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Motorsport Deutschlands Enduro-Elite gibt sich die Ehre / Lokalmatadore zeigen starke Leistungen Von Björn Richter 20. ADAC-Geländefahrt in Burg: Weil "fahren" auch von "Erfahrung" kommt

15.08.2013, 01:09

Bei einigen von Deutschlands Top-Endurofahrern dürfte es auch heute am Frühstückstisch noch beim Kauen knirschen. Der feine Staub, der die 20. Internationale ADAC-Geländefahrt in Burg ständig umwehte, stand im krassen Widerspruch zu Schnee und Eis während der ersten beiden Wertungsläufe zur Deutschen Enduro-Meisterschaft und dem Pokal. Ohnehin stand das Wochenende ganz im Zeichen der Gegensätze.

Burg l Das eigene Zuhause war nur einen Steinwurf entfernt. Benjamin Fähse befand sich am Sonntag gerade zwischen Wörmlitz und dem heimischen Stegelitz, als das Unglück passierte. Mit dem Reifen seiner KTM blieb er an einer Wurzel hängen, überschlug sich und kugelte sich die Schulter aus - wenn auch unvollständig. Der Fachmann spricht dabei von einer "Subluxation", doch auch der Laie weiß: Das Wochenende war für den Starter vom gastgebenden MSC Burg gelaufen. "Im Heimspiel so etwas durchzumachen, ist einfach nur furchtbar", schilderte der Pechvogel.

Besonders bitter für Fähse: Nach Platz zehn am Vortag in der Klasse ER3 des Deutschen Enduro Rallye Cups für Breitensportler sollte es noch ein Stück höher hinaus gehen. "Ich habe mir auf der zweiten Runde einige Chancen ausgerechnet." Stattdessen endete der Tag im Krankenhaus. Eine MRT-Untersuchung ergab glücklichweise keine Schädigung der Wirbelsäule und so war Fähse am späten Nachmittag bereits wieder im Fahrerlager auf dem Gelände der Clausewitz-Kaserne anzutreffen.

"Durch den Staub fuhr es sich wie auf Mehl."

Dort erlebte er noch die Siegerehrung seiner Rennklasse mit und konnte sich immerhin für seinen Teamkollegen und Ortsnachbarn Frederic Mickelun freuen. Der Lokalmatador bestätigte an beiden Tagen Platz drei. "Meine Erwartung hat sich damit erfüllt." Angesprochen auf sein Erfolgsrezept wollte der MSC-Pilot vom oft zitierten "Heimvorteil" jedoch nichts wissen: "Durch den ganzen Staub fuhr es sich wie auf Mehl. Man musste sich immer wieder neu auf die Runde einstellen." In der Tat sah man Mickelun zwischen den Umläufen auf der 67 Kilometer langen sowie mit zwei anspruchsvollen Crosstests im Burger Gewerbegebiet und in Madel gespickten Strecke bei der Feinabstimmung des Fahrwerks. Doch auch das beste Renn-Setup nützt nichts ohne Routine. "Fahren" kommt eben auch von "Erfahrung", wie Mickelun bestätigte: "Ich bin seit 15 Jahren aktiv. Aber heute war die Strecke wirklich sehr anspruchsvoll. Man hat gemerkt, wer fahren kann und wer nicht."

Über jeden Zweifel erhaben waren dabei natürlich auch die Top-Piloten, die um die Deutsche Enduro-Meisterschaft sowie um den Deutschen Enduro-Pokal in den Wettstreit traten. Allerdings hatten selbst Fahrer wie Dennis Schröter, der den Ton in der Klasse E1 vorgab, oder der Championatssieger vom Sonntag, Markus Kehr, ihre liebe Mühe und Not auf der sandigen und anspruchsvollen Strecke. Allen voran Schröter machte einige Male die unliebsame Bekanntschaft mit der Erde im Jerichower Land, trieb sich aber selbst immer wieder zu Höchstleistungen an.

Am ehesten in Reichweite der Elite war unter den Einheimischen der Paplitzer Martin Reisener zu verorten. Solide Platzierungen im Feld der Meisterschafts-Top-Fahrer dürften den I-Lizenz-Inhaber, Husqvarna-Piloten und Starter des MC Fiener Tucheim im ADAC ebenso zufrieden gestimmt haben wie dessen Teamkollegen Sebastian Stube, der im Pokal-Wettbewerb und im Rallye Cup startete.

Vom Wettkampfgedanken etwas losgelöst war dagegen Carmen Neuman vom gastgebenden Verein unterwegs. Die Burgerin nahm an der Ehrenrunde teil. Im Feld der routinierten Piloten sprang immerhin ein Platz im hinteren Drittel heraus, unter den startenden Frauen war Neumann hingegen die Schnellste - quasi als Quereinsteigerin: "Ich fahre eigentlich gar nicht Enduro. Eher fühle ich mich auf dem Crossplatz zuhause. Das sind zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe."

"Froh, keine zweite Runde fahren zu müssen."

Im Gegensatz zu den Vereinskollegen Fähse, Mickelun und Marco Deichfischer startete sie demnach außer der Wertung, konnte am Ende dennoch einen Pokal in Empfang nehmen. Auf dem Weg dahin machte sie jedoch ähnliche Erfahrungen wie die Enduro-Spezialisten: "Es war wirklich kein Vergnügen. Die Strecke war ziemlich ausgefahren und staubtrocken. Ich war jedenfalls froh, im Gegensatz zu den anderen keine zweite Runde fahren zu müssen", schilderte Neumann mit einem Lachen. Vor allem die Unterstützung des eigenen Anhangs sowie das liebevoll-beharrliche Drängen der Vereinsspitze um Frank Geßner und Michael Kahlfuss habe sie bewogen, in Burg probehalber zu starten.

In knapp zwei Wochen wird sie ihre Teamkollegen übrigens wieder begleiten - diesmal jedoch nicht in der Rolle als Aktive, sondern als Unterstützerin. Am Sonnabend, 31. August, steht nämlich das zweite Enduro-Spektakel binnen kürzester Zeit im Jerichower Land auf dem Programm. Beim MC Fiener Tucheim im ADAC findet der fünfte Lauf zur Deutschen Meisterschaft und dem Pokal statt. Bei der traditionsreichen Geländefahrt "Rund um den Fiener" wird es neben den Elite-Fahrern jedoch auch ein Wiedersehen mit den Rallye-Cup-Teilnehmern und natürlich der einheimischen Szene geben. MSC-Pilot Mickelun hat den Termin jedenfalls fest im Blick. "Tucheim wird noch einmal ein echtes Highlight, dann kommt der Novemberpokal in Woltersdorf, ehe sich die Saison langsam dem Ende entgegen neigt."

Auch im Terminkalender von Benjamin Fähse befinden sich übrigens noch ein paar Kreuze an den Wochenenden. Seinem Unfall im Heimspiel zum Trotz, dachte er am Sonntag noch nicht über das Saisonende nach, will so schnell wie möglich wieder auf seiner Maschine sitzen - wie er selbst sagte: "Es geht weiter".