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Fußball Die Talente noch besser fördern

Erneut auf eine erfolgreiche Spielserie können die Nachwuchsteams des VfB Germania Halberstadt zurückblicken.

Von Florian Bortfeldt 23.07.2019, 05:00

Halberstadt l Derzeit trainiert Lukas Ferchow mit dem Regionalliga-Kader des VfB Germania Halberstadt. Der 17-Jährige bereitet sich intensiv auf die am kommenden Wochenende startende Serie in der 4. Liga vor. Sein Weg soll beispielhaft für andere Nachwuchsspieler beim VfB Germania sein. Dass es extrem schwer ist, sich in der Regionalliga als Eigengewächs zu beweisen, ist ihm klar. Dennoch hat er sich für den schwierigen Weg entschieden. Ob er am Ende wirklich das Durchsetzungsvermögen haben wird, um Woche für Woche gegen Chemie Leipzig, den BFC Dynamo und Co. zum Einsatz zu kommen, wird man zum Ende der Saison sehen.

Der Fakt, dass Ferchow dabei ist, ist dem Konzept des VfB zu verdanken. Ferchow wurde von den Verantwortlichen, zu denen auch Nachwuchs-Chef Holger Eheleben und Nachwuchsleistungszentrum-Chef Thomas Waldow gehören, empfohlen. „In der ersten Mannschaft werden Plätze reserviert für eigene Talente“, erklärt Eheleben. „Lukas hat etwas, was andere nicht haben. Wir sind gespannt, wie er einschlägt.“

Auch 2018 wurde dieses Konzept bereits angewandt. Drei Plätze im Team der Viertliga-Mannschaft gingen in der Vorbereitung an Niclas Eheleben, Cedric Staat und Paul Niehs. Keiner der Drei schaffte letztlich den Sprung – das zeigt, dass es kein Selbstläufer ist. Niehs legte die Priorität auf das Abitur, Staat kämpfte sich lange mit einer Verletzung herum und Eheleben wurde beim SV Westerhausen „geparkt“, wechselte nun zum Ummendorfer SV in die Landesliga. In der „Causa Niclas Eheleben“ ist letztendlich der sehr gute Ansatz, den der damalige sportliche Leiter Andreas Petersen in die Wege leitete, auf der Strecke geblieben. Hier scheint der Verein Verbesserungspotenzial zu haben. Insgesamt sollten entsprechende Spieler weiter behutsam betreut werden.

Nachwuchsleiter Eheleben ist sich im Klaren, dass die Voraussetzungen in Halberstadt limitiert sind. „Das Ende der Fahnenstange ist erreicht. Die Bedingungen sind nicht da, es anders anzugehen. Die C-Junioren werden mit unserem Nachwuchsleistungszentrum gut vorbereitet für das Großfeld, dennoch kommt spätestens bei den B-Junioren die Entscheidung: Schule (Abitur) oder Fußball? Wir haben hier aber keine Sportschule in der Hinterhand, wo Talente noch adäquater gefördert werden können. Das ist den Standorten in Magdeburg und Halle vorbehalten.“

Germania Halberstadt hat bei seinem Nachwuchs viele Abiturienten. Die schwierige Entscheidung muss in dieser Lebensphase mit den Eltern getroffen werden. Nach dem Abitur setzen zahlreiche VfB-Kicker auf ein Studium. Entsprechend trennen sich die Wege.

Die Vereinsführung um Präsident Erik Hartmann ist jetzt dabei, die Rahmenbedingungen Schritt für Schritt zu verändern. „Wir fördern die Spieler in dem Maß, dass sie eine Lehrstelle in der Region kriegen und vor Ort bleiben, um das Training intensiv zu nutzen“, erklärte Eheleben.

Setzt ein Jugendlicher auf den Fußball, ist aber auch Geduld gefragt. Nicht jeder stellt sich jedoch in die Warteschlange, wartet ein, zwei Jahre um zu sehen, ob es mit dem Fußball funktioniert. Womöglich verschenkte Zeit oder eben ein Volltreffer. „Wir haben keine Glaskugel, um diese Frage zu beantworten“, sieht Eheleben eine Menge Faktoren, die eine Rolle bei diesem Prozess spielen.

