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Kanu Krankemann vom SCM startet in der Krise durch

Kanutin Nina Krankemann vom SCM hat ein Jahr ohne internationale Höhepunkte hinter sich. Aber den größten im Visier: die Sommerspiele 2021.

Von Daniel Hübner 19.05.2020, 13:55

Magdeburg l Während andere Sportler in der Corona-Krise den Wecker (mindestens) zweimal klingeln lassen müssen, bevor sie sich in den Trainingstag begeben, springt Nina Krankemann schon nach der ersten Sirene aus den Federn, verabreicht sich womöglich ein Energiegetränk oder einen Kaffee, setzt sich auf den Drahtesel und tritt frohlockend in dessen Pedalen – direkt auf dem Weg zu ihrer ersten Einheit. „Die Fahrt zum Bootshaus ist für mich der Höhepunkt des Tages“, hat Krankemann lachend berichtet. Und doch so ernst gemeint.

Obschon die Kanutin vom SC Magdeburg zwar ihren bislang größten Erfolg im Kajak-Einer über 1000 Meter gefeiert hat, im Juni vor zwei Jahren in Belgrad (Serbien), ist sie doch ganz persönlich kein „Einer“. Sie ist sogar eine sehr gesellige junge Frau, die ihre Emotionen gerne austauscht, die ihre Freude zum Beispiel über die Neugestaltung der Wohnung gerne teilt. Wie sie also aus weißen Wänden eine farbenfrohe Welt mit Bildern gezaubert hat in dieser ziemlich ereignislosen Zeit der Abschottung.

„Ich habe überhaupt kein Problem, mich zu motivieren. Ich freue mich aufs Training. Auch, weil ich dort soziale Kontakte habe, die ansonsten doch sehr auf der Strecke geblieben sind“, sagt Krankemann. Darum ist also jede Fahrt zum Areal an der Zollelbe sogar ein Höhepunkt in doppelter Hinsicht. Und in gewisser Weise ein Neustart in der Corona-Krise.

Vor dieser Krise hatte sich die 24-Jährige an die Olympia-Qualifikation herangekämpft. Vor dieser Krise stand sie „top im Training“, berichtet sie. Testfahrten haben das bewiesen. Unter Trainer Mark Zabel, der die Spitzengruppe der SCM-Kajakfahrer im vergangenen Sommer von Eckhard Leue übernommen hatte, „habe ich vor allem an meiner Sprintfähigkeit gearbeitet“, erklärt Krankemann. Und sie hat unter Zabel „das Gefühl gewonnen, das es viel besser geworden ist“. Entsprechend lobt sie den 46-jährigen Coach: „Die Arbeit mit ihm bringt mir wahnsinnig viel.“

Aber vor jener Krise lag eine sportliche bereits hinter ihr. Sie wollte in wenigen Monaten aufholen, was sie 2019 komplett verloren hatte. Oder wie Krankemann es beschreibt: „Ich war der nationalen Konkurrenz hinterhergefahren.“

Deshalb hat sie auch keinen Grund, der Verlegung der Olympischen Spiele in Tokio in das Jahr 2021 (24. Juli bis 8. August) nachzutrauern. „Ich war weder traurig, noch habe ich mich gefreut“, beschreibt sie ihre Reaktion auf die Verkündung der Verschiebung im März. Aber sie ist sich sicher: „Die Verlegung war für mich persönlich nicht die schlechteste Entscheidung.“

Nach den beiden Ranglistenregatten des Deutschen Kanuverbandes (DKV) im vergangenen Jahr war die Saison für Krankemann bereits im April quasi beendet. Keine Europameisterschaft in Minsk (Weißrussland), keine Weltmeisterschaft in Szeged (Ungarn): So verlief ihre Saison ohne internationale Höhepunkte, ohne eine Regatta, in der sie messen konnte.

Nun aber hat sie noch zwölf Monate Zeit, die Schwächen der Vorsaison rauszupaddeln. Und sie blickt optimistisch voraus: „Im nächsten Jahr rechne ich mir größere Chancen aus.“ Größere Chancen auf den Start bei der Olympia-Qualifikation im Kajak-Zweier. Für die sie mehr oder weniger bereits ihre Partnerin gefunden hat.

Diese heißt nicht Jasmin Fritz, sie heißt auch nicht Julia Hergert. Es wäre durchaus zu vermuten gewesen, dass sich ein Zweier aus dem SCM-Trio finden würde. Aber die DKV-Verantwortlichen hatten für Krankemann anderes im Sinn beim Leistungstest im März im portugiesischen Montemor. Sarah Brüßler nämlich. „Wir waren wirklich sehr schnell“, erinnert sich Krankemann. Beide Damen hätten sich trotzdem zunächst im Einer bei der nationalen Rangliste beweisen müssen, um überhaupt in den Zweier-Ausscheid für Olympia zu kommen. „Aber das ist ein Boot mit Perspektive“, ist sich Nina Krankemann sicher. Und deshalb auch für den neuerlichen Kampf um die Tokio-Chance 2021.

In diesem Jahr wird es keine große Regatta mehr geben – so der Stand der Dinge. Mag sein, dass der DKV seine Athleten noch einmal fordert, um einen Formaufbau für ein geplantes Großereignis zu simulieren. Zumindest hat Kienbaum Krankemann wieder. Jener Bundesstützpunkt, den sie mit Fritz nach dem Ende der Polizei-Ausbildung im letzten Herbst vorerst verlassen hatte. Noch bis zum Sonnabend trainiert sie dort in der Zabel-Gruppe.

Und dort muss Krankemann auch nicht in die Pedalen treten. Dort liegt der Höhepunkt des Tages direkt vor der Tür.