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Fußball Rene Bonitz über den Zerfall eines Traditionsklubs und fehlende Solidarität unter den Vereinen im Kreis "Der SV 90 Parey ist erst der Anfang"

31.07.2014, 01:19

Vor gut zwei Wochen wurde bekannt, dass der SV 90 Parey seine Kreisoberligamannschaft vom Spielbetrieb zurückzieht. Damit ging der Liga und dem Jerichower Land ein "Dinosaurier" verloren, der zahlreiche Erfolge vorzuweisen hatte. Volksstimme-Mitarbeiterin Anne Hofmann sprach mit dem Vorsitzenden des Vereins, Rene Bonitz, über die Gründe und die Zukunft des Fußballs im Landkreis.

Herr Bonitz, welche Gründe gibt es dafür, dass ein so traditionsreicher Verein wie der SV 90 Parey nun die weiße Flagge im Männerbereich hissen muss?

Rene Bonitz: Wir haben bis eine Woche vorher noch viele Gespräche geführt. Wir hatten die Hoffnung, dass unsere ganzen Langzeitverletzten zurückkehren würden. Aber am Ende gab es zuviele Wackelkandidaten und noch eine Saison als Fallobst wollten wir uns nicht antun.

Solch eine Situation tritt ja aber meist nicht kurzfristig auf, sondern ist ein schleichender Prozess. Ist Ihnen denn nicht schon früher in den Sinn gekommen, dass es irgendwann eng wird?

Doch natürlich. Wir haben in den letzten Jahren so viele Spieler verloren. Teilweise haben sie uns verlassen, weil sie woanders studierten oder arbeitsbedingt. Wir hatten aber auch viel Verletzungspech und unsere Alterstruktur ist mittlerweile einfach zu hoch. Viele unserer Spieler wollen lieber Alte Herren spielen, weil das mit Familie und Arbeit eher zu vereinbaren ist, als der Wettkampf in der Kreisoberliga. Wir hatten also schon auch Pech. Aber dennoch habe ich bereits vor vier Jahren und von dort jedes Jahr erneut Gespräche mit den anderen Vereinen der Verwaltungsgemeinde, SV Grün-Weiß Bergzow und SV Germania Güsen geführt. Doch die Antwot lautete stets: Lieber sterben wir allein, als mit euch einen Zusammenschluss in Erwägung zu ziehen.

Meinen Sie denn, dass es den beiden Vereinen auch so ergehen könnte, Güsen ist immerhin gerade erst aufgestiegen?

Es sollte allen Klubs zu denken geben, wenn ein Traditionsverein wie der SV 90 diesen Schritt gehen muss. Parey ist nur der Anfang. Vielleicht haben die Vereine kurzfristigen Erfolg, aber langfristig werden immer mehr Klubs dieses Problem haben. Sehen wir uns mal die Güsener an. Sie haben den Aufstieg verdient und ich wünsche ihnen auch viel Glück. Aber sie haben nur eine gute Stammelf. Was passiert, wenn Spieler wie Tobias Pohl oder Josef Bonitz wegfallen? Germania kann sie nicht gleichwertig ersetzen. Vielleicht wird es nicht in den nächsten zwei Jahren passieren, aber es wird passieren. Hier gibt es so viele Konkurrenzvereine und es wird immer schwerer, Spieler zu bekommen. Güsen hat nicht einen Neuzugang für die Saison verpflichtet und das, obwohl wir uns aufgelöst haben.

Sie selbst spielen aber auch beim Burger BC 08 und nicht beim SV 90 Parey, wo Sie Vorsitzender sind, wie erklären Sie das?

Ich spiele bei Burg Fußball, mein Kindheitstraum war es aber immer in Parey zu spielen. Ich habe aber gelernt, dass, wenn man das Maximum aus sich herausholen will, man dahin gehen muss, wo man gefördert wird. Ich wäre gern beim SV 90 geblieben, aber ich wollte gerne höherklassig spielen und meine Mannschaftskameraden von damals hatten nicht diesen Ehrgeiz. Dass ich beim Burger BC spiele haben mir viele Menschen übel genommen, aber deshalb hängt mein Herz trotzdem am SV 90.

Wie geht es jetzt mit dem Verein weiter ohne Aushängeschild?

Unser Ziel ist es natürlich im nächsten Jahr wieder eine Männermannschaft stellen zu können. Die Spieler, die uns jetzt verlassen haben, wollten das nicht und würden auch zurückkommen. Sollte das aber nicht funktionieren, werden wir kein Himmelfahrtskommando entsenden. Zwar ist unser Aushängeschild nun weg, aber der Verein selbst ist noch am Leben. Unsere Altherrenmannschaft wurde in den vergangenen Jahren immer stärker und populärer. Außerdem wollen wir versuchen eine Traditionsmannschaft aufzubauen, denn der SV 90 hat eine ruhmreiche Geschichte, an die sich viele Leute noch erinnern. Nicht zuletzt haben wir ja auch noch unser Hallen-Masters in Parey. In diesem Jahr wird erstmals nur mit Traditionsmannschaften um den Pokal gespielt. Dafür bekommen wir viel Zuspruch.

Ohne Männermannschaft wird es auch schwer, der Jugend eine Perspektive zu bieten, für den SV 90 zu spielen, oder?

Ja, das stimmt. Aber wir haben zum Glück einen großen Nachwuchsbereich. In der Spielgemeinschaft mit Jerichow, Güsen und Parey (Spg. Elbekicker, Anm. d. Red.) ist jede Altersklasse von der G- bis zur A-Jugend doppelt besetzt. Wir haben also sowohl Glück als auch Pech, dass unsere Jugendlichen noch zwei Jahre brauchen, um im Männerbereich spielen zu können.

Warum funktioniert die Spielgemeinschaft im Jugendbereich, aber nicht im Männerbereich?

Weil sich die Vereine doof anstellen, um es mal so auszudrücken. Im Jugendbereich ist die Organisation noch viel schwieriger, da ja auch die Eltern der Kinder mitziehen müssen und sie zum Training und den Spielen fahren. Und dennoch funktioniert es dort. Bei einem Zusammenschluss profitieren doch alle. Mancher Verein hat kaum Nachwuchs, dafür noch Männermannschaften und bei uns ist es genau andersherum.

Nun gibt es keinen Zusammenschluss im Männerbereich, wie wollen Sie in zwei Jahren genug Jugendliche davon überzeugen, in Parey ein Team aufzumachen?

Wir arbeiten mit Hochdruck daran. Viele Eltern fragen auch schon, wieso es keine Spg. bei den Männern gibt. Wie erklärt man es auch den Jugendlichen, die zehn Jahre zusammen im Nachwuchs gespielt haben und sich nun, da sie bei den Männern spielen könnten, auf einmal trennen müssen. Aber solange sich die anderen Vereine weiterhin gegenseitig Spieler wegnehmen und über uns die Nase rümpfen, wird der SV 90 Parey nicht der letzte Verein sein, der diesen Schritt geht.