SCM-Saisonbilanz: Drei WM-Medaillen - aber nur Hackers Ruder-Bronze hat mit Blick auf Rio 2016 olympischen Wert Ein Jahr nach London: Viel Schatten, wenig Licht
Magdeburg l Die nacholympische Saison ist Geschichte. Heute Abend legt der SC Magdeburg bei einem Treffen mit den Sponsoren Rechenschaft ab. Von viel Schatten und ein wenig Licht wird dann die Rede sein, denn die Bilanz in den fünf olympischen Sportarten ist - wie die nachfolgende Analyse zeigt - mit drei WM-Medaillen eher durchwachsen.
Die Spitzenathleten des SCM waren eigentlich mit einer leichten Hypothek in die nacholympische Saison gegangen: Es konnte nur besser werden nach der mit Abstand schlechtesten Bilanz bei den Spielen in London. Dort hatte von den sieben an den Start gegangenen Magdeburger Olympioniken nur Kanute Andreas Ihle die Erwartungen mit einer Bronzemedaille erfüllen können. Das war für den einstigen Medaillen-Garanten, der beispielsweise acht Jahre zuvor in Athen einmal Gold und achtmal Silber einheimste, ein historischer Tiefpunkt.
Mit einer Gold- und zwei Bronzemedaillen im Spitzenbereich bei den diesjährigen Saisonhöhepunkten, den Weltmeisterschaften in der Leichtathletik, im Kanu, Rudern und Schwimmen, kann zwar eine Steigerung gegenüber London konstatiert werden. Doch beim genauen Hinsehen hat die Bilanz einen Makel: Doppel-Medaillengewinner Eric Leue hat seinen sensationellen WM-Titel im Vierercanadier sowie die Bronzemedaille im Einercanadier "nur" in nichtolympischen Disziplinen errungen. Im Klartext: An der Elbe herrscht ein Jahr nach und drei Jahre vor den nächsten Olympischen Spielen Medaillen-Ebbe.
Dass es mehr Schatten als Licht gibt, lässt auch bei den Club-Verantwortlichen die Alarmglocken läuten. Allen voran bei Vereinspräsident Dirk Roswandowicz. Nach gut drei Jahren in seinem Amt muss er konstatieren (siehe Kurz-Interview): "Ich bin nicht zufrieden. Die Saison-Bilanz ist durchwachsen. Und zum Glück wird sie überstrahlt von Überraschungen. Was Olympia in Rio anbelangt, besteht in allen Bereichen und Abteilungen Handlungsbedarf."
Die Bilanz des Spitzenbereichs im Einzelnen
Mit Marcel Hacker ist nach London, wo vom SCM lediglich Mathias Rocher als Ersatzmann den Sprung ins Olympiateam geschafft hatte, ein verlorener Sohn zurückgekehrt. Ein Glücksfall für den SCM, denn das Comeback im Magdeburger Trikot war von Erfolg gekrönt. Der 36-jährige Einerfahrer, der in drei Jahren in Rio seine fünften Olympischen Spiele anstrebt, holte unter den Fittichen von Trainer Roland Oesemann zunächst bei den Europameisterschaften Silber. Bei den Weltmeisterschaften gelang dem Blankenburger wenig später der erneute Medaillen-Coup: Mit Kampf, Herz und Leidenschaft ruderte Hacker bei den Weltmeisterschaften zu Bronze.
Mit Maximilian Planer hatte ein zweiter SCM-Ruderer den WM-Zug erreicht. Er belegte im Vierer ohne den zwölften Platz. Dagegen hatte sich Rocher in der nacholympischen Saison aufgrund einer Bandscheibenverletzung passen müssen. Die einstigen Magdeburger Hoffnungsträger René Bertram und Marco Neumann hatten ihre Karriere gar ganz beendet.
Eric Leue allein bei der EM und WM. Das war das (traurige) Motto in der einstigen Kanu-Hochburg Magdeburg: Nachdem die langjährige Erfolgsgarantin Conny Waßmuth den Verein nach einer verpatzten Olympia-Saison in Richtung Potsdam verlassen hatte und Olympiasieger Andreas Ihle die Saison wegen einer Schulterverletzung schweren Herzens sausen lassen musste, war die Kaderdecke dünn wie nie. Bei der knallharten Qualifikation fielen auch noch Nicole Beck und Sören Schust durchs Rost. Somit hatte Leue als einziger Magdeburger den Sprung ins Nationalteam geschafft. Das sorgte für Ernüchterung. Gab es nach der EM (Platz fünf im C1 500 Meter und Platz sechs im C4 1000 m) noch keinen Grund zum Jubeln, änderte sich das bei der Heim-WM in Duisburg. Hier schlug der 28-Jährige gleich doppelt zu: Nach Gold im Vierercanadierer gab es obendrauf noch Bronze im Einercanadier. Dass es sich beide Male um nicht-olympische Strecken handelte, konnte und soll die persönliche Freude des Weltmeisters nicht schmälern. Denn: Was nicht ist, kann in den drei Jahren bis Rio noch werden ...