Der Weg zur Halbprofessionalität mit Einbringen eigener Talente, der vor einem Jahr eingeschlagen wurde, und unter Ex-Trainer Maximilian Dentz gut funktionierte, soll unter Neu-Coach Sven Körner fortgesetzt werden. Germanias Talente sollen die Möglichkeit bekommen, sich in die erste Mannschaft zu integrieren.

Seit letztem Sommer stellt die zweite Mannschaft hier einen wesentlichen Faktor. Fußballer, die keine Praxis bekommen, sollen in der Landesklasse spielen. Die zuletzt gute Zusammenarbeit mit Trainer Hannes Deicke, der aktuell seinen A-Schein macht und somit zu einer Qualitätssteigerung beitragen wird, ist ein guter Grundstein. Hier wiederum gilt es auch weiter zu blicken, denn die Eckpfeiler der zweiten Mannschaften stellten über weite Teile die A-Junioren. Hier leisteten Cheftrainer Florian Köhler, Heinz Keller und Christoph Klötzer – aber auch Denis Becker im Austausch mit den B-Junioren – eine beispielhafte Zusammenarbeit.

Florian Köhler, der den Weg des anfangs genannten Lukas Ferchow maßgeblich begleitet hat, musste quasi jedes Wochenende zwei wettbewerbsfähige Teams zusammenstellen. „Entsprechend hatten wir im Vorfeld Abstriche ins Kalkül gezogen“, stellt Holger Eheleben die Endplatzierung in den Hintergrund. „Dass wir dadurch nicht ganz oben stehen würden, war uns klar. Die Wichtigkeit seiner Arbeit soll das keineswegs schmälern.“ Der vierte Platz in der eingleisigen Verbandsliga war trotzdem zufriedenstellend.

Die B-Junioren ließen hinten raus etwas nach, waren aber immer im oberen Drittel der Verbandsliga. Gerade gegen Spitzenteams wie den 1. FCM und den HFC lieferte das Team vom Trainergespann Denis Becker/Marco Allner richtig gute Spiele ab, auch im Pokal. Nachwuchs-Chef Eheleben: „Der fünfte Platz ist sicher nicht das Nonplusultra. Im Laufe der Saison gab es Hochs und Tiefs.“

Ein Tief in dieser Altersklasse war sicherlich das Zurückziehen der B2 aus der Landesliga zur Halbserie. „Es ist uns nicht geglückt, zwei leistungsfähige Teams aufzustellen. Im Winter waren es nur noch 23 Spieler, das reicht auf dieser Ebene nicht für zwei Mannschaften. Zudem fehlte ein Trainer“, blickt Eheleben kritisch zurück.

Die C-Junioren von Trainer Thomas Waldow holten „Bronze“ in der Verbandsliga. Auch hier waren der HFC und der FCM die Krösusse. Im Finale um den Landespokal gegen den 1. FC Magdeburg verkaufte sich das Team bestmöglich, zur großen Überraschung reichte es erwartungsgemäß nicht.

Deutlich wurde in der abgeschlossenen Saison auch, dass andere Vereine aufgeholt haben. Hier sei an erster Stelle IMO Merseburg genannt, das in fast jeder Alterklasse der Verbandsliga vertreten war. Ähnlich wie der VfB Germania rekrutiert der Verein die Besten aus dem gesamten Umkreis. „Hier kommt das Nachwuchsleistungszentrum zum Tragen“, berichtet Eheleben, „zwischen 20 und 25 Spieler im C-Junioren-Alter trainieren viermal die Woche plus eine zusätzliche Einheit. Mit der Einrichtung der Talenteliga vor wenigen Jahren hat sich das etwas verändert: Viele aus dem Umfeld kommen da schon zum VfB Germania.“ Das D-Jugend-Alter stellt also eine Art Schnittstelle zwischen Freizeit- und Leistungsfußball dar. Oft melden sich Eltern selbst, ansonsten wird der Kontakt zu den Talenten der kleineren Vereine bei Sichtungen hergestellt „oder wir sprechen die Vereine gezielt an“, so Eheleben. „Die meisten teilen die Einsicht, dass sich der junge Spieler so als Persönlichkeit weiterentwickeln kann. Klar ist aber auch, dass der Abgang der Besten immer eine Lücke in die Vereine reißt. Da ist es logisch und verständlich, dass nicht alle Vereine abgeben.“

Letztlich leistet die Germania aber Arbeit im Sinne des Harzkreises. Oft kehren die Kinder als dann fußballerisch gut ausgebildete Jugendliche oder junge Männer zurück in die früheren Vereine. Manche werden sogar weiterdelegiert. Dieses Jahr gab es vier Delegierungen bei den D- und C-Junioren zur Sportschule nach Magdeburg. Adrian Doci, vor zwei Jahren Richtung FCM gewechselt, schaffte inzwischen sogar den Sprung zum VfL Wolfsburg.

