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Fifa Niersbach tritt aus Fifa-Council zurück

Wolfgang Niersbach hat in der WM-Affäre seine Reputation und nun alle Ämter verloren. Seine Sperre ist bestätigt. Nun erfolgt der Rückzug.

16.12.2016, 15:16

Zürich/Frankfurt (dpa) l Eine der steilsten Funktionärs-Karrieren des deutschen Sports ist endgültig vorbei: Der frühere DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hat am Freitag in der WM-Affäre eine weitere schwere Niederlage erlitten und als Konsequenz daraus auch seine letzten Ämter im internationalen Fußball aufgegeben. Dem 66-Jährigen wurde zum Verhängnis, dass er den Skandal um die dubiosen Geldflüsse rund um die WM 2006 stets mehr vertuschen als wirklich aufklären wollte.
Am Freitag lehnte die Berufungskommission des Weltverbandes Fifa Niersbachs Einspruch gegen eine Einjahressperre für alle Ämter im nationalen wie internationalen Fußball ab. "Die Entscheidung trifft mich sehr hart, weil ich fest davon ausgegangen war, in der Berufung eine deutliche Reduzierung meiner seit Juli laufenden Sperre zu erreichen", sagte er. Niersbach bleibt bei seiner Auffassung, "dass das Urteil der Ethik-Kommission völlig überzogen ist." Dennoch habe er sich entschieden, "nicht mehr den internationalen Sportgerichtshof anzurufen, sondern vielmehr die persönliche Konsequenz zu ziehen, meine Ämter in den internationalen Gremien aufzugeben."
Als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes war der frühere Sportjournalist bereits im November 2015 zurückgetreten. Dennoch gehörte er bis zum Urteil der Fifa-Ethikkommission im Juli weiter den Exekutivkomitees des Weltverbandes und der europäischen Fußball-Union Uefa an. Theoretisch hätte er nach Ablauf seiner Sperre zumindest in das FIFA-Council zurückkehren können, wo seine reguläre Amtszeit erst 2019 zu Ende gegangen wäre. Doch praktisch war seine Funktionärs-Laufbahn mit der Entscheidung vom Freitag erledigt.
Der neue DFB-Präsident Reinhard Grindel möchte Niersbachs Nachfolge auch auf der internationalen Ebene so schnell wie möglich antreten. Bereits am 5. April 2017 kann er sich in Helsinki in das Exekutivkomitee der UEFA wählen lassen. Außerdem ging der DFB als Verband bereits nach dem FIFA-Urteil auf Distanz zu seinem ehemaligen Chef. Am Ende hatte Niersbach keine Unterstützer mehr. Einem steilen Aufstieg vom Mediendirektor zum Generalsekretär und Präsidenten des DFB folgte in der WM-Affäre ein noch viel tieferer Fall.
"Seine persönliche Entscheidung, damit die Konsequenz aus dem abgelehnten Einspruch gegen seine Sperre zu ziehen, auf den Gang vor das CAS zu verzichten und stattdessen auch auf internationaler Ebene die Verantwortung für Verfehlungen der Vergangenheit zu übernehmen, verdient Anerkennung und Respekt", ließ das DFB-Präsidium am Freitag in einer schriftlichen Mitteilung erklären. "Der DFB und die Liga sind Wolfgang Niersbach ausgesprochen dankbar, dass er den deutschen Fußball in den zurückliegenden Jahren auf internationaler Ebene mit hohem Engagement und fachlicher Kompetenz vertreten hat."
Die Berufungskommission der Fifa nannte die Einjahressperre am Freitag in ihrer Begründung "verhältnismäßig". Niersbach habe mit seinem Verhalten gegen die Paragrafen 18 ("Anzeige-, Mitwirkungs- und Rechenschaftspflicht") und 19 ("Interessenkonflikte") des Fifa-Ethikcodes verstoßen. Die Ethikhüter des Weltverbands hatten im Sommer sogar eine Sperre von zwei Jahren gefordert.
Grundlage des Urteils ist der Untersuchungsbericht der Kanzlei Freshfields zum WM-Skandal. Daraus geht hervor, dass Niersbach bereits mehrere Monate vor der Aufdeckung der Affäre von einer dubiosen Zahlung von 6,7 Millionen Euro des WM-Organisationskomitees erfahren haben muss. Er informierte darüber aber weder seine Präsidiumskollegen beim DFB noch die Ethikhüter der Fifa.
Niersbach hat in dieser Affäre alle Ämter und auch einen Großteil seiner Reputation verloren. Dabei ist der Skandal um dubiose Geldflüsse rund um die Weltmeisterschaft 2006 auch mehr als ein Jahr nach seiner Enthüllung noch immer nicht vollständig aufgeklärt.
Ebenfalls am Freitag räumte die Staatsanwaltschaft Frankfurt ein, nach der Öffnung der bislang verschlüsselten "Warner-Datei" keine neuen Erkenntnisse in der WM-Affäre gefunden zu haben. Eine Sprecherin bestätigte einen entsprechenden "Bild"-Bericht.
Der nachweislich korrupte und mittlerweile lebenslang gesperrte frühere Fifa-Funktionär Jack Warner ist möglicherweise eine der Schlüsselfiguren in dem Skandal. Vor einem Jahr tauchte ein Vertragsentwurf zwischen ihm und dem DFB auf, der aus den Tagen kurz vor der WM-Vergabe datiert ist und Warner unter anderem 1000 WM-Tickets der teuersten Kategorie zusichern sollte. Dass dieser Vertrag ans Licht kam, war am Ende der ausschlaggebende Grund dafür, dass Niersbach als DFB-Präsident zurücktrat.