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Fußball Auf der Alm fand Bartke ihr Glück

Anne Bartke verschlug es früh aus dem Mansfelder Land nach Magdeburg. Als Bundesliga-Fußballerin wurde sie später U-20-Weltmeisterin.

Von Hans-Joachim Malli 13.06.2020, 01:01

Magdeburg l Urlaub hat Anne Bartke kürzlich an der Ostsee gemacht. Ihre sportliche Sternstunde erlebte die mittlerweile 30-Jährige aber auf einer Alm. Genauer gesagt: auf der Bielefelder Alm. Da wurde die frühere Spielerin des Magdeburger FFC nämlich am 1. August 2010 mit dem deutschen Team U-20-Weltmeisterin. Bis dahin war es für die einstige Auswahlspielerin und heutige Mitarbeiterin des Fußballverbandes Sachsen-Anhalt (FSA) ein weiter Weg.

Angefangen hatte die in Wippra (Landkreis Mansfeld-Südharz) geborene Anne Bartke als Turnerin, sollte sogar die Sportschule in Halle besuchen. Dort erturnte sich zu DDR-Zeiten bereits ihr Papa Holger erste sportliche Meriten. „Ich habe vor allem am Bodenturnen und Sprung Spaß gefunden, auch weil ich relativ klein war. Doch später kam zum Turnen auch der Fußball hinzu, nicht zuletzt durch meinen Papa, der beim Mansfelder SV bei den Alten Herren spielte“, erinnert sich Anne Bartke.

Zwei Jahre hat sie beide Sportarten parallel betrieben, dann sollte sie sich entscheiden. „Ich habe mich für Fußball entschieden, spielte da in der C-Jugend mit Jungs in einem Team und musste schon bis an meine Grenzen gehen, denn die Duelle mit den Mädchen wollten die Jungs schon gewinnen“, sagt Anne Bartke, die es mit den Mansfeldern bis in die Verbandsliga schaffte. Gleichzeitig trainierte sie im Stützpunkt Hettstedt bei Ulf Buchmann, ehe sie unter ihrem ersten Mädchentrainer Roland Grabowitsch den Sprung in die Landesauswahl schaffte.

Der damalige Verbandssportlehrer Steffen Rau sprach sie während eines Lehrgangs an der Landessportschule Osterburg an, ob sie sich nicht einen Wechsel an das Sportgymnasium und zum Magdeburger FFC vorstellen könne. Und Anne konnte sich das vorstellen. So kam das blonde Mädchen als 15-Jährige aus dem Mansfeldischen nach Magdeburg. An ihren ersten Tag im Internat mit Zimmergenossin Maria Kurth, heute Reporterin in der Volksstimme-Zentralredaktion, im August 2005 kann sich Anne Bartke noch gut erinnern: „Die Eltern hatten sich verabschiedet. Ich saß allein auf meinem Bett und dachte nur: Okay, jetzt bist du hier und musst das Beste daraus machen.“

Schnell lebten sich die beiden Mädels in ihrer neuen Umgebung ein. Schon ein Jahr später bezogen sie eine Wohngemeinschaft in Cracau, sind bis heute beste Freundinnen. Wiederum ein Jahr später, 2007, schaffte Anne Bartke bereits den Sprung in das Frauen-Regionalligateam des MFFC, verpasste aber im Frühjahr 2008 den angestrebten Aufstieg in die 2. Bundesliga. „Das entscheidende Spiel stieg beim 1. FC Union Berlin an der Alten Försterei. Als wir da im Spielertunnel standen, konnte man schon weiche Knie bekommen. Wir haben dann auch verloren“, so Bartke. Dennoch zählte die Offensivspielerin zu den Gewinnerinnen, denn es gelang der Sprung in die Juniorenauswahl des DFB. Auch das Abitur – Lieblingsfach war Deutsch – hatte sie in der Tasche.

Bei einem Juniorinnen-Länderspiel gegen die Niederlande wurde Anne Bartke zuvor vom Trainer des rheinland-pfälzischen Bundesligisten SC Bad Neuenahr gesichtet. „Dietmar Schacht rief mich an. Ich war gerade 18, wollte mein Abitur machen und war völlig überrascht. Man kann schon sagen: überfordert. Ich habe nur geantwortet, ja gut, ich rufe zurück“, blickt die Stürmerin auf den Wechsel in die 1. Bundesliga zurück. Als sie in Bad Neuenahr ankam, war Schacht schon nicht mehr da. Dennoch absolvierte Anne Bartke für den SC Bad Neuenahr in zwei Jahren 33 Erstligaspiele und erzielte vier Tore.

Bartke: „So weit weg von zu Hause war ich noch nie. Ich bekam einen Amateurvertrag und hatte mehrere Minijobs, arbeitete im Versandlager einer Fußbodenheizungsfirma und in einem Textilkaufhaus. Das war schon eine harte Zeit, ich habe da auch stark abgenommen.“ Sie schaffte aber den Sprung in die deutsche U-20-Auswahl und gehörte zum erweiterten Kader für die Heim-WM 2010.

Der Sommer 2010 war aufregend für das Talent aus Sachsen-Anhalt. Sie wechselte von Bad Neuenahr zum Ligakonkurrenten FF USV Jena, auch weil dort ein Studium Psychologie/Sport möglich war.

Für die WM im Juli stand sie auf Abruf, machte sich aber kaum Einsatzhoffnungen. Doch wie das Leben so spielt: Auf der Fahrt im Möbelwagen nach Jena erreichte sie ein Anruf im Auftrag von DFB-Trainerin Maren Meinert. Da sich die Bad Neuenahrerin (!) Ramona Petzelberger verletzte, rückte Bartke nach und erlebte doch noch die U-20-WM.

„Ich machte zwar nur ein Spiel, wurde in Augsburg gegen Frankreich in der zweiten Halbzeit eingewechselt. Doch war das eine coole Erfahrung. Mit meiner Rolle als Ersatzspielerin konnte ich leben. Das Finale gegen Nigeria auf der ausverkauften Bielefelder Alm war schon ein Gänsehauterlebnis“, so Anne Bartke, zu deren Auswahlkolleginnen seinerzeit unter anderem Almuth Schult, Alexandra Popp, Kim Kulig und Dzenifer Marozsan gehörten.

Nach nur einem Jahr in Jena wechselte sie 2011 zurück zum MFFC, spielte hier noch zwei Jahre 2. Bundesliga und ein Jahr Regionalliga, beendete in Magdeburg auch erfolgreich ihr Studium. Mittlerweile hat Anne Bartke den Trainer-A-Schein und arbeitet seit 2016 als Lehr- und Bildungsreferentin beim FSA. Dem Magdeburger FFC ist Anne Bartke noch immer treu, wirkt als Teammanagerin der U 17 und ist zudem Vizepräsidentin des Vereins.

Dass es derzeit nicht so gut um den Mädchen- und Frauenfußball im Land steht, ist auch der U-20-Weltmeisterin von 2010 bewusst. „Doch ich bin ein positiver Mensch und glaube an die Zukunft“, sagt sie. Nach Corona muss nun aber erst einmal alles wieder langsam anlaufen.

„Beim MFFC haben wir durchaus U-17-Spielerinnen mit Potential, wenn auch aktuell keine Überfliegerinnen“, so Anne Bartke. Mit dem Magdeburger Eigengewächs Melina Krüger rückt aber jetzt ein Talent aus der eigenen U 15 auf, das vielleicht mal in die Fußstapfen einer Anne Bartke treten kann.