Den größten Erfolg feierten die D-Junioren unter Trainer Denis Becker. Vor dem VfL Halle 96, dem Halleschen FC und dem FCM sicherte sich das Team die Landesmeisterschaft.

Die D2-Junioren hielten die Landesliga, die D3 gehörte im Kreis noch zu den besten sechs Teams. „Das ist sehr in Ordnung und verdeutlicht die gute Arbeit der Trainer“, so Holger Eheleben.

Erfolgsverwöhnt waren bisher immer die E-Junioren um Trainer Heiko Eckelmann. Sonst Triple-Abonnent, musste die Mannschaft diese Saison auch mit Niederlagen umgehen. Man wurde Zweiter in der Meisterschaft, auch im Kreispokal und in der Halle gab es andere Sieger. Lob gab es dennoch vom Nachwuchs-Chef: „Sie leisten die wichtige Arbeit, damit sich im D-Bereich weiterentwickelt werden kann.“

Weil der VfB Germania im Nachwuchs an seine Kapazitäten stößt, arbeitet man bei den Jüngsten sehr eng mit Fortuna Halberstadt zusammen. Der „Nachbar“ stellt einen Ausweichplatz zum Trainieren. Ab 2019/20 gibt es zudem mit der E3 erstmals eine Spielgemeinschaft. Beide Clubs hatten noch sechs Kinder ohne Team, entsprechend wurde gehandelt im Sinne der Kids. Eheleben: „Das sind die Wege, die man auf Kleinfeld- und Breitensport-ebene in diesen Zeiten gehen muss.“

Etwas zu feiern hatte am Saisonende die F1 mit Trainer David Werner. Nach „Silber“ in der Meisterschaft gab es im Juni den Kreispokalsieg.

Beim VfB endet die „Geschichte“ aber nicht nach den F-Junioren, es gibt inzwischen auch eine G- und eine H-Jugend-Mannschaft. Bei den 3- und 4-Jährigen begann Holger Eheleben das Training gemeinsam mit Sohn Niclas mit sechs Kindern, inzwischen ist man bei 21 gelandet. Dass der Fußball hier noch eine untergeordnete Rolle spielt, leuchtet ein. „Da geht es um Spiel und Spaß und Bewegung.“

Bei 15 Nachwuchsmannschaften wird einem schnell klar, dass mindestens genauso viele Trainer beziehungsweise Übungsleiter Zeit finden müssen. Das stellt sich nicht einfach dar, gerade bei den Jüngsten. Oftmals funktioniert dies nur über die Eltern, die dann mit Hilfe des Vereins zusätzlich ausgebildet werden. Dass der VfB Germania grundsätzlich die Trainer in den Altersklassen halten will, macht es nicht einfacher, denn trainierende Väter oder Mütter wollen auf der anderen Seite ihr Kind durch die Altersklassen hindurch begleiten.

Schlussendlich macht Eheleben noch einmal deutlich, dass es viel Arbeit gibt, in erster Linie an der Schnittstelle zwischen A-Jugend und Herrenbereich. „Wir müssen an der Vereinsstruktur arbeiten, der VfB Germania muss auch die gefühlte Heimstätte sein. Auf den Dörfern beziehungsweise bei kleineren Vereinen ist der Zusammenhalt ein anderer. Da ist für viele die Gemütlichkeit entscheidend. Gemeinsam mit unserer zweiten Mannschaft sind wir da aber guter Dinge, viele aus A-Jugend sind diesen Sommer im Verein geblieben, suchen bei uns die Herausforderung. In den letzten Jahren haben uns viele Nachwuchsspieler verlassen, so dass uns 22- bis 28-jährige Spieler fehlen. In den kommenden Jahren gilt es, wieder eine gesunde Struktur herzustellen.“