz-rot-grünen Regierung zerpflückt hat, sitzt er entspannt auf der Ministerbank im Landtag.

Doch dann stellen zwölf Parteikollegen aus seiner Fraktion ein Ultimatum: Entweder Schröder geht, oder ihre Stimmen zum nächsten Doppelhaushalt und zum Rettungspaket für die angeschlagene Norddeutsche Landesbank wackeln. Eine Krisensitzung in der Staatskanzlei unter Leitung von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) besiegelt für Schröder im schwarz-rot-grünen Kabinett.

Ein durchaus überraschendes Ende: Seit Jahren gab es immer wieder Wochen, in denen darüber spekuliert wurde, dass Schröder seinen Posten einbüßt: Da war die Dienstreise in die USA, bei der er seine Büroleiterin mit sich Business Class fliegen ließ, statt für sie die billigeren Tickets zu buchen. Da waren die verfahrenen Verhandlungen zum Haushalt. Für den laufenden Etat konnte die Rekordsumme von 11,5 Milliarden Euro nur mit Hilfe vieler Kniffe ausgeglichen werden.

Und dann war da noch die völlig verstolperte Kommunikation zur angeschlagenen NordLB. Vor einem Jahr behauptete Schröder noch steif und fest, dass Sachsen-Anhalt keinen Cent für eine Bankenrettung geben wird. Monate später ist klar: Das Land soll die 3,6 Milliarden Euro schwere Finanzspritze für die NordLB mit 198 Millionen Euro mitfinanzieren. Parteiübergreifend kritisierten Abgeordnete, dass Schröder wichtige Informationen aus den Verhandlungen nicht weitergab. Die Linke hat deshalb den Rücktritt Schröders gefordert.

Doch das ist ein paar Wochen her. Kurz vor den nötigen Unterschriften unter die Papiere für das NordLB-Rettungspaket kamen Gerüchte auf, dass neue Risiken in der Bank aufgetaucht sind. Das liefert einigen CDU-Abgeordneten den Anlass, um den Druck auf Schröder zu maximieren. Er weist die Behauptung von neuen Risiken bei der Landesbank zurück, die NordLB dementiert später ebenfalls. Und auch CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt sagt, die Bedenken seien ausgeräumt. Doch dem seit Monaten geschwächten Finanzminister hilft das nicht mehr.

Jetzt übernimmt mit Michael Richter ein erfahrener Politiker den Posten und die Baustellen von Schröder. In einer Woche wird er 65, im September wollte er seinen Posten als Finanzstaatssekretär nach acht Jahren räumen. Jetzt gibt er den Job eher auf - um nach oben zu klettern. Er sei selbst überrascht von dem schnellen Jobwechsel, sagte er am Donnerstagabend der Deutschen Presse-Agentur.

Die Entscheidung, das Ministeramt zu übernehmen, sei ihm trotzdem nicht schwer gefallen. "Ich bin in den letzten Wochen relativ nachdenklich gewesen, weil es viele Projekte gibt, die im Land bewegt werden müssen."

Die NordLB-Rettung muss weiter gemanagt werden. Eine noch größere Herausforderung dürften die Verhandlungen für den Doppelhaushalt 2020/2021 sein. Jedes Jahr sollen rund 11,8 Milliarden Euro ausgegeben werden. Die Ausgabenwünsche der Minister liegen aktuell noch 1,9 Milliarden Euro darüber. "Er weiß, was ansteht", sagt Regierungschef Haseloff. "Wir sind in einer ganz wichtigen Phase."

Doch warum genießt der Finanzstaatssekretär Richter, der selbst sowohl in die bisherigen Haushaltsverhandlungen als auch in die NordLB-Rettung eng eingebunden war, ein Vertrauen der Abgeordneten, das seinem Vorgänger entglitten ist? "Das sind manchmal Dinge, die auch mit Persönlichkeitsstrukturen zu tun haben, wo die Chemie entweder produktiv wirkt oder gegebenenfalls zur Belastung wird", versuchte Haseloff einen Erklärungsversuch. Schröder habe selbst erkannt, "dass er den Problemkreis selber nicht mehr auflösen kann".