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U-Ausschuss will neue Berichte zu Halle-Anschlag auswerten

Ein Video aus einer Überwachungskamera zeigt laut Medienberichten, wie Passanten und eine Polizeibeamtin am Tag des Terroranschlags in Halle reagieren. Die Erkenntnisse sollen im U-Ausschuss zum Fall aufgearbeitet werden.

08.02.2020, 18:01

Magdeburg (dpa/sa) - Neue Berichte über die ersten Minuten des Terroranschlags von Halle sollen in einem Untersuchungsausschuss des Magdeburger Landtags aufgearbeitet werden. Das kündigte der Vorsitzende des Gremiums, der Grünen-Innenexperte Sebastian Striegel, am Samstag an. Der U-Ausschuss werde bei seiner nächsten Sitzung am 24. Februar den Rahmen für die Untersuchung des Polizeieinsatzes abstecken, teilte Striegel auf Twitter mit. Dabei sollen auch die neuen Erkenntnisse eine Rolle spielen.

Zuvor hatte der Rechercheverbund von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" berichtet, was auf einem Video aus der Überwachungskamera an der angegriffenen Synagoge zu sehen sein soll. Demnach gingen mehrere Passanten "ruhig, ja beinahe teilnahmslos" am ersten Opfer vorbei. Eine Polizeibeamtin soll um das Opfer herumgegangen sein, ohne Erste Hilfe zu leisten. In Ermittlerkreisen wird davon ausgegangen, das Opfer sei bereits tot gewesen - die Beamtin hätte die liegende Frau zudem "überprüft". Im Bericht der "Süddeutschen Zeitung" heißt es, das Video reiche vom Beginn der Tat gegen 12.00 Uhr bis 12.22 Uhr. Bis zu diesem Zeitpunkt sei kein Notarzt eingetroffen, der den Tod der 40-Jährigen hätte feststellen können.

Das Video aus der Überwachungskamera liegt dem Untersuchungsausschuss nicht vor. "Es ist Teil der (nichtöffentlichen) Ermittlungsakte", schrieb Striegel auf Twitter und verwies auf die Gewaltenteilung zwischen Gesetzgeber und Justiz. Das Innenministerium äußerte sich inhaltlich nicht zu den Berichten. "Aufgrund der Ermittlungen des Generalbundesanwalts ist es nicht möglich, detaillierte Erkenntnisse, insbesondere solche, die Geschehensabläufe in der in Rede stehenden Videoaufzeichnung betreffen, mitzuteilen", teilte ein Sprecher auf Anfrage am Samstag mit.

Ein schwer bewaffneter Mann hatte am 9. Oktober 2019 versucht, in die Synagoge in Halle einzudringen. Als das misslang, erschoss er eine 40 Jahre alte Passantin vor der Tür sowie kurz darauf einen 20-Jährigen in einem nahen Imbiss. Auf seiner Flucht verletzte er ein Paar schwer, bevor er festgenommen wurde. In seinem Auto fanden sich vier Kilogramm Sprengstoff. Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe übernahm frühzeitig die Ermittlungen. Ein 27 Jahre alter Deutscher hat die Tat gestanden und rechtsextreme und antisemitische Motive eingeräumt. Er sitzt in Halle in Untersuchungshaft. Eine Anklage wird zeitnah erwartet.

Neben der strafrechtlichen Aufarbeitung sollen im Landtag weitere Fragen geklärt werden. Der U-Ausschuss will unter anderem das Agieren der Polizei vor und während des Anschlags aufarbeiten. Dabei geht es auch um die zentrale Frage, warum die Synagoge am höchsten jüdischen Feiertag, Jom Kippur, nicht unter Polizeischutz stand. Der Beginn der Arbeit verzögerte sich zuletzt, weil die Landesregierung angeforderte Akten nicht angeliefert hatte.

Es sei wichtig, dass der U-Ausschuss ins Arbeiten komme betonte der innenpolitische Sprecher der SPD, Rüdiger Erben. Er gehe davon aus, dass bereits am 24. Februar Beweisbeschlüsse beantragt werden. "Was die Medien aus dem Video berichten, ist tatsächlich verstörend. Isoliert kann man so etwas jedoch nicht bewerten."

Bericht SZ

Tweet des Ausschussvorsitzenden Sebastian Striegel