Die nach-olympische Saison der Schwimmer stand unter der Überschrift: Generationswechsel. Nicht nur, dass der langjährige Erfolgscoach Bernd Henneberg sich nach Olympia in den Ruhestand verabschiedete, auch der Sechstplatzierte Helge Meeuw (29) entschloss sich, seine Karriere zu beenden. Zudem verlor der SCM auch noch den Status Bundesleistungsstützpunkt.
Dass zum jetzigen Zeitpunkt dennoch ein deutlicher Aufwärtstrend im Spitzenbereich verzeichnet werden kann, ist eng mit den Namen Bernd Berk-hahn verbunden: Der 42-jährige Trainer wechselte im Sommer 2012 von Elmshorn nach Magdeburg - in seinem Schlepptau befanden sich auch gleich noch fünf talentierte Freiwasserschwimmer.
Von denen konnten am Ende mit den Juniorenweltmeistern Rob Muffels und Finnia Wunram sogar zwei das Ticket für die WM der "Großen" in Barcelona lösen. Der 18-jährige Muffels belegte über fünf Kilometer einen guten elften Rang. Für die sogar noch ein Jahr jüngere Wunram gab es beim Nationalmannschafts-Debüt dagegen kein Happy End: Sie wurde über fünf Kilometer disqualifiziert.
Franziska Hentke, Vorschwimmerin im Becken, begab sich ebenso in Berkhahns Obhut. Zwar verpasste die Magdeburger WM-Solistin über ihre Spezialstrecke 200 Meter Schmetterling nur um eine Hundertstel-Sekunde das angestrebte Finale, doch war die 24-Jährige die Einzige im deutschen Team, die mit einer persönlichen Bestzeit beim Saisonhöhepunkt aufwarten konnte.
Der erste Schock kam für die ambitionierten Leichtathleten des Clubs gleich zum Saisonauftakt: SCM-Neuverpflichtung Matthias de Zordo zog sich einen Achillessehnenriss zu. Für den mit vielen Vorschusslorbeeren bedachten und als Zugpferd des beim SCM neugegründeten "Wurf-Elite-Team Deutschland" auserkorenen Speerwurf-Weltmeister war damit die Saison beendet, ehe sie angefangen hatte. Das Projekt Titelverteidigung bei der WM in Moskau war gestorben.
Dafür trumpfte dort Martin Wierig auf. Der strebsame Olympiasechste erklomm auf der Karriereleiter die nächste Stufe und belegte in einem absoluten Weltklasse-Feld Rang fünf. Mit etwas mehr Glück und Geschick wäre sogar eine Medaille drin gewesen.
Zudem hatten mit Altmeisterin Nadine Kleinert und Josephine Terlecki (beide Kugel), Thomas Schneider und Eric Krüger (beide 4x400-m-Staffel) und Staffel-Ersatzmann Matthias Lindner das WM-Ticket ergattert. Während Kleinert freiwillig auf einen Start in Moskau verzichtete und stattdesssen bei den Diamond-League-Meetings auf lukrative Abschiedstour ging, bekleckerte sich Teamkollegin Terlecki bei der WM nicht mit Ruhm. Die 27-Jährige schied sang- und klanglos in der Qualifikation aus.
Auch für die Viertelmeiler hieß es: Außer Spesen nichts gewesen. Das angestrebte Staffel-Finale fand wie schon bei Olympia ohne ein deutsches Quartett statt. Das Projekt "Disziplinwechsel" von Janine Lindenberg war noch weitaus früher gescheitert. Die 26-Jährige, die in der Saison nach London die Flucht nach vorn antreten und von der Stadionrunde auf die lange Hürdenstrecke wechseln wollte, laborierte lange Zeit an einer Fußverletzung. Sie will in der neuen Saison ins Wettkampfgeschehen eingreifen.
Wer nach der verpassten Olympia-Qualifikation des DHB-Teams gedacht hatte, schlimmer geht\'s nimmer, der sah sich getäuscht. Die Handball-Nationalmannschaft setzte die Talfahrt nach einem kurzzeitigen Zwischenhoch bei der WM (Rang fünf) fort und scheiterte sogar in der EM-Qualifikation. Besiegelt wurde der historische Tiefpunkt durch die 25:27-Niederlage gegen Montenegro - mitbeteiligt an der Achterbahnfahrt durch die Saison: SCM-Rückraumsspieler Stefan Kneer und Neuzugang Michael Haaß.