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Marathon Den Langstrecken verfallen

Bernd Thomas vom MSV Eintracht Halberstadt ist der Faszination des Laufsports verfallen.

Von Gerald Eggert 09.11.2019, 03:00

Halberstadt l 1997 begann Bernd Thomas mit dem Laufsport. 2001 lief er seinen ersten Marathon in Braunschweig. Dort absolvierte Bernd Thomas auch seinen 100. Dazwischen liegen überwiegend Langstrecken zwischen 42,195 und 100 Kilometer Er habe mit Sport nicht viel am Hut gehabt, gibt Bernd Thomas zu.

Ganz anders seine Frau Helga. Sie lief in den 1990er Jahren und er stand bei Wettkämpfen meist an der Strecke. Bis er eines Tages kein Zuschauer mehr sein wollte. „Ich entschied mich, es mit kurzen Strecken auszuprobieren. Zehn bis 15 Kilometer sollten reichen“, berichtet er zurückschauend, „und so beteiligte ich mich im November 1997 am Lauf über den Gläsernen Mönch. Im Prinzip aus dem Stand zum ersten Wettkampf. Es funktionierte.“

Drei Jahre lang nahm er nun als Mitglied der Laufgruppe des MSV Eintracht an Landescupläufen teil und holte sich erste Lorbeeren. Dann sollte „der nächste Gang eingelegt“ werden. Die Marathondistanz reizte ihn und so meldete er sich 2001 in Braunschweig an, auch weil die Entfernung dorthin nicht weit war. Fast 800 Läuferinnen und Läufer zog es zur Premiere, darunter Bernd Thomas und Irmgard Eggert, die gemeinsam aus Halberstadt angereist waren. „Die Strecke war sehr abwechslungsreich und entsprach genau meinen Vorstellungen“, erinnert er sich. Zufrieden mit der Organisation und auch mit seiner Zeit, plante er nächste Läufe.

„Ich wollte leistungsorientiert laufen, deshalb setzte ich auf Klasse statt Masse“, sagt er, „so habe ich mich auf rund sechs Marathons pro Jahr festgelegt.“ Doch schien es ihm, die 42,195 km noch toppen zu können. Deshalb probierte er 2003 bei der 1. Harzquerung eine Distanz über 51 km erfolgreich aus. „Von Wernigerode nach Nordhausen zu laufen wäre mir ein paar Jahre zuvor nie in den Kopf gekommen. Ich genoss das Rennen auf größtenteils schmalen Forst- und Wanderwegen durch die herrliche Natur des Harzes mit ständigem Auf und Ab als zusätzliche Herausforderung insgesamt 15 Mal.“

Ein Jahr später folgte die nächste Steigerung. Nachdem Bernd Thomas beim GutsMuths-Rennsteiglauf bereits einmal die Marathonstrecke gelaufen war, sollten es nun bei dem größten und beliebtesten Landschafts-Crosslauf Europas die 73,9 km von Eisenach nach Schmiedefeld sein. Insgesamt war er auf dieser Distanz 16 Mal unterwegs. Neues auszuprobieren reizte ihn auch, als er sich erstmals zum Untertage-Marathon im Brügman-Schacht von Sondershausen anmeldete. „Es war damals der weltweit einzige Marathon 700 Meter unter Tage und galt auch als schwerster Lauf nach dem ‚Death Valley‘ (Tal des Todes/d.Red.) in Kalifornien.“ Insgesamt zehnmal ist er dort gestartet.

Von Lauffreunden hörte er von Biel. Dort hatten die Schweizer bereits 1959 einen 100-km-Lauf aufgelegt, der als die Mutter aller Ultraläufe bezeichnet wird und als Vorbild für alle Abenteuer- und Extremläufe in Europa und darüber hinaus gilt. „Einmal musst du auch nach Biel!“, sagte er sich und erreichte 2006 erstmals und zwei Jahre später erneut erfolgreich das Ziel. Mit seinen Einlaufzeiten 9:36 bzw. 9:27 Stunden war er zufrieden.

Damit war eine ganz neue Herausforderung geboren. Doch warum in die Ferne schweifen, sagte er sich. Gab es doch seit 2007 in Fröttstedt den Thüringen-Ultra, auf den Lauffreundin Irmgard Eggert, die bereits 2008 und 2009 teilgenommen hatte, ihn aufmerksam machte. Dort startete er erstmals 2013. Den anspruchsvollen 100-km-Rundkurs mit über 2150 Höhenmetern, den er inzwischen sieben Mal in Angriff nahm, nennt Bernd Thomas eine echte Härteprüfung.

Er sei aber auch ein besonderes Lauferlebnis wegen der Landschaft, der guten Organisation und der familiären Atmosphäre. Mit der zweimaligen Teilnahme am Ottonen-Lauf über 69 km komplettierte er seine Ultra-Serie. Wie kann man aber solche sportlichen Herausforderungen meistern? „Indem man trainiert. Doch eigentlich bin ich sehr faul. Aber ich weiß, ganz ohne geht es nicht. Doch manchmal muss ein Marathon als Trainingswettkampf für das nächste Rennen herhalten“, plaudert er aus dem Nähkästchen und gibt zu verstehen, dass er mit seinem Trainingspensum immer klar gekommen sei.

Bei einigen großen Läufen ist der Halberstädter Wiederholungstäter. So standen der Internationale Kyffhäuser Berglauf zwölfmal, der Brockenmarathon beim Harzgebirgslauf als schwerster Berglauf Deutschlands 14-mal, schon seit Jahren auf dem sportlichen Jahresplan. Und selbstverständlich der Braunschweig-Marathon, bei dessen 19. Auflage er zum 16. Mal teilnahm und seinen 100. Marathon absolvierte. Zweimal nahm er am Bad Salzufflen-Marathon und je einmal am Berlin-Marathon, am Bad-Harzburg-Berglauf und am Sparkassen-Marathon in Halberstadt teil.

Alle Wettkampf- und auch Trainingskilometer werden seit 1990 akribisch festgehalten. Im Buch sind 8 029 km im Wettkampf und 24 059 km im Training notiert, zusammengerechnet sind das 32088 km. Bei 290 Wettkämpfen ist er insgesamt gestartet. Waren es anfangs kleine Stadtläufe, geht es ihm heute nur noch um Berg- läufe, in denen auch etliche Höhenmeter zu nehmen sind. Dazu zählen auch die 58 Marathons und die 42 Ultraläufe, die ihm letztendlich zum 100. Jubiläumstart führten.

Was er unbedingt noch los werden möchte: In all den Jahren habe er nicht nur viele spannende Rennen absolviert und schöne Gegenden kennen gelernt, sondern ist auch vielen Läuferinnen und Läufern begegnet, mit denen er sich durch den Sport verbunden fühlt und von denen er etliche bei Wettkämpfen immer wieder trifft. Dazu zählten und zählen auch jene Aktiven, die er seine Wegbegleiter nennt. Das war in früheren Zeiten Achim Hohnl. Seit vielen Jahren ist es vor allem Irmgard Eggert aus Halberstadt. Auch Jens Schlottag aus Emersleben sowie Sven Franke und Daniel Knauer aus Ilsenburg sollen nicht ungenannt bleiben.