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Handball Die Last des letzten Wurfs

In einem packenden Verbandsliga-Derby siegt der Güsener HC mit 33:32 (19:19) gegen Biederitz.

Von Björn Richter 13.10.2020, 01:01

Güsen l Sein Trainer nennt ihn schon mal liebevoll „Zauberlehrling“. Ein bisschen was ist da sicher dran, denn Bennet Daßler, der vor der Saison den Weg zurück zu seinem Heimatclub nach Biederitz fand, hat in der Vorbereitung nicht grundlos die meisten Blicke auf sich gezogen. Der 17-Jährige fährt inzwischen zweigleisig für die A-Jugend und die Verbandsliga-Männer des SV Eiche 05 und war bei Letzteren der Lichtblick im Saisonauftakt gegen Klein Oschersleben (22:30). Die Jahre in der Talentschmiede des SC Magdeburg haben ihn als Handballer reifen lassen und seinen Körper gestählt. Weil die Schultern dann aber doch noch nicht ganz so breit gewachsen sind, mag es halbwegs vermessen wirken, auf ihnen die Last des letzten Wurfs abzulegen.

Als am Sonnabend im Duell beim Güsener HC noch vier Sekunden zu spielen waren und sich nach einem Freiwurf die Halbchance auf den 33:33-Ausgleich bot, hatte auch Eiche-Coach Peter Pysall einen anderen Zielspieler im Sinn: „Eigentlich sollte Sören Große den Ball bekommen.“ Das Spielgerät landete aber in den Händen des Youngsters und der Wurf unter Bedrängnis oberhalb des Gastgebergehäuses. Doch zum einen „hat Bennet bereits bewiesen, dass er solch schwierige Würfe nehmen kann“. Zum anderen dürfte die letzte Szene nicht die entscheidende gewesen sein, wenn man wie Pysall die gesamten 60 Minuten in Betracht zog: „Ob Siebenmeter oder einfache Würfe vom Kreis – dass einer oder zwei davon daneben gehen, kommt vor. Aber es dürfen nicht fünf von sieben Großchancen liegen bleiben, wenn wir etwas holen wollen.“

Dass am Ende nun also der GHC unter „Derbysieger“-Rufen durch die eigene Halle hüpfte, bedauerte Eric Steinbrecher keineswegs. Doch der GHC-Trainer nahm den zweiten Sieg im zweiten Spiel mit Demut auf: „Geht diese Partie unentschieden aus, dürfen wir uns nicht beschweren. Von der ersten bis zur 60. Minute sind sich zwei Teams auf Augenhöhe begegnet. Biederitz hat gefightet, wir hatten das glücklichere Ende für uns.“ Tatsächlich konnte sich keine von beiden Mannschaften im gesamten Spielverlauf auf mehr als zwei Treffer absetzen. Allein in der ersten Hälfte wechselte die Führung sechsmal hin und her, wobei sich die Derbykontrahenten einen munteren „Shootout“ lieferten. Während sich der SV Eiche 05 von der 6-0- über die 5-1- bis zur 4-2-Deckung durch sämtliche Systeme verteidigte, gegen den wurfgewaltigen Güsener Rückraum aber anfällig blieb, tappte der GHC defensiv in die ausgelegte Falle des Gegners: „Wir haben schnell gemerkt, was Biederitz vorhatte: uns mit langsamem Spiel herauslocken, Zeitstrafen provozieren. Und es hat leider funktioniert. Aber Fabian Wagner hat uns mit wichtigen Paraden im Spiel gehalten und vorn haben wir gespielt, was wir können, wobei nur wenige Varianten möglich waren. Viel lief über die Eins-gegen-Eins-Duelle.“

Und nachdem Julian Schmälzlein anderthalb Minuten vor der Schlusssirene trotz Manndeckung die Lücke fand und das 33:31 erzielte, wäre an jedem anderen Tag wohl die Entscheidung gefallen. Doch die Biederitzer hatten bereits kurz nach Wiederbeginn, als Große zum eigenen 22:20 getroffen hatte (36.), unter Beweis gestellt, dass sie die zweiwöchige Pause zur intensiven Fehlerkorrektur genutzt haben. „Vieles, vor allem defensiv, können wir uns im Training nicht erarbeiten, weil eigentlich immer jemand fehlt. Dennoch war das war eine 100-prozentige Steigerung im Vergleich zum Auftaktspiel. Wenn wir immer diese Leistung in Verbindung mit stabileren Torhütern und vor allem einer besseren Trefferquote abrufen, ist mir überhaupt nicht bange“, so der Biederitzer Coach. Und womöglich hängt dann in den Schlusssekunden auch nicht alles von dem einen letzten Wurf ab. Egal, wer ihn sich nimmt.

Güsen: Wegener, T. Prause – Fritz (1), Schulz (4/1), Mache (1), Beck (1), Teßmann (8), Lepper (2/1), C. Haßbargen (2), Faber (4), Ladwig (5), Keil, Neumeister, Schmälzlein (5)
Biederitz: Tschirschwitz, Meyer, Gronemeier – Holzgräbe (4), Köster (1), Walde (3), Wentzel (5/1), Herrmann (1), Freistedt (2), Große (9/1), Daßler (7/1), Exner
Siebenmeter: GHC 3/2 – Eiche 7/3; Zeitstrafen: GHC 6 – Eiche